Montag, 30. April 2012

Cyberdeath und virtuelle Friedhöfe?

Des Menschen Bequemlichkeit kennt keine Grenzen…obwohl ich mir dessen (aus eigener Anschauung) bewusst bin, hat es mich heute doch sehr überrascht, als ich die Existenz von Friedhöfen im Internet erstmals zur Kenntnis genommen habe. "Die moderne Technik hat auch dem Totengedenken eine neue Dimension gegeben", kommentierte Heise online bereits im Jahr 2000: schon Mitte der neunziger Jahre seien die ersten virtuellen Friedhöfe im Internet eingerichtet wurden. (Vgl. "Hintergrund: Immer mehr Friedhöfe im Internet", heise.de)
Darunter ist weder ein makabrer Gag noch eine Comicvariante mit nekrophilen Einschlägen zu verstehen, sondern ein ernstgemeintes Internetangebot. Die Anbieter von Webfriedhofseiten werben mit mehr oder weniger klaren Vorteilen:
Durch Anlegen eines virtuellen Grabes auf einem der erstaunlich zahlreichen Cyberfriedhöfe verschafft man sich ‘im Handumdrehen’ eine individuelle, öffentlich zugängliche Stätte zwecks Gedenken an einen lieben Verstorbenen. Noch dazu ohne Kosten (meistens, aber es gibt auch kostenpflichtige Angebote - mit unterschiedlichen Preisklassen, je nach Ausstattung?)
Der ebenso virtuelle Besuch von Friedhof, Grab und Verstorbenem sei ist bequem und jederzeit von zu Hause vor dem Computer sitzend möglich. Auf diesem Wege lässt sich kondolieren und Kondolenzen entgegen nehmen.  

Verglichen mit einem realen Grab bestehen individuelle bis ausgefallene Gestaltungsmöglichkeiten: Persönliches von Verstorbenen wie z.B. Briefe, Gedichte oder Fotos Bilder, Photos, etc.) solle dem ‘letzten Internetauftritt’ eine persönliche Note verleihen. Denn schließlich erscheine auf einem gewöhnlichen Grab “nur der Name, das Todes- und das Geburtsdatum”.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Todesanzeigen seien diese Friedhöfe zeitlich unbegrenzt präsent und  weltweit erreichbar. Von der "Möglichkeit der öffentlichen Trauerarbeit" ist auch die Rede.
Zudem verschaffen die Memorials auch Zuspruch - teilweise in einem Umfang, der im persönlichen Umfeld kaum erreichbar ist.

Zwar möchte ich mich nicht auf Kosten der Nutzer solcher Seiten lustig machen, doch sehe ich mehrere kritische Aspekte von Cyberfriedhöfen:
  • Ist eine kostenlose Internetseite (auch bei ‘ansprechender’ Gestaltung) inzwischen ausreichend, um ein Trauer- und Erinnerungsbedürfnis zu befriedigen? 
  • Trauerbewältigung hat für mich auch mit Kommunikation zu tun. Zugegeben, manch ein trauernder Mensch "braucht einen Ort, den er aufsuchen und unter Umständen an dem er beten und mit dem Verstorbenen sprechen kann". Kann dieses Bedürfniis mit ein paar Mausklicks gehandhabt werden?
    Zeigt das Vorhandensein virtueller Grabanlagen nicht eher, wie sehr die Lebens- und Verarbeitungsweise mancher Personen verflacht?
  • Eignet das Thema Tod – gerade bei persönlichem Betroffensein für den öffentlichen Charakter des Webs? Bietet Facebook demnächst eine Cyberdeath-Sparte an1)?
    Die individuellen Vorlieben sind hier sehr verschieden, denn eine wachsende Anzahl Menschen gibt bereits ihre Trauer (oder Anteilnahme) derart öffentlich preis.
  • Was ist, wenn der Betreiber der Webseite Insolvenz anmeldet oder den Betrieb aus irgendwelchen Gründen einstellt? (Bei kostenlosen Angeboten wird sich dies jedenfalls nicht verhindern lassen)
  • Zu hoffen steht, dass der Verstorbene in jedem Einzelfall mit dieser öffentlichen und, wie ich meine, profanen Präsentation seines Ablebens einverstanden war!
  • Besteht nicht eine erhebliche Missbrauchsgefahr durch fiktive Todesanzeigen und durch verletzende Eintragungen in den Gästebüchern? Auf einigen dieser Grabanlagen erscheinen die vollständigen Namen verstorbener Personen – gleich neben dem Button für ‘Gedenkstätte weiterempfehlen’…

    Kommerzialisierung macht auch vor dem Cybertod nicht halt – jedenfalls existieren dort Werbeeinblendungen für Steinmetze usw.
Mein Problem mit diesen Offerten liegt woanders: Erstens mag ich keine echten Friedhöfe und vermeide Besuche dort, wann immer es möglich ist. Um einer verstorbenen Person zu gedenken oder so etwas wie stumme Zwiesprache mit ihr zu halten, benötige ich weder einen physischen noch einen virtuellen Platz/Ort ...dem für mein Empfinden so gar nichts Angenehmes anhaftet.
Solch ein virtueller Friedhof macht es mir nicht möglich, dem Anliegen seiner Nutzer (der Trauernden) eine sonderlich hohe Bedeutung beizumessen. Für mein Empfinden schwingt da zu viel Selbstdarstellung mit.
Nun ja, dass Menschen sich im Internet auch mit dem Tod beschäftigen, ist verständlich. Trotzdem, ähnlich wie früher meine (konventionell bestattete) Großmutter fange ich an mich zu fragen:

“Wo soll das noch hinführen?” - wenn man schon

  • 'per Telefon mit dem Verstorbenen im Grab reden' kann: bereits seit 2005 kann man für 1500€ ein Spezial-Handy für den Einsatz in Gräbern kaufen kann – mit extrem langlebigen Batterien und einem kleinen Lautsprecher. Die automatische Rufannahme muss aktiviert sein - Rangehen wäre ja schwierig.
    ”…oft ist ein persönlicher Besuch am Grab wegen Zeitmangel nicht möglich.”
  • seine Restlebenszeit ausrechnen lassen kann (klingt nach Verfallsdatum…und Raucher bekommen einen Vorwegabzug und Korpulente werden geradezu beschimpft…),
  • Hasso, Fipsi und Tweety im virtuellen Tierhimmel verewigen kann – mit Grabstein und In-stillem-Gedenken-angezündete-Kerzen-Statistik. (Slogan: "Tot ist nur, wer vergessen ist") 
Und wenn ich die ‘Halle des Lichts’ besuche, reagiere ich betroffen: Dort kann man für jemanden oder aus einem bestimmten Anlass “eine Kerze anzünden” – virtuell, versteht sich. Wer anschließend den Mauszeiger auf eine Kerze bewegt, liest den hinterlegten Text oder das Bild (ein Foto?). Alles beinahe wie in echt: Die Kerzen brennen langsam ab und werden automatisch entfernt, wenn sie ganz abgebrannt sind.
Einige Nutzer scheinen den Service als Tierfriedhof aufzufassen, während andere sehr ernste Gedanken hinterlassen haben.

