Werner Gitt schreibt über das christliche Gottesbild: “Von diesem dreieinen Gott wird in dreifacher Weise in personaler Differenzierung geredet…“
Wie bitte? Heißt es im allgemeinen nicht, das
Christentum sei eine monotheistische Glaubensauffassung? Darüber wird
unter Christen erstaunlich wenig gestritten, nur ‘von außen’ wird Kritik
geäußert. Muslime etwa verneinen die Göttlichkeit Jesu, bringen ihm
aber als einem wichtigen Gesandten Gottes hohen Respekt entgegen.
Mein
Problem: In meinem Wunsch, die Welt in meine subjektiven Kategorien einzuordnen, habe ich ein schrecklich rationales Entweder-Oder-Schema entwickelt. Deshalb kann ich mit Aussagen wie “Er ist der Eine und zugleich der
Dreieine” so gar nichts anfangen. Entweder ‘eine Identität’ oder ‘wir
sind Legion’, auch wenn der Vergleich ein wenig daneben ist. Einer oder mehrere - oder: wir verzichten eingedenk unseres unvollkommenen Denkapparates vollständig darauf, das Wesen Gottes verstehen und beschreiben zu wollen. Vielleicht wäre diese Form von Demut angebracht?
Christliche Organisationen - die römisch-katholische Kirche ebenso wie evangelikale Freikirchen - wollen aber, dass wir ihnen ein bestimmtes Gottesbild abkaufen (hier nicht im wörtlichen Sinne gemeint, obwohl...). Daher komme ich um diese Fragestellung trotz aller Einsicht unvollkommenen Denkens nicht vorbei.
Christen
müssten sich mit der Aussage, dass ihr Gott ein dreieiniger Gott ist,
auseinandersetzen, schreibt Jörg Sieger in seiner Einführung zum christlichen Glauben,
“…weil
uns andere [...] den Vorwurf machen, dass wir den Glauben an den einen
Gott verraten hätten und letztlich an drei Götter glauben würden: Gott
den Vater, Gott den Sohn und Gott den Heiligen Geist.” (Diese ‘anderen’ sind Angehörige der beiden übrigen abrahamitischen Religionen, d.h. Juden und Muslime.)
Ausgangspunkt
Der Begriff Monotheismus kennzeichnet Religionen, die einen allumfassenden Gott kennen und anerkennen – im Gegensatz zum Polytheismus, der viele Götter kennt und verehrt. Bei Religionen,
die viele Götter kennen, aber einem von diesen den Vorrang (als allein
zu verehrenden Gott) einräumen, spricht man von Monolatrie.
Im Alten Testament (A.T.) gibt es in Bezug auf dieses Bekenntnis überhaupt kein Vertun:
- „Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott.“
(Jesaja 44,6 pt)
- „…und ist sonst
kein Gott außer mir, ein gerechter Gott und Heiland; und keiner ist
außer mir. Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Enden;
denn ich bin Gott, und keiner mehr.” (Jesaja 45,21 pt)
Klar und präzise. Das so in der Bibel niedergelegte Konzept von Gott formuliert einen eindeutigen Anspruch, wie die ‘wirkliche
Beschreibung’ von Gott auszusehen habe. Sie findet sich ebenso bei
Moses als auch bei den Aussprüchen Jesu, soweit diese korrekt
überliefert sind.
Weil das A.T. von nahezu allen Christen bis heute als
verbindlicher Teil ihrer heiligen Schrift erachtet wird, stellt sich die
Frage: Wenn das Gottesbild der Trinität zutrifft, warum hat Gott das schon nicht im Alten Testament klar offenbart?
Mit anderen Worten: warum erschien dieser Glaube nicht bereits vor der Person Jesu, der als Messias sehr wohl erwartet worden war?
