Sonntag, 19. Januar 2014

Evakuierung der Menschheit

Fiktionale Doku auf National Geographic TV

Das Szenario ist erschreckend: Der Erde steht die Zerstörung durch einen auf Kollisionskurs befindlichen Neutronenstern unausweichlich bevor. Bis dahin bleiben noch knapp 80 Jahre Zeit. Gelingt es, alle Kräfte und Ressourcen zu vereinen, um das Überleben (eines verschwindend geringen Teils) der Menschheit zu sichern? Der Film erläutert, welche Technologien eingesetzt werden könnten, um ein riesiges Generationen-Raumschiff ("Die Arche") zu bauen ...welches wenigen Auserwählten einen Neubeginn einem fremden Planeten einen Neuanfang ermöglichen könnte.


Dem Betrachter wird - sofern er sich nicht zur genetischen oder wissenschaftlichen Elite, sondern zur Mehrheit der durchschnittlichen Individuen zählen muss - vor allem eines bewusst: 

"Weder eine einzige Person aus meiner Familie, meinem Lebensumfeld noch ich selbst gehören zu den wenigen Auserwählten, denen die Flucht von der Erde ermöglicht werden soll..." 
Nicht die Menschheit als große Schicksalsgemeinschaft unternimmt den verzweifelten Versuch, der Erde zu entkommen - sondern sie wird (in diesem Film) ungefragt dazu instrumentalisiert bzw. gezwngen, einer genetisch geeignet erscheinenden Elite zur Flucht zu verhelfen. 
"Die Teilnehmer müssten gewissermaßen biologisch perfekt sein ...man würde Menschen auswählen, die in ihrem Leben selten krank oder verletzt waren..." - wie nützlich, dass auf diesem Wege der gesamte menschliche Ausschuss ("chronisch Kranke, Schizophrene oder auch Diabetiker würde man nicht an Bord haben wollen") weg-selektiert wird. Dergleichen weckt bei mir düstere Assoziationen an Eugenik, wie sie keineswegs allein vom NS-Regime betrieben wurde.
Im Film wird klargestellt: Die Mächtigen werden bestimmen, wer mitkommt. Sie verfügen über die finanziellen Mittel und das Wissen! Eine treffende Projektbezeichnung wäre vermutlich: 'Rescuing the Rich'.

Es stellt sich die Frage, ob allein aus der Ungerechtigkeit der 'positiven Selektion' innerhalb des beschriebenen Projektablaufs nicht gewalttätige Auseinandersetzungen, Kriege und Terrorakte resultieren würden. Im Film wird das Evakuierungsvorhaben auch aus diesem Grund geheim gehalten ...ganz ähnlich wie im Doomsday-Drama "2012".

Weiterhin frage ich mich, weshalb viel Geld und Aufwand in eine Dokumentation über ausgerechnet dieses Szenario gesteckt werden, welches - verglichen mit real nachweisbaren existenziellen Risiken für das Fortbestehen der Menschheit - eher eine geringe Eintritts-wahrscheinlichkeit besitzt. Was ist die Intention hinter einem solchen Film?
  • Wird dadurch nicht ein gefährlicher Fatalismus gefördert - anstatt auf die Mobilisierung möglichst vieler Menschen bezüglich realer Herausforderungen hinzuwirken?
  • Wird nicht das Existenzrecht der ohnehin Benachteiligten indirekt infrage gestellt - spätestens dann, wenn 'es eng wird'?


Dass wir uns in absehbarer Zeit in den Weltraum aufmachen müssen, ist kaum mehr zu bestreiten. Diese Notwendigkeit besteht auch ohne einen verrückt spielenden Neutronenstern. Deshalb wünschten ich, National Geographic et al. würden sich intensiver mit realitätsnahen Projekten zur Kolonialisierung des Weltraums auseinandersetzten (an der ein großer Teil der dann lebenden Menschen partizipieren könnte) - ohne andeutungsweise eine Aufteilung in lebenswertes und unwertes Leben zu thematisieren.



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