Dagegen hätte eine posthum aktivierte Abschiedshomepage (vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten vorbereitet und für Jahre vorausbezahlt) einen gewissen Charme – www.licht_am_ende_des_tunnels.de oder etwas in der Art. Könnte eine Geschäftsidee sein, allerdings wiederum mit Mißbrauchspotenzial. Manch einer würde wohl der Versuchung ‘erliegen’, seinen Zeitgenossen endlich einmal zu eröffnen, was er sich früher nie zu sagen traute…
Bis jetzt kann man mit ‘Slightly Morbid’ nur seine früheren WoW-Kumpels benachrichtigen und Bin-dann-mal-weg-Emails versenden lassen. (vgl. ‘Online-Leben nach dem Tod’)


Ein Bedürfnis nach dergleichen Angeboten besteht demnach, auch wenn diese Erscheinungsform bei mir Unverständnis auslöst. Vielleicht besitzen virtuelle Friedhöfe und vergleichbare Dienste ja einen ergänzenden Wert, zusätzlich zu seinem realen Gegenstück?
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Anmerkungen:


  1. Ich hatte ja keine Ahnung, wie nahe meine leichthin geäußerte Vermutung bei der Realität liegt. Mehrere Social Networks arbeiten derzeit an Verfahren, wie sie mit verstorbenen Mitgliedern umgehen. So bietet Facebook mittlerweile die Möglichkeit, Nutzerprofile in Gedächtnisseiten umwandeln zu lassen

Sonntag, 29. April 2012

Physik des Lebens - Hans-Peter Dürr

"Die Natur ist im Grunde nur Verbundenheit;
das Materielle stellt sich erst hinterher heraus."

Vortrag des Quantenphysikers und 'Enkel Heisenbergs' über die neue ganzheitliche Physik, den "Geist" in der Materie und die Grenzen des Denkens

Hans-P. Dürr (geb. 1929) war von 1958 bis 1976 Mitarbeiter von Werner Heisenberg, den er in seinem Projekt zur Entwicklung einer vereinheitlichten Feldtheorie der Elementarteilchen unterstützte.

Eine Einheitliche Feldtheorie soll alle Materie und Kraftfelder des Universums in einer Formel, dem „vereinheitlichten Feld“ oder „einheitlichen Feld“, zusammenfassen. Die manchmal verwendete Bezeichnung “Weltformel” weist auf das Ziel hin, alle Wechselwirkungen sowie die Eigenschaften (Spin, Masse, Ladung) aller Elementarteilchen zu erklären.

Der spätere Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik habilitierte an der Universität München als Forscher in den Schwerpunkten Kernphysik, Elementarteilchenphysik und Gravitation. Nach seiner Emeritierung widmete er sich zunehmend auch erkenntnistheoretischen und gesellschaftspolitischen Fragestellungen. Im Zuge seiner Erkenntnis unserer Verantwortung für einen ressourcenschonenden Umgang mit unserer Umwelt gründete er das Global Challenges Network (GCN e.V.) –diese Organisation knüpft ein Netz aus Projekten und Gruppen, die konstruktiv und gemeinsam „an der Bewältigung der Probleme arbeiten, die uns und damit unsere natürliche Umwelt bedrohen“.

Siehe auch:

Zur Einstimmung einige Gedanken Dürrs aus dem o.a. Interview über den Quantengeist, die auch im nachfolgenden Vortragsvideo zur Sprache kommen:
  • "Im Grunde gibt es Materie gar nicht. Jedenfalls nicht im geläufigen Sinne. Es gibt nur ein Beziehungsgefüge, ständigen Wandel, Lebendigkeit. Wir tun uns schwer, uns dies vorzustellen. Primär existiert nur Zusammenhang, das Verbindende ohne materielle Grundlage. Wir könnten es auch Geist nennen."
  • "Wenn wir über die Quantenphysik sprechen, sollten wir eine Verb-Sprache verwenden. In der subatomaren Quantenwelt gibt es keine Gegenstände, keine Materie, keine Substantive, also Dinge, die wir anfassen und begreifen können. Es gibt nur Bewegungen, Prozesse, Verbindungen, Informationen. Auch diese genannten Substantive müssten wir übersetzen in: Es bewegt sich, es läuft ab, es hängt miteinander zusammen, es weiß voneinander."
  • "Mein Gehirn soll mir im Wesentlichen helfen, den Apfel vom Baum zu pflücken, den ich für meine Ernährung brauche. Unsere Umgangssprache ist eine Apfelpflücksprache. Sie hat sich herausgebildet, weil sie enorm lebensdienlich ist. Bevor ich eine Handlung ausführe, spiele ich diese erst einmal in Gedanken durch, um zu erfahren, ob sie zum gewünschten Ziel führt – ja oder nein? ...Aber diese zweiwertige Logik (Ja-oder-Nein) ist eben nicht die Logik der Natur. Die Quantenphysik beschreibt die Natur viel besser, denn in der Quantenwelt herrscht die mehrwertige Logik, also nicht nur Ja und Nein, sondern auch Sowohl/Als-auch, ein Dazwischen. Eben das Nicht-Greifbare, das Unentschiedene. Daran müssen wir uns gewöhnen.
  • "Solange Sie es sich vorstellen können, liegen Sie falsch. Nehmen wir ein Elektron. Also ein physisches Teilchen, von dem ich weiß, dass es das eigentlich gar nicht gibt...Es ist eine winzige Artikulation der Wirklichkeit, etwas, das wirkt, das passiert, das etwas auslöst."
  • "Die alte Naturwissenschaft ist ... nicht falsch. Sie gilt jedoch nur in einem vergröberten Sinn. Was für unseren Alltag total ausreicht. Die Wirklichkeit in der neuen Physik ist Potenzialität, eine Welt der Kann-Möglichkeiten, sich auf verschiedene Art materiell-energetisch zu verkörpern."
 

Abschied vom Reduktionismus der klassischen Physik

Reduktionismus ist zunächst eine philosophische Lehre, nach der ein System durch seine Einzelbestandteile (‚Elemente‘) vollständig bestimmt wird.
René Descartes hielt Tiere - im Gegensatz zu Menschen - für reduktiv erklärbare Automaten:

Im klassischen Welt- und Menschenbild verhaftete Naturwissenschaftler setzten alles daran, die materiellen Welt zu erforschen, indem sie deren ‘Gegenstände’ in immer kleinere Einheiten zerlegten. Damit glaubten sie, ihre angeblich unteilbaren Bausteine zu erkennen.
Als sie auf ihrer Suche nach der 'reinen Materie' bei den Atomen der chemischen Elemente angelangten, schien das Ziel erreicht: Atome wurden für nicht weiter spaltbare Kandidaten der reiner Materie gehalten.

Sehr bald wiesen Experimente auf die innere Struktur dieser angeblich unteilbaren Bausteine hin: ein winziger Atomkern ging aufgrund elektrisch verschiedener Ladung eine Verbindung mit einer diffusen Hülle aus Elektronen ein. Atome bestanden also aus noch kleineren Bestandteilen, den Elementarteilchen. Doch konnte dieses System aus Kern und Hülle nach den Regeln der klassischen Physik nicht stabil sein, es müsste spontan in sich zusammenstürzen.
Stabilität konnte nur existieren, wenn man eine ganz eigenartige Dynamik zu Grunde legte:

"Es konnte diese Teilchen gar nicht geben, sie wurden nur durch eine stationäre immaterielle Schwingung vorgetäuscht. Daraus folgte: Atome sind nicht mehr aus Materie aufgebaut. Die Materie verschwand, und nur eine Form blieb übrig."

Die alte Physik mit ihrem festen Vertrauen auf eine materielle, existenzgebende Struktur von Allem stürzte in sich zusammen. Denn es stellte sich heraus:Unterhalb einer sehr kleinen Skala ist Materie nicht aus Materie aufgebaut; das Fundament der Welt ist nicht materiell!

Auf dieser Skalierungsebene finden sich Informations- und Wahrscheinlichkeitsfelder, die mit Energie und Materie nichts zu tun haben. Resultierend musste die Grundanschauung der Physik an dieser Stelle verändert werden:
Die Natur ist im Grunde nur Verbundenheit, das Materielle stellt sich erst hinterher heraus.

Wenn "Verbundenheit sich mit Verbundenheit" verbindet, dann entsteht der Eindruck stofflich-fester Materie: Einem Tisch sehen wir nicht an, das er im wesentlichen aus (Atomkernen umgeben von einer Elektronenhülle, dazwischen ist) ‘Nichts’ besteht.

In einer präzisierten Sicht (die in unserer Alltagswirklichkeit kaum je vorkommt, aber durch die Quantenphysik klar beschrieben werden kann) ist Wirklichkeit ist nicht dingliche (=aus Materie geformte) Wirklichkeit, sondern Wirklichkeit ist reine Verbundenheit oder Potenzialität. Sie ist zugleich eine Dynamik, etwas Prozesshaftes.

In unserer metaphorischen Sprache 1) finden sich nur wenige Substantive, welche mit dieser  Verbundenheit sinnvoll assoziierbar sind. Dürr schlägt deshalb drei Substantive vor - Liebe, Geist, Leben - wenngleich Verben eher geeignet seien: leben, lieben, fühlen, wirken, sein.

Wirklichkeit impliziert zwar die Möglichkeit, sich unter gewissen Umständen als Materie und Energie zu manifestieren, aber sie ist nicht die Manifestation selbst, sondern weit mehr.

 

“Diese fundamentale Verbundenheit führt dazu, dass die Welt eine Einheit ist.”

Es gibt überhaupt keine Möglichkeit, die Welt in Teile aufzuteilen, weil alles mit allem zusammenhängt!

[Dies zeigt sich unter anderem im Phänomen der Verschränkung von Photonen, die in einer “spukhaften Fernwirkung” selbst über eine Entfernung von Lichtjahren verbunden bleiben. Siehe dazu die Erläuterung des Quantenphysikers Anton Zeilinger:

Intuitiv hat man dies wohl schon in der Antike erfasst, schließlich formulierte bereits Aristoteles:"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile." Er erkannte auch, dass Kausalität (Ursachen, welche der Wirklichkeit zugrunde liegen) den Schlüssel bildet, um die Wirklichkeit zu erfassen.

Wo Alles mit Allem zusammenhängt, fällt jede Grundlage für ein reduktionistisches Realitätsverständnis weg: wir verstehen nicht, 'was die Welt im Innersten zusammenhält', wenn wir sie in ihre Bestandteile zerlegen und daraus schlussfolgern. Die entgegengesetzte Herangehensweise wird dadurch gestützt: Holismus (‘Ganzheitslehre’) lehrt, dass die Elemente eines Systems (einer „Ganzheit“) durch die Strukturbeziehungen vollständig bestimmt sind.

Hartgesottene 'Materialisten', die jede holistische Weltsicht (‘Alles ist Eins / Alles ist mit Allem verbunden’) als esoterischen Mumpitz abtun, mögen sich daran erinnern, dass Dürr durchaus als kritischer Rationalist gelten kann - zumindest im Hinblick auf seine naturwissenschaftlich konsequente Methodik.

 

Wirklichkeit ist “kreativ, offen, grenzenlos”

Anstelle von statischen Materie-Teilchen, die zeitlich mit sich selbst gleich bleiben, existieren kreative Prozesse“Etwas entsteht aus dem Nichts und vergeht im Nichts.” Diese Prozesse folgen in dem sich abzeichnenden Weltbild nicht der ursprünglichen Vorstellung von Evolution, denn die Schöpfung entwickelt sich nicht in der Zeit. Vielmehr ereignet sich die Welt in jedem Augenblick neu − aber mit der 'Erinnerung', wie sie vorher war. Sie wird nicht völlig anders, sondern sie ähnelt der Welt, wie sie vorher war.

Dürr spricht von einigen 'Langweilern', denen im Prozess der ständigen Neuschöpfung nichts anderes einfällt, als sich selbst wieder zu reproduzieren, also eine Kopie von sich zu machen.