Eine unmissverständlich dargelegtes Gottesbild finde ich im ‘offiziellen’ Christentum bzw. im N.T. nicht. Vielmehr annulliert das
Konzept der Trinität eine verständliche, eindeutige Beschreibung von
Gott: Sie ersetzt das bisherige ‘Bild’ durch ein Konstrukt eines Gottes,
welches nun von einem zweiten und einem dritten Element ausgeht. Zwei
dieser drei Elemente sind zudem in hohem Maße anthropomorph
(vermenschlicht): “Vater” und “Sohn“. Statt Gott in seiner seine einzigartigen Natur zu respektieren, wurde ein offensichtlich menschlich geschaffenes und menschen-ähnliches Bild von ihm entworfen.
Nun
bin ich kein Experte, glaube aber, dies steht in krassem Widerspruch zu ursprünglichen Geboten (z.B. dem Dekalog).
Bekanntlich stellt das Christentum seinen Gott als dreifaltigen Gott dar. Diese Trinität bezeichnet in der christlichen Theologie die Wesens-Einheit von Geist, Vater und Sohn (Jesus). Sie sollen als drei aus Gott hervorgehende Personen, nicht aber als drei Götter aufgefasst werden.
Wird hier eine Widersprüchlichkeit erkennbar? Ein Gott würde im monotheistischen Sinne doch zugleich eine göttliche Identität bedeuten…?
Im Gegenzug würde jede der drei Personen Gottes ihre eigene,
individuelle Identität besetzen – das ist doch, was eine Person u.a.
ausmacht, oder?
Freilich ist es
durchaus plausibel, dass dieser eine, allmächtige Gott ohne weiteres in
der Lage sein soll, auf unterschiedlichste Weise in Erscheinung zu
treten. Sind die drei christlichen personae Gottes – Geist, Vater, Sohn –
als solche Erscheinungsformen aufzufassen – etwa so, wie H2O
uns als unsichtbarer Wasserdampf, flüssiges Wasser und festes Eis
begegnen kann? Ganz so einfach kann es nicht sein, denn die drei
Personen Gottes begegnen uns auf durchaus unterschiedliche Weise – und
im Verhältnis zu den Menschen nehmen sie verschiedene Funktionen wahr:
- Der christlichen Lehre zufolge steht Jesus in einer besonderen funktionalen Zuordnung für uns (“W.Gitt – In welcher Beziehung stehen Gott und Jesus zueinander?”)
– denn nur durch ihn sei ein Zugang zu Gott (Vater) möglich. Laut
eigener Aussage nimmt Jesus Anordnungen bzw. Aufträge vom Vater entgegen
[vgl. Joh 14, 31]; zwischen beiden besteht offenbar eine Art Herrschaftsverhältnis.
- Im
Johannesevangelium [Joh 12,49-50] stellt Jesus klar, dass er nicht ‘in
eigener Sache’ bzw. in seinem eigenen Namen predigt, sondern dass seine
Botschaft von Gott sei:
“Denn
ich habe nicht aus mir selbst geredet, sondern der Vater, der mich
gesandt hat, er hat mir ein Gebot gegeben, was ich sagen und was ich
reden soll;
und ich weiß, dass sein Gebot ewiges Leben ist. Was ich nun rede, rede ich so, wie mir der Vater gesagt hat.“
- Johannes zitiert Jesus mit den Worten: “…der Vater ist größer als ich” [Joh 14,28] und “…Ich kann nichts von mir selbst tun”. [Joh 5, 30]
- Siehe auch Mk 10,18/Mt 19,17 und Mk 10,17-18.
- In der von Lukas verfassten Apostelgeschichte legt Petrus dar: “Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, der Gott unserer Väter hat seinen Knecht Jesus verherrlicht,…” [vgl. APG 3,13]. Die Sichtweise der APG ist, dass Gott etliche Wunder durch Jesus tat, um diesen als seinen die Gesandten zu bestätigen [vgl. APG 2,22].
In der gesamten Bibel finde ich nicht eine einzige Stelle, wo Jesus explizit mit den Worten „Ich bin Gott“ oder „Betet mich an“
zitiert wird. Insoweit sehe ich nicht, wie/wodurch die Evangelisten die
Göttlichkeit Jesu herausstellen. Zwar ist des öfteren von ihm als einem
‘Sohn Gottes’ die Rede; von den Historikern wissen wir aber, dass diese
Bezeichnung seinerzeit häufig verwendet wurde – ohne eine Vergöttlichung
zu implizieren. Der Sohn ist nicht mit dem Vater identisch, den er selbst anbetet.
Paulus
ist Jesus nie persönlich begegnet und kann mit dessen Lehren auch nicht
wirklich sehr viel anfangen. Statt dessen entwirft er ein eigenes Bild
(s)eines präexistenten Christus, der zwar über der gesamten Schöpfung
stehe, dessen Oberhaupt aber Gott sei [vgl. 1Kor 11,3].
Sicherlich lassen sich auch Aussagen des Alten und Neuen Testaments im Sinne der gegenteiligen Argumentation
zusammenstellen, d.h. zugunsten der Göttlichkeit Jesu.
Christen sehen sich bis heute mit der Frage konfrontiert, wer dieser Jesus nun
ist, und in welchem Verhältnis er zu Gott steht, den er selbst Vater ("Abba") nennt:
“Im Neuen Testament liest man schließlich ganz unterschiedliche Aussagen. Einmal heißt es da, dass der Sohn und der Vater eins sind (vgl. Joh 10,301). Im Johannesevangelium finden wir aber genauso die Formulierung, dass der Vater größer ist als der Sohn (vgl. Joh 14,282).” (J. Sieger)
Wie entstand das Trinitäts-Dogma?
Aus den Aussagen in
den Evangelien entwickelte sich ein Spannungszustand unterschiedlicher
Interpretationen innerhalb der christlichen Theologie:
Der Arianismus, benannt nach seinem ihrer frühen Vertreter Arius, weicht in seiner Haltung von der Dreifaltigkeitslehre ab:
- Der Vater allein ist Gott.
- Gott hat die Welt
nicht direkt erschaffen, sondern durch einen Mittler, den Logos (= das
Wort), der selbst geschaffen wurde, um die Welt zu schaffen.
- Dieser Logos wird als Sohn Gottes bezeichnet und ist präexistent – ein Wesen zwischen Gott und der Welt, das perfekte Abbild des Vaters.
In einem metaphorischen
Sinn kann er als Gott bezeichnet werden. Dennoch ist er ein Geschöpf,
geschaffen der ‘Erstling’ Gottes. Damit ist er nicht aus dem gleichen
Wesen wie der Vater – sondern durch den Willen des Vaters. Er ist daher
nicht ewig, denn “es gab eine Zeit, als es ihn nicht gab”. Ebenso sind
seine Macht, seine Weisheit und sein Wissen letztlich begrenzt.
Diese Lehre des Arius rief eine heftige Auseinandersetzung in der noch jungen Kirche hervor, “der die Kirche nicht nur zu zerreißen drohte, sondern auch tatsächlich zerrissen hat”
(Sieger). Die folgende Auseinandersetzung, ihr Verlauf und ihr
pragmatisch-machtpolitisch motiviertes Ergebnis sind ein Thema für sich, auf das ich an anderer Stelle ausführlicher eingehen werde.
Auf dem Konzil v.
Nizäa wurde 325 n.Chr. der theologische Dissens zwar nicht gelöst, aber
es wurden ‘Fakten’ geschaffen: Arius wurde verurteilt und seine Anhänger
– die Arianer – verließen dementsprechend die Kirche. Seitdem wird
der Arianismus von den großen christlichen Kirchen als Häresie
angesehen.
Nun wurde festgelegt,
dass der Sohn eben nicht unter dem Vater stehe, sondern dass beide ‘von
einem Wesen’ oder ‘wesenseins’ seien. Mit dieser dogmatischen
Festlegung wurde sowohl auf die Einheit als auch auf die
Einheitlichkeit des kirchlichen Glaubens in einer sehr bedeutsamen Frage
hingewirkt. Die Notwendigkeit einer Einigung, selbst wenn sie erzwungen werden musste, zeige sich daran, dass nicht weniger als achtzehn
verschiedene arianische Glaubensbekenntnisse verfasst wurden, die
einander teilweise widersprechen. Die spätere Verfolgung und Ermordung
der Arianer ist und bleibt freilich inakzeptabel.
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Ikone: Erstes Konzil von Nicäa. Kaiser Konstantin entrollt den Text der ersten Hälfte des Nicänischen Glaubensbekenntnis (Quelle: Wikimedia) |
Inhaltlich habe im Grunde aber niemand so recht gewusst, was mit diese Wesensgleichheit (Homousie, von altgriechisch homo ousios) im Bekenntnis von Nicäa denn nun genau bedeuten sollte, erklärt Dr. Sieger:
“Nizäa
ist ein Lehrstück dafür, wie viel- und nichtssagend theologische
Formeln in gleicher Weise sein können. Mit dem Begriff allein war
eigentlich gar nichts gewonnen. Was sollte man darunter verstehen?“
Diese Unklarheit war
ursächlich dafür, dass sich die Auseinandersetzungen über das Verhältnis
von Vater und Sohn nach Nicäa fortsetzten. Etliche Theologen blieben
dabei, dass der Sohn nicht auf der gleichen Ebene wie der Vaters stehe.
Das Bekenntnis von
Nicäa, dass Vater und Sohn von gleichem Wesen seien und dass der Sohn
demnach wirklich Gott sei, wurde nur von geringen Anzahl von Theologen
ohne Einschränkung vertreten, die sich untereinander auch uneinig waren.
Es brauchte mehrere
Jahrzehnte, bis eine theologisch Aufarbeitung gelang. Noch komplexer
wurde die Diskussion durch die Frage nach dem Wesen der dritten
Person – des Geistes, den Jesus nach biblischer Überlieferung den
Menschen gesandt hatte: In welchem Verhältnis steht der Geist Gottes zum
Vater und zum Sohn?
[Spätestens hier steigt mein Verstand aus: Worin soll der Unterschied bestehen zwischen "Gott" und dem "Geist Gottes" (sofern es sich bei diesem Geist nicht bloß um einen Abgesandten Gottes handelt ...was aber dem Prinzip der Wesenseinheit widerspräche)??? Und wozu soll es gut sein, Gott dem Verständnis nach zu 'zerlegen'?]
Gregor von Nazianz
verdeutlicht diesen Zusammenhang durch ein sprachliches Bild: Er
beschreibt eine Quelle, die aus der Erde hervorbricht und deren Wasser
sich dann zu einem kleinen Bach sammelt. Dieser Bach wächst von
Kilometer zu Kilometer, er wird größer und mächtiger und letztlich zu
einem richtigen Fluss.
Vielleicht sei es ganz ähnlich, wenn Christen von dem Vater, dem Sohn und dem Geist sprechen:
“Wir sagen: “Das ist das Wirken des Geistes.” Oder: “Hier ist der Vater
am Werk.” Aber wenn wir genau hinschauen, dann geht es uns wie bei
diesen drei Gewässern. Obwohl wir eine Quelle, einen Bach oder einen
Fluss sehen, ist das Wasser immer das gleiche. Obwohl es drei
verschiedene Gewässer sind, ist es trotzdem ein und dasselbe Wasser, das
sie alle durchfließt.
Vielleicht
ist es bei unserem Gott ganz ähnlich: Wir glauben, in ihm drei Personen
unterscheiden zu können. Alle drei aber durchweht ein und dasselbe
göttliche Wesen. Er ist ein Gott in drei Personen.” (vgl. Sieger)
Solche Überlegungen führten zu der Formulierung, dass Gott in diesen drei Personen existiert, aber dass dies lediglich drei Personen des einen göttlichen Wesens sind.
Auf dem Konzil von
Konstantinopel (381 n. Chr.) wurde diese Aussage für die ganze Kirche
verbindlich festgelegt. Es entstand das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis3) welches bis heute in der Form des Credos
Verwendung in der Liturgie findet. Dieses Bekenntnis verbindet alle
großen christlichen Konfessionen und wird oft als wichtigstes
außerbiblisches Zeugnis der altkirchlichen Theologie eingeordnet.
Ein von Menschen entworfenes Gottesbild
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Erstes Konzil von Konstantinopel, Homilien des Gregor von Nazianz, (Quelle: Wikimedia) |
Der Vergleich Gregors
und die o.a. Formel veranschaulichen zwar denkbare Erscheinungsformen des einen Gottes, doch beide überzeugen mich letztlich nicht. Offensichtlich fügt
sich Jesus dem Willen Gottes und er spricht auch davon, dass der Wille
des Vaters nicht notwendigerweise identisch mit seinem eigenen Willen
sei (auch wenn er diesen ausdrücklich zurückstellt):
“…Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir weg – doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe!” [Lk 22,42]
Keinesfalls maße ich mir an, des Wesen Gottes verstehen. Doch wenn diese Worte
Jesu als authentisch erachtet werden, so implizieren sie eindeutig zwei Wesenheiten, die beide ‘ihren eigenen Willen haben’. Und eine der beiden Wesenheiten ordnet sich der anderen Wesenheit klar unter.
Von Menschen
getroffene Festlegungen zum Wesen Gottes können nicht aus eigenem Wissen/Willen erfolgen – es muss ein Bezug zu
Überlieferungen und Quellen hergestellt werden können. Diese aber lassen m.E.
die arianische Auffassung als zutreffender erscheinen – welche sich
mittelbar auch in den Lehren und Auffassungen der Gnostiker
wiederfindet: Jesus, Gottes
erstes und höchstes Geschöpf, wurde von ihm zu den Menschen gesandt, um ihnen
einen Weg der Erlösung zu offenbaren.
Es ist nicht ganz
aufrichtig, wenn christliche Theologen heute den Eindruck zu erwecken
suchen, die Göttlichkeit Jesu habe von Anfang an unwiderlegbar
festgestanden.
Nein, es handelt sich hierbei (wie bei vielen kirchlichen Dogmen) um eine keineswegs einstimmige Mehrheitsentscheidung von ‘natürlichen Personen’,
die Jahrhunderte später als die Apostel und Jünger Jesu lebten. Nicht
übersehen werden darf auch, dass zumindest das Konzil von Nicäa (325)
seine Beschlüsse unter erheblichem politischen Druck fasste. Bekanntlich wollte Kaiser Konstantin ‘Ruhe an der religiösen Front’, nicht zuletzt aus Erwägungen der Staatsräson.
Dr.Sieger spricht in
diesem Kontext von dem Versuch, mit den unzulänglichen Methoden des
menschlichen Verstandes das unsagbare Geheimnis Gottes ins Wort zu
bringen. In schier endlosen Diskussionen stritten die Theologen über 50 Jahre
um die Wahrheit – doch kommt deren Resultat dieser Kontroverse
tatsächlich der so gerne beanspruchten ‘einzigen’ Wahrheit nahe?
- Bei Johann Greber,
einem Vertreter des christlichen Spiritualismus, wird die eines
Dreifaltigkeitslehre treffend charakterisiert, meine ich:
“Ihr
lehrt einen Gott in drei Personen. Ihr behauptet also, daß es drei
Geister gibt, von denen jeder wahrer Gott sei und die zusammen doch nur
einen Gott ausmachten. Das ist menschlicher Wahn und die größte Torheit.
Es gibt keine Dreifaltigkeit und keine Dreieinigkeit in dem Sinne, wie
ihr es lehrt.
Gott ist nur eine
einzige Persönlichkeit. Nur der Vater ist Gott. Alle anderen heiligen
Geister sind Geschöpfe Gottes. Keiner von ihnen ist dem Vater gleich.”
- Prof. Dr. Karl-Heinz Ohlig setzt sich kritisch mit dem normativen Charakter der Trinitätslehre auseinander (→ “Ein Gott in drei Personen?“ auf roland-sinsel.de). Er stellt fest, dass “die Trinitätslehre, wie sie sowohl im Osten wie – erst recht – im Westen am Ende “Dogma” wurde, keinerlei biblische Grundlage besitzt”. Folglich sei die Legitimität eines solchen Konstrukts zu hinterfragen:
“Wenn
es feststeht – und daran scheint kein Weg vorbeizuführen -, dass Jesus
selbst nur vom Gott Israels, den er Vater nannte, und nichts von seiner
eigenen späteren “Vergottung” wusste, mit welchem Recht kann dann eine
Trinitätslehre normativ sein?
Muss man sie nicht vielmehr als einen Inkulturationsvorgang, der nur
innerhalb der damaligen Kontexte unausweichlich und wohl auch legitim
war – weil anders das Christentum nicht lebbar war -, verstehen, also
als eine kontingente, kontextuelle Komplizierung der jesuanischen
Gottesvorstellung?“
Natürlich steht es
jedem Theologen frei, seine Glaubensauffassung und -tradition für wahr
zu halten, sie zu lehren und Gläubigen anzuempfehlen – selbst wenn ihr
Zustandekommen unter dem Druck machtpolitischer Erwägungen stand.
Problematisch wird es erst, wenn Vertreter gegenteiliger Auffassungen bis heute (!) verflucht und exkommuniziert werden:
“Diejenigen
aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er [Jesus] nicht war“ und „er
war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden
geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, … die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema ”
["Zusatz im Bekenntnis von Nicäa ]
Was ist das Wesentliche?
Für Autoren eines
klar umrissenen religiösen Bekenntnisses steht fast immer fest, dass sie
allein den ‘wahren Glauben’ leben und predigen; das liegt wohl in der
Natur des menschlichen ‘Entweder-Oder-Denkens’.
Persönlich meine ich, man sollte dies nicht zu weit treiben: Ob man die
Dreifaltigkeit Gottes und damit die Göttlichkeit Jesu zu glauben vermag
oder nicht, hindert nicht am Wesentlichen – dem Glauben an einen einzigen Gott und dem Festhalten an der Lehre Jesu.
Alles übrige hat für mich den Charakter von ‘Beiwerk‘ – die paulinischen Briefe, die Schriften von ‘Kirchenvätern’ und erst recht kirchliche Dogmen späterer Jahrhunderte enthalten von Menschen erdachte, d.h. zu prüfende Aussagen.
Bei all diesen umfangreichen Werken sollte man sich eine eine weitere Frage stellen: cui bono – wem nützt es?
Der
katholische Klerus bangte seit der Konstantinischen Wende um seine Macht
und Autorität – wie kann man sich leichter unentbehrlich machen als
durch Schaffung einer hochkomplexen, dem 'gesunden Menschenverstand' zuwider laufenden Theologie –
welcher sich der gläubige Laie nur mit Hilfe der klerikalen Experten
nähern kann...?
Die Führung der römischen Kirche sollte beizeiten darüber nachdenken, wie lange sie noch eigentlich aufgeschlossene 'Suchende' und Gläubige mit Verfluchungen und autoritären Drohgebärden vor den Kopf stoßen will. Ich für meinen Teil tue mir dies jedenfalls schon lange nicht mehr an...
Siehe auch
Anmerkungen
- “Ich und der Vater sind eins” [Joh 10,30]
- “Ihr
habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin, und ich komme zu
euch. Wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum
Vater gehe, denn der Vater ist größer als ich.” [Joh 14,28, ELB]