Mittwoch, 26. Dezember 2012

Rom - Niedergang einer Weltmacht

Das (west-)römische Reich endete nicht plötzlich am 28. August 476 mit der Absetzung des jungen römischen Kaisers Romulus Augustus durch den Vandalen-König Odoaker. Vielmehr war der Niedergang Roms ein komplexer Prozess, für den mehrere Faktoren ursächlich waren.
Guido Westerwelle verglich unsere heutige Gesellschaft keineswegs der erster mit mit der sprichwörtlich gewordenen ‘spätrömischen Dekadenz’. 

Ebenfalls bis in unsere Zeit erhalten ist der Begriff “Brot und Spiele” – ein Synonym für die Ablenkung der Bevölkerung von politischen Vorgängen durch verschiedenste Spektakel – damals dienten Gladiatorenkämpfe und massenweise Ermordung von Menschen in Arenen, heute wird in den meisten von über 100 TV-Programmen gemordet und die Erteilung von Rüstungsaufträgen während sportlicher Großereignisse erfreut sich einiger Beliebtheit. Doch solche Ereignisse reichen für sich genommen nicht, um ein Imperium vom Zuschnitt Roms zu Fall zu bringen.
Gustav Seibt fasst seine Sicht der Ursachen für den Untergang Roms auf dem Online-Portal der Süddeutschen Zeitung zusammen:



  • Immer Ärger mit der Unterschicht

  • Seibt stellt fest, der Untergang Roms sei größer ist als die Taten und Unterlassungen einzelner – der “erste Kollektivprozess, der sich im Licht der Geschichte des Westens abspielte”. Diesem Prozess werde die Bezeichnung ‘Übergang von der Antike zum Mittelalter’ besser gerecht werde. Sie impliziere ein ganzes Bündel von Ursachen - entgegen der klassischen ‘Barbarenthese’, welche das Ende Roms als Folge eines Zusammenpralls zweier ungleichwertiger Kulturen erscheinen lassen.
    Primärer Auslöser des Zusammenbruchs war die Völkerwanderung: Die Hunnen drangen aus Asien nach Ost- und Mitteleuropa vor. Daraufhin zogen andere Völker nach Westen und Süden und bedrängten wiederum das römische Territorium.
    Bereits seit 395 bestand die Reichsteilung in West- und Ost-Rom mit je einem Kaiser. Ost-Rom war mit seiner stark befestigten und in Kleinasien strategisch entscheidende Hauptstadt Konstantinopel zwar imstande, den Angreifern standzuhalten. Darüberhinaus war eine militärische Unterstützung des Westreiches aber nicht zu bewerkstelligen – und die weströmischen Legionen waren in der spätrömischen Epoche besonders nicht mehr in der Lage, die Grenzen effektiv zu schützen.
    West-Rom hatte den angreifenden Stämmen kaum noch etwas entgegenzusetzen. Der Verlust wichtiger Provinzen wie ‘Africa’ erschwerte die Aushebung immer neuer Truppen; daher mussten mehr und mehr Hilfstruppen aus den Rom angegliederten germanischen Gebieten angeworben werden. Diese ‘unterwanderten’ die Legionen, sahen sich nie als ‘Römer’ und verfolgten zunehmend eigene Interessen – bis mehrere Stämme schließlich eigene Reiche auf dem früheren Gebiet des Imperiums errichteten. Dass sie im 5. Jahrhundert dann die Herrschaft in Italien an sich rissen, erscheint angesichts des von innen her geschwächten Imperiums fast logisch.

    Obwohl im römischen Reich ein Wohlstand in zuvor nie erreichtem Ausmaß herrschte, partizipierten nur wenige davon. Die Verteilungsungerechtigkeit spricht Bände: Nicht einmal 1 Prozent von über 50 Millionen Menschen teilten den Reichtum unter sich auf. Die Elite lebte dank hoher Steuereinnahmen im Überfluss und leistete sich durchaus Exzesse, welche die Verteidigungsbereitschaft Roms unterminierten. Zugleich wurde das politische System durch Korruption geschwächt.
    Die neuere Geschichtsforschung betrachtet allerdings den anhaltenden Druck durch äußere Feinde sowie ökonomische Schwierigkeiten als Hauptursachen des Zusammenbruchs, der durch innere Verfallserscheinungen jedoch begünstigt wurde.
    Die Rolle des Christentums wird heute differenziert betrachtet: Zwar wandten sich viele Männer von hoher Integrität dem Christentum dem Dienst in der Kirche zu; damit gingen so aber dem Staat verloren. Doch andererseits stabilisierte die neue Staatsreligion das Kaisertum, dass sich zuvor mit ständigen religiösen Konflikten konfrontiert sah.
    Dass nicht primär innere Faktoren (die vielbeschworene "spätrömische Dekadenz") für den Untergang des Reiches verantwortlich war, zeigt sich auch daran, dass Ostrom weitere tausend Jahre Bestand hatte.-
    Es ist sicherlich sinnvoll, aus dem Übergang von der Antike zum Mittelalter Lehren für unsere Zeit zu ziehen. Jedoch sind monokausale Betrachtungen nicht hilfreich; werden diese zusätzlich noch auf platteste Thesen wie ‘sexuelle Ausschweifungen machen jeden Staat kaputt’ oder ‘das Christentum hat Rom von innen zerfressen’ reduziert, so geht jeder Geschichtsbezug verloren.--

    Ausführlicher und mit weitaus mehr Details befasst sich die ARTE-Dokumentation ‘Rom - Niedergang einer Weltmacht’ mit diesen Vorgängen:


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