“Diese letztlich uninteressanten Phänomene sind das, was wir als Materie oder Energie bezeichnen. Also alles, was sozusagen phantasielos ist, erscheint als Energie oder Materie (geballte Energie). Aber das ist es, woran wir uns orientieren!”

Hmm...zwar erahne ich ungefähr, was hiermit gemeint sein mag – wie lässt sich diese wichtige Erkenntnis auf die Normalität des menschlichen Daseins (= wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen) übertragen und für ein besseres Verstehen unserer Wirklichkeit anwendbar machen??
Die philosophische und ethische Konsequenz des ‘Alles ist Eins’ liegt theoretisch zwar auf der Hand – doch scheint uns die Wahrnehmung im Alltag das genaue Gegenteil aufzuzeigen (Individualität, Ich-Prinzip, Verlustängste, aber auch die ganz profanen, materiellen Zwänge des menschlichen Daseins).

Die zentrale Erkenntnis der neuen Physik mündet zudem in eine Richtung, die mit Normalität (unserem Alltagsverständnis mit seiner Unterscheidung zwischem Belebtem und Unbelebtem) kaum etwas gemein hat: Wirklichkeit – die Verbundenheit oder Potenzialität – scheint mehr Ähnlichkeit zu haben mit dem Lebendigen als mit dem Unbelebten. Denn sie hat keine Grenzen, sondern bildet ein offenes, dynamisches "unauftrennbares Ganzes", von dem Dürr sagt:

“Ich könnte diese Wirklichkeit als Geist charakterisieren. Dies hieße: Die Grundlage der Welt ist nicht materiell, sondern geistig. Und die Materie ist gewissermaßen die Schlacke des Geistes, sie bildet sich hinterher durch eine Art Gerinnungsprozess.”
Das alte, materielle Weltbild warf die Frage auf, wie es in einem Gefüge aus getrennter Materie und Wechselwirkungen möglich war, immer komplexere Formen zu bilden …bis schließlich Lebewesen und dann auch auch der Mensch entstand. Dagegen bleibt im 'neuen Weltbild' zwar das Eine oder Unteilbare das ‘Nicht-Zweihafte’, doch es beginnt sich zu differenzieren , ohne je die Gemeinsamkeit aufzugeben.
“Es wird die Differenzierung organisiert, nicht das Zusammenkommen von Getrenntem wie im alten Bild.”
Damit gewinnen wir ein gänzlich anderes Wirklichkeitsbild, das nicht länger von getrennten Einzel- bzw. Bestandteilen ausgeht.
Die Welt ähnelt gewissermaßen mehr einer befruchteten Eizelle, die anfängt sich zu teilen: Sie teilt sich aber gar nicht, es wird nur eine Membran eingeführt, so dass die linke Hälfte von der rechten etwas abgeschirmt wird, wie eine Hecke, aber keine Mauer. Es ist immer noch das eine System, aber man kann links unbekümmert etwas anderes machen als rechts.

Die Ähnlichkeit zu einem Hologramm drängt sich förmlich auf: Sämtliche Untersysteme des Ganzen werden sich immer auf das Ursprüngliche beziehen und auf diese Weise Bedeutung und Sinnhaftigkeit aus dem Verbleiben im Gesamtzusammenhang ableiten.-

Dürr bleibt nicht 'nur' in der mikrokosmischen Quantenwelt, sondern er versucht, dieses neue Weltbild in seiner Bedeutung für unsere täglich wahrgenommene Lebenswelt einzuordnen. Um dies zu ermöglichen, spreche er nicht länger von den Teilchen der klassischen Physik, sondern von komischen immateriellen Kleinstprozessen, die er als "Wirks" bezeichnet und so charakterisiert:

"Die sind so wimmelig wie die Ameisen in einem Ameisenhaufen.

Schüttelt man nun Menge ('Billionen mal Billionen') solcher Wirks gut durch, dann zeigt sich als durchschnittliches Verhalten tatsächlich wieder die klassische Physik - also der Anschein von Materie, strenger Naturgesetze etc.”

Die alte Physik mit der uns vertraute Mittelung (= dem Versuch, Beobachtungen auf einen Durchschnitt hin zu normieren) bedeutet stets eine vergröberte Betrachtung. Wie grob sie ist, hängt von der Zahl der Wirks ab. Was zeichnet nun aber Leben und Bewusstsein aus, wie wir es kennen?
Könnte es so sein, dass nur die tote Materie gut durchgeschüttelt und ausgemittelt ist, aber dass für lebendige Organismen diese Durchmischung auf irgendeine Weise behindert wird, so dass etwas von der Lebendigkeit am Grunde in unsere Welt nach oben schwappt?

Das Lebendige gleiche nicht einer fest verschraubten Maschine, die starren (determinierten) Abläufen folge, sondern rühre von chaotischen Bewegungen her, die auf statischen Instabilitäten beruhen, die allerdings innerhalb eines potentiellen Erwartungsfeldes liegen.

Aha...alles klar... Um zu verdeutlichen, was hierunter zu verstehen sei, verwendet Dürr folgende Analogie:

"Stehe ich auf einem Bein, dann bin ich instabil. Ich habe die 'Freiheit', in jedem Augenblick in jede Richtung fallen zu können. Nun habe ich aber ein zweites Bein, mit dem ich genauso auf der Kippe bin. Wenn ich anfange zu gehen, wechsle ich geschickt von einer Instabilität in die andere über. Die Kooperation von zwei Instabilitäten kann so zu einer Bewegung führen, die dynamisch stabil ist. Lebendigkeit ist dynamisch stabilisierte Instabilität.

Bei diesem Bild ist zu berücksichtigen, dass ein Bein beim Gehen immer den Fall abstützt. Gehen ist 'eigentlich ein ewiges Fallen', aber dazwischen muss müssen beide Beine abwechselnd gestreckt werden, was Energie erfordert. Lebendigkeit ist also nur möglich, wenn dem System ständig Energie zugeführt wird.

Unbelebte Erscheinungsformen entstehen durch Ausmittelung der Verbundenheit (Zulassen der Entropiewirkung?), die lebendigen Erscheinungsformen jedoch aus einer energetisch unterstützten dynamischen Stabilisierung statischer Instabilitäten.”

Das muss man (ich zumindest) einige Male lesen, um es ganz zu erfassen - am besten im → Originaltext. Einleuchtend ist zumindest, dass biologisches Leben ein Phänomen darstellt, welches energiereich, sensibel und instabil ist. Tod ist gleichbedeutend mit (vorübergehendem?) Energieverlust, mit Desorganisation in weniger komplexe Subsysteme, welche folglich weitaus stabiler sind.

 

Das Lebendige ist unwahrscheinlich

Der Lebensprozess läuft somit in entgegengesetzter Richtung zu den Prozessen der unbelebten Natur ab. Die unbelebte Natur geht in Richtung der größeren Unordnung (Entropie):
Ein differenziertes System, dass sich selbst überlassen wird (dem also nicht fortwährend Energie zur Aufrechterhaltung seiner spezifischen Ordnung zugeführt wird), tendiert zum weniger Differenzierten.

Das Paradigma des Unlebendigen lautet: In Zukunft passiert das Wahrscheinlichere wahrscheinlicher. Das Lebendige entwickelt sich jedoch in die umgekehrte Richtung, hier gilt: In Zukunft ist das Unwahrscheinliche nicht unwahrscheinlich. Die Evolution des Lebendigen beginnt mit einfachen Systemen und Organismen und 'endet' nach Milliarden Jahren mit wir einem hochkomplexen System namens Mensch - "das Unwahrscheinlichste, das man sich überhaupt vorstellen kann".

Die Evolution des Menschen ist die unwahrscheinlichste aller Entwicklungsgeschichten. Die energetische Grundvoraussetzung für die Entwicklung des Lebens auf der Erde wurde und wird durch die Sonne abgebildet, welche dauernd Energie zur Verfügung stellte. Sie ist die treibende Kraft, warum das Biosystem sich in Richtung höherer Differenzierung weiterentwickeln kann.
Aber Energie allein reicht nicht aus!

Beim Gehen muss ich das Bein jeweils im richtigen Augenblick strecken − ich brauche zumindest für die Konzeption des Gehens eine kooperative Intelligenz - eine Information im Hintergrund legt fest, in welchem Augenblick ich welches Bein wie bewegen muss. Das braucht Erfahrung, bevor eine Automatisierung (durch gespeicherte=erlernte Bewegungsabläufe) möglich wird. Das gilt für alle lebenden Prozesse (zumindest in ihrer 'Konzeptionsphase'). Lebendiges zeichne sich aus durch homöostatische Prozesse, die durch viele dieser Ausgleichsprozesse dynamisch im Gleichgewicht gehalten werden.

Eine ungeahnte Kooperation von Instabilität macht das ganze System zu dem, was wir die Biosphäre nennen. Eine phantastische Kooperation!

(Für mich ist faszinierend und phantastisch, dass ein Physiker im Zusammenhang mit dem Leben von kooperativer Intellgenz sprecht;-) Dürr spricht zwar in diesem Kontext nicht ausdrücklich von Gott, aber immerhin von Geist und Intelligenz als Voraussetzung für Leben)

 

Biosystem Erde - instabil, weil lebendig

Das Biosystem besitzt nicht den hierarchischen Charakter einer stabilen Pyramide, bei der ganz unten die einfachen Arten vegetieren, gefolgt von immer höheren Arten und an der Spitze der Mensch als komplexestes System und vermeintliche Krone der Schöpfung.

“Wir turnen nicht auf etwas herum, das absolut stabil und unzerstörbar ist.”

Eher gleicht das Biosystem mehr einem Kartenhaus: Jede Karte eine Instabilität, die sich alle wechselseitig bedingen und stützen. Das Biosystem ist freilich stabiler als ein Kartenhaus, weil es dynamisch stabilisiert wird. Kräftegleichgewichte und Balancen werden immer wieder neu justiert, damit das Ganze nicht einstürzt, falls sich das Gewicht oben verlagert. Die Natur ist auf Grund dieses eingespielten Stabilisierungsprozesses, ziemlich robust.

Nur deshalb ist das Bio-Kartenhaus trotz des großen Unfugs, den wir Menschen im Augenblick betreiben, bisher noch nicht zusammengestürzt.

Aber es lässt sich in etwa abschätzen, was noch an Belastungen fehlt, bevor das ganze Kartenhaus zusammenbricht, also die Biosphäre in ihrer Artenvielfalt und Kooperationsfähigkeit ernstlich beschädigt wird und damit der Mensch sich in tödliche Gefahr begibt. Mit anderen Worten: Das System Biosphäre ist instabil - und derzeit akut bedroht: Die beschleunigte Zerstörung der bioökologischen Diversität ganzer Lebenskomplexen ist in der Erdgeschichte wohl von einmaligen Ausmaß (vielleicht abgesehen von den wenigen Ereignissen, die ein Massensterben zur Folge hatten, wie etwa vor 65 Millionen Jahren).-  

 

Dürr auf die Frage nach dem Jenseits, einer Existenz nach dem Tode

"...Was wir Diesseits nennen, ist ja eigentlich die Schlacke, die Materie, also das, was greifbar ist. Das Jenseits ist alles Übrige, die umfassende Wirklichkeit, das viel Größere. Das, worin das Diesseits eingebettet ist. Insofern ist auch unser gegenwärtiges Leben bereits vom Jenseits umfangen.

Wenn ich mir also vorstelle, dass ich während meines diesseitigen Lebens nicht nur meine eigene kleine Festplatte beschrieben habe, sondern immer auch etwas in diesen geistigen Quantenfeldern abgespeichert habe, gewissermaßen im großen Internet der Wirklichkeit, dann geht dies ja mit meinem körperlichen Tod nicht verloren. In jedem Gespräch, das ich mit Menschen führe, werde ich zugleich Teil eines größeren geistigen Ganzen. In dem Maße, wie ich immer auch ein Du war, bin ich, wie alles andere auch, unsterblich."

Vortrag: Ganzheitliche Physik

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Zusammenhänge von Entropie, Unordnung sowie aktiver/reaktiver Ordnung werden hier umfassend erläutert und in den Kontext einer zyklischen, evolutionären Entwicklung des Lebens, des Bewusstseins bzw. des gesamten Universums gestellt.

1) “Die metaphorische Sprache ist eine Art einer natürlichen Sprache, die man sich aus den willkürlichen, aber bestimmten Wörtern baut. Deswegen gefällt sie so sehr”. Christoph Georg Lichtenberg

Samstag, 28. April 2012

Mondgestein kam einst von der Erde

 

Neue Messungen stellen gängige Lehrmeinung zur Mondentstehung in Frage

Offenbar besteht der Mond größtenteils aus Erdgestein. Das zeigen Vergleichsanalysen von 66 Gesteinsproben durch ein internationale Forscherteams.

“Die Isotopenverteilung des chemischen Elements Titan im Mondgestein ähnele dem der Erde bis auf wenige Millionstel Teile. Daher müsse das lunare Material vorwiegend aus dem Erdmantel stammen, berichten die Forscher im Fachmagazin "Nature Geoscience". Dieses Ergebnis widerspricht allerdings der gängigen Lehrmeinung…”

PlanetX-Fans, aufgepasstZwinkerndes Smiley: Die jetzt festgestellten Ähnlichkeiten zwischen Mond- und Erdgestein werfen ein neues Licht auf das Kollisions-Szenario, wie Forscher erklären.

[Theia ist der inoffizielle Name eines hypothetischen Protoplaneten, der laut der Kollisionstheorie der Mondentstehung vor etwa 4,5 Milliarden Jahren mit der Protoerde kollidiert ist. Theia selbst wurde bei dieser Kollision zerstört; die entstandenen Bruchstücke haben sich in einem Orbit um die Erde gesammelt. Im weiteren Verlauf hat sich daraus der Mond gebildet. Nach dieser Theorie war Theia etwa so groß wie der Mars …, bevor sie mit der Erde kollidierte.]

Es sei zwar denkbar, dass die Mehrheit des Mondmaterials nach dem Einschlag Theias von der Erde gekommen sei. Das aber widerspreche den Simulationen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Theia und die junge Erde zufällig genau die gleichen Isotopenzusammensetzungen gehabt haben könnten. Das aber sei eher unwahrscheinlich… weiterlesen

Erforschung der Monde im Sonnensystem – Anzeichen für ’exotisches’ Leben?

Unser 'eigener' Mond noch längst nicht vollständig erforscht (→ 'Die dunkle Seite des Mondes'), doch von den Trabanten anderer Planeten verspricht man sich noch brisantere Resultate.
Seit in den 80er Jahren erste Sonden in die Nähe von Jupiter und Saturn geschickt wurden, mehrten sich Spekulationen, einige dieser Monde seien womöglich Kandidaten für das Vorhandensein von außerirdischen Lebensformen.
2010 meldete der SPIEGEL: Forscher finden Hinweise für außerirdisches Lebenauf dem Saturnmond Titan, der als erdähnlichster Himmelskörper des Sonnensystems gilt. 
Titan ist mit einem Durchmesser von 5150 Kilometern der größte Mond des Planeten Saturn, weshalb er nach dem Göttergeschlecht der Titanen benannt wurde. Er ist ein Eismond, nach Ganymed der zweitgrößte Mond im Sonnensystem und der einzige mit einer dichten Gashülle.

Jedenfalls soll er der Erde ähneln, als sie noch jung war (vor etwa 4 Mrd. Jahren). Offensichtlich werden solche Titelzeilen bewusst unklar formuliert (Aufmerksamkeit zählt..); immerhin bietet Titan günstige Voraussetzungen zur Entstehung einer eigenständigen Biosphäre (aus extremophilen Einzellern – von E.T. oder den Ludolfs ist nicht die Rede.).
Messungen der Sonde "Cassini" auf Titan hatten nach 2004 überraschend geringe Konzentrationen von von Acetylen und Wasserstoff in dessen Atmosphäre ergebendes Mondes  ist. Dies sei ungewöhnlich, denn beide werden Gase durch die Sonneneinstrahlung in großer Menge in der Mondatmosphäre produziert. Theoretische Überlegungen (“Hints of Life…”) gehen in die Richtung, dass Acetylen durch den Stoffwechsel von noch unentdeckten Lebensformen als Energiequelle verbraucht werde.
Auch das Verschwinden von Wasserstoff werten Forscher als ein zusätzliches Indiz für die Existenz exotischer Lebensformen auf Titan.


Allgemein wird das Vorhandensein von Wasser als Voraussetzung für die Entstehung von Leben betrachtet - auf der Oberfläche des Mondes Titan gibt es zwar Wasser, aber nur in Form von Eis (die Durchschnittstemperatur liegt bei -180 Grad Celsius). In tieferen Schichten könnte es wärmer werden, sollten die bislang ausgemachten Anzeichen für Kryovulkanismus zutreffen.-
Sind Alternativen für Wasser als Grundlage von Leben vorstellbar? Flüssiges Ammoniak zeigt ähnliche Eigenschaften wie Wasser und könnte in kalten Regionen ein flüssiges Lösungsmittel für Biomoleküle sein…Gedankenspiele wie dieses zeigen vor allem, wie wenig wir über die Eigenschaften ‘habitabler’ Zonen wirklich wissen.

Europa ist mit einem Durchmesser von 3121 km der kleinste der vier großen Monde des Planeten Jupiter und der sechstgrößte im Sonnensystem. Obwohl die Temperatur auf der Oberfläche von Europa maximal −150 °C erreicht, vermutet man, dass sich unter einer Kruste aus Wassereis ein bis zu 100 km tiefer Ozean aus Wasser befinden könnte. Das mögliche Vorhandensein von flüssigem Wasser ließ Spekulationen darüber aufkommen, ob (auch) in Europas Ozeanen Formen von Leben existieren können. Immerhin existiert dort eine äußerst dünne Atmosphäre aus Sauerstoff.
Sie kommt durch das Sonnenlicht zustande, dass das Eis auftauen und verdampfen lässt. Das verdampfende Wasser wird dabei in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Wasserstoff ist zu leicht, um von der Schwerkraft des Mondes gehalten zu werden und entweicht in das Weltall. Dennoch kamen NASA-Wissenschaftler, welche die gestrichene Nasa-Mission Jupiter Icy Moons Orbiter planten, nach Auswertungen früherer Missionen im Frühjahr 2004 zu dem Schluss, dass der Mond Europa weitaus lebensfeindlicher sein könnte, als bislang angenommen wurde. So wurden auf der Oberfläche Wasserstoffperoxid und von konzentrierter Schwefelsäure bedeckte Flächen nachgewiesen.        


Jupitermond Europa
Titan ist also derzeit der aussichtsreichste Kandidat für Leben außerhalb der Erde. Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis wir vielleicht Gewissheit erhalten. So ist es nach 2010 bis auf weiteres wieder still geworden um Titan – auch wenn das Magazin P.M. bemüht ist, das Bild vom WeltallWeltall als eine gigantische Gebärmutter” zu zeichnen. Bei aller Begeisterung, die Aneinanderreihung lebhaftester Spekulationen (“Riesige Mammutbäume. Pilzorganismen mit einem Alter von vielen tausend Jahren…”) halte ich für wenig hilfreich.
Bis heute wurde zwar die Entstehung lebensnotwendiger1) Moleküle und Bausteine erforscht und die Evolutionsbiologie kennt auch die Mechanismen der Weiterentwicklung von Lebensformen. Doch die tatsächliche Entstehung von Leben wurde bis heute weder beobachtet noch in einer schlüssigen, wissenschaftlichen Theorie glaubhaft dargelegt. Von daher wissen wir nicht mit Bestimmtheit, ob günstige Bedingungen an sich ausreichen, damit bei ausreichend verfügbarer Zeit ‘automatisch’ Lebewesen entstehen. Denkbar (aber auch nicht bewiesen) ist auch, dass dies allein auf dem Wege der Panspermie geschieht.-
Immerhin -  die Erforschung geht weiter, in der Exosphäre des Saturnmondes Dione wurde Sauerstoff nachgewiesen. Und im Laufe der Erkundung von Titan wird der Trabant offensichtlich der Erde immer ähnlicher- er beherbergt womöglich ‘Methanbakterien‘:
"Forscher fanden ein Gebiet auf dem Titan, das der Etosha-Pfanne in Namibia entspricht. Es erstreckt sich um den Ontario Lacus, den größten See auf der Südhalbkugel des Trabanten. Er ist etwas kleiner als sein irdischer Namensvetter, der nordamerikanische Ontario-See. Und statt mit Wasser ist er mit flüssigen Kohlenwasserstoffen gefüllt
[...]

Die Landschaft und die klimatischen Bedingungen der Region, schlussfolgern die Forscher, seien vergleichbar mit denen von Halbwüsten auf der Erde, insbesondere den Salztonebenen im südlichen Afrika." (FOCUS online, 26.4.2012)
Und doch muss die Entdeckung von Leben auf den Monden nicht allen Interessengruppen gleichermaßen in den Kram passen. Schließ bestehen durchaus konkreten Überlegungen zur Besiedlung geeigneter Monden in unserem Sonnensystem. Gegen eine solche Kolonisation ist grundsätzlich nichts einzuwenden
Wenn auch politische Kreise ein wachsendes Interesse an solchen Besiedlungsprojekten zeigen, stellt sich wirklich die Frage, ob heute heute davon ausgegangen wird, dass unsere hiesigen Probleme sich als unlösbar erweisen werden? Die Ausbeutung von Ressourcen ist ein weiterer Aspekt? Das wären sicher falsche Gründe, um das eigentlich Richtige zu tun... – glaubt man Stephen Hawking, bleibt Folgegenerationen womöglich gar nichts anderes übrig, als von der Erde zu flüchten.
Zuvor muss sicher gestellt sein, dass am Zielort nicht schon einfachste Lebewesen auf ihre eigene Evolution warten - welche der Mensch zugrunde richten würde… ganz ähnlich wie es auf der Erde unzählige Male der Fall war.


Dokumentation: Unerforschte Monde


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1) Dabei wird stets von Lebensformen ausgegangen, wie sie auf der Erde bekannt sind

Donnerstag, 26. April 2012

Leben nach dem Leben – was bleibt vom Bewusstsein?

Allein die Suche nach einer geeigneten Definition und Beschreibung von Bewusstsein ("… die erlebbare Existenz mentaler Zustände und Prozesse") fühlt reihenweise kontroverse Bücher – die (für mich) zentralen Fragen lauten indessen:
  • Existiert ein Selbst (-Bewusstsein) unabhängig vom Gehirn?
  • Inwieweit bleibt unser Bewusstsein nach dem physiologischen Tod erhalten?
Mögliche Antworten auf beide Fragen könnten die Erforschung so genannter Nahtod-Erfahrungen (NTE) liefern, d.h. berichtete Wahrnehmungen und Beobachtungen von Personen, die für kurze Zeit klinisch tot waren und dann wiederbelebt wurden.
Eine häufige Gemeinsamkeit von Nahtod-Erfahrungen ist die ‘Entkörperlichung’, d.h. den Eindruck, aus dem eigenen Körper heraustreten, über ihm zu schweben und sich selbst sowie die Anwesenden zu beobachten.
Vergleicht man die Untersuchungsergebnisse, Analysen und Interpretationen zu solchen Berichten, dann wird eines sehr deutlich: Die Wahrheit liegt wie so oft im Auge des Betrachters.

Naturalisten, für die ein bewusstes Selbst ohne Körper nicht in Frage kommt, bemühen stets neurologisch plausible, nüchterne Erklärungsmuster für NTE. Die Mehrzahl der Hirnforscher spricht von mangelnder Sauerstoffversorgung des Gehirns:
Bei Nahtodvisionen handele es sich um biochemische Reaktionen des Gehirns auf den bevorstehenden Tod – das Gehirn reagiere mit Hormonausschüttungen und löse so ‘natürlich’ Halluzinationen aus.
Allgemein seien diese visuellen Trugbilder auf die Verstärkung bzw. Störungen von Hirnfunktionen zurück zu führen.

Tatsächlich lassen sich außerkörperliche Erfahrungen durch künstliche Stimulation des Gehirns ebenfalls herbeiführen – damit seien sie durch bekannte chemische Vorgänge zu erklären. Sind die Nahtoderlebnisse also reine Körperfunktionen, die nur solange stattfinden können, wie das Gehirn eine Restfunktion hat?
Zumindest ist Vorsicht angebracht: augenscheinlich gibt es solche und ‘solche’ NTE. Handelt es sich um irreale Bilder, werden diese später durch die Betroffenen gewöhnlich auch als solche erkannt.-


Für Anhänger einer transzendentalen, meist spirituell angelegten Sichtweise sind die NTE dagegen ein mehr als deutlicher Hinweis auf ein Überleben der vom Körper losgelösten Seele.

Tatsächlich wurden Erfahrungen berichtet, die einen sinnvollen, konkreten Bezug zur Realität aufweisen - etwa dann, wenn Erinnerungen an die Zeit der Bewusstlosigkeit mit dem realen (z.B. von Ärzten oder Sanitätern bestätigten) Geschehen übereinstimmen.
Hier lassen sich manche Besonderheiten nicht ohne weiteres rein physiologisch begründen:


Wenn das Bewusstsein ‘nur im Gehirn sitzt’, wie war es dann möglich, dass von Geburt an blinde Menschen während eines NTE plötzlich sehen konnten – und präzise Beschreibungen vom Geschehen um sie herum lieferten? Während ihres gesamten Lebens blinde Menschen waren in der Lage, nach einem Verkehrsunfall im Zustand tiefer Bewusstlosigkeit die Menschen um sie herum zu sehen und später genau zu beschreiben.


Der Heidelberger Psychiater und Neurologe Michael Schröter-Kunhardt vertritt beide Positionen: Einerseits bestätigt er die neurobiologischen Prozesse im Gehirn. Seiner Auffassung nach liegt darin kein Widerspruch zur Transzendenz-Vermutung: das im Gehirn verankerte Programm habe einen tieferen Sinn und vermittle eine vorbereitende Botschaft (‘eine Software, die uns auf das Leben nach dem Tod vorbereitet’):
Wenn ich sterbe, verlasse ich meinen Körper, und meine Seele geht in eine andere Welt."
“Wenn das Gehirn so exakte Daten liefere, dann sei dies ein Indiz dafür, dass irgendein Element des menschlichen Geistes nicht an Zeit und Raum gebunden und daher imstande sei, außersinnliche Wahrnehmungen zu machen…”.
(Zitat des Neurologen Schröter-Kunhardt bei Volker J. Beckers)
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass NTE keinesfalls nur auf einen bestimmten Kulturkreis oder Angehörige einer Religion beschränkt sind. Zwar sind die berichteten Erlebnisse je nach Kultur und Religion unterschiedlich ausgestaltet, doch lassen sich charakteristische Erfahrungsmustern festhalten. Sie bestehen…
“…unabhängig von Geschlecht, Alter und kultureller Zugehörigkeit in allen Kulturen und Religionen aus den gleichen Grundelementen: dem Entschweben aus dem Körper, dem Tunnelerlebnis, dem Lebensfilm, dem Glücksgefühl und dem Eintritt in eine andere Welt. Ihr Auftreten und die außersinnlichen Wahrnehmungen dabei sieht er als Verweis auf eine Existenz außerhalb von Raum und Zeit.”(vgl. WELT online)

Schröter-Kunhardt stellt klar, dass Sauerstoffmangel alleine keine hinreichende Erklärung für NTE bietet. Denn beim ‘Blackout’ müssten die Neuronen im Gehirn ein ‘wildes Durcheinander’ von Signalen produzieren. Doch die NTE –Berichte zeugten eher von einer besonders komplexen Leistung des Gehirn (und keinesfalls um ein paar zufällige neuronale Impulse. Daraus lasse sich auf das Weiterleben nach dem Tode schließen, dann andernfalls wäre dieses Programm sinnlos.
Außerdem habe sich manche NTE bei Personen ereignet, deren Gehirn nachweislich nicht unter Sauerstoffmangel litt.


Dass das Gehirn ausgerechnet zum Todeszeitpunkt ein Programm starte, lässt sich auch nicht als evolutionsbedingt erworbener Mechanismus einordnen:
Der Zweck eines solchen Programms dürfte in einer psychischen Erleichterung liegen, vermuten Ärzte. Gut möglich, aber ein Evolutionsvorteil entsteht dadurch jedenfalls nicht. Schließlich dient die Evolution der Sicherung und Weitergabe von Überlebensvorteilen – die Arterhaltung ist beim Sterbevorgang jedoch auszuschließen.

Allerdings ist Zurückhaltung gegenüber pauschalen Interpretationen wie ‘Besuch im Himmel’ (oder der Hölle) angebracht:
  • Es hängt offensichtlich von bestimmten Faktoren ab, ob es überhaupt zu einer NTE kommt. Nur ein Drittel der Betroffenen berichtet von ihnen. Für die Gefühle der Glückseligkeit und Ruhe wird die körpereigene Opiatausschüttung bei starken Verletzungen und Schmerzzuständen verantwortlich gemacht.
  • Wo Erinnerungen im Zeitraffer vor dem inneren Auge ablaufen, ordnen Hirnforscher diese bestimmten Gehirnregionen zu, die zeitweilig über-erregt sind.
  • Ca. 10 Prozent der Wiederbelebten haben keine positiven Erfahrungen durchlebt, sondern die reinsten Höllenvisionen.
Vorläufiges Fazit von Volker Becker (“Am 8. Tag schuf Gott den Zweifel.”) :
Das Gehirn ist nicht der Produzent, sondern der Empfänger des Bewusstseins. Unser Gehirn gleicht einem Fernseher, der ein Bild erzeugt. Dieses Bild ist das Bewusstsein.
Der Fernseher empfängt das Bild von einem externen Sender. Das Bild (=Bewusstsein) entsteht also außerhalb des Gerätes (=Gehirn) und kann auch unabhängig von diesem existieren. Wird der Fernseher ausgeschaltet (=Hirntod), erlischt das Bild auf diesem Schirm, aber die Bildinformation existiert weiter.


Was dieses Bewusstsein nach Eintritt des Hirntods noch (ohne Zugang zu körperlichen Sinnesorganen) wahrnimmt, bleibt unklar. Unsere Erinnerungen vielleicht?
Ebenso können wir uns gegenwärtig kaum eine Vorstellung davon machen, wo (‘in welcher Welt’) dieses Bewusstsein weiter existiert. Aus Sicht der Reinkarnationslehre ließe sich weiter spekulieren, dass dieses Bewusstsein in erneut wiederverkörpert werde (d.h. in den Körper eines Neugeborenen eintrete). Spätestens hier ist die Schwelle zum Glauben überschritten, der sich zwar in persönlich-subjektiver Gewissheit, aber eben nicht durch gesichertes Wissen erweisen kann.


  • Somit bleiben auch in naher Zukunft nur zwei Alternativen: Entweder endet mit dem Tod alles – dann bekommen wir davon nichts mehr mit – also leiden wir unter diesem Zustand sicher nicht (besonders begeistern vermag mich diese Vorstellung dennoch nicht).
  • Oder es existiert eine transzendente (jenseitige) Welt, zu der wir während unseres körperlichen Lebens keinen (bewussten) Zugang haben. Aussagen über ihre Beschaffenheit sind daher nicht möglich – jedenfalls nicht aus wissenschaftlicher Sicht:
“Da für uns nur real ist, was unser Bewusstsein wahrnimmt, ist diese Welt für unser Bewusstsein in dieser Raumzeit irreal.”
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Gedankengang schlüssig ist – denkbar ist auch, dass – sofern mehr als vier raumzeitliche Dimensionen existieren sollten – unser ‘reales’ Diesseits ein Teil einer mehrdimensionalen Welt ist. Das ‘Jenseits