Samstag, 23. Juni 2012

Das Leben von Adam und Eva

Früher war es hier so schön ruhig“, schreibt der Mensch ins Tagebuch. Zu einer Zeit, als es noch keine Eva gab. Doch seitdem jenes neue Geschöpf um ihn herum ist, stimmt im Paradies nichts mehr.
"Montag. Dieses neue Geschöpf mit langen Haaren ist ganz schön lästig. Ständig treibt es sich hier herum und folgt mir überall hin nach. Das behagt mir gar nicht, Gesellschaft bin ich nicht gewohnt…
Überall ist sie ihm im Wege: „Immer wartet es auf mich oder läuft mir nach. Das habe ich nicht sehr gern. Ich wollte, es bliebe mehr bei den anderen Tieren.

… Es ist bewölkt heute, der Wind bläst von Ost. Wir werden Regen bekommen. Wir? Wo habe ich dieses Wort her? Jetzt fällt es mir ein – das neue Geschöpf hat es gebraucht."
Als er Eva aus dem Unterschlupf, den er gegen den Regen gebaut hat, hinausdrängen will, bekommt sie „ein feuchtes Gesicht“ - die ersten Tränen der Menschheit – und „machte ein Geräusch wie manche von den andern Tieren, wenn sie in Not sind“.
Das "neue Geschöpf" hieß einstmals Chawwa (‘Leben’), und derjenige, erstmals überhaupt seine Frustrationen1) einem Tagebuch anvertraut, ist Adam (‘Mensch’) - der erste Mensch. Mark Twain hat Adam die Worte in den Mund gelegt und sie als Kurzgeschichtensammlung "Tagebücher von Adam und Eva" (s. Auszug) veröffentlicht.
“Leben zwischen Wesen, die einander ähnlich sind, entwickelt sich aus Gegensätzen. Deren Entstehung sieht man besser, wenn man den ganzen Kram der Zivilisation mal beiseite räumt und sich nur auf schon vorhandene Tiere und auf die zwei Wesen jener obskuren Gattung beschränkt, die das Paradies erlebt haben. …Hier in diesem vergnüglichen Tagebuch ist es Eva, die alles Neue ankurbelt, schon allein durch ihre Anwesenheit.
Sie sagt zuerst das Wort „wir“, überhaupt redet sie unaufhörlich und ist „vor allem damit beschäftigt, die Dinge beim Namen zu nennen“. Durch sie findet die Welt ihre vielen Bezeichnungen, und damit rückt alles näher an Adam heran. Der hatte es mit ein bißchen Entfernung zu den meisten Dingen ganz gern. (Rezension v. H. Hirsch)
Nun ja, man gewöhnt sich aneinander, auch wenn dies Zeit braucht. Beide erkennen, was sie aneinander haben und das Liebe nicht auf positiven Persönlichkeitsmerkmalen oder Fähigkeiten gründet. Viele Jahre später stirbt Eva (lt. diesem Tagebuch) vor Adam, der auf ihrem Grabstein die Inschrift anbringt:
"WO IMMER SIE WAR, DA WAR EDEN"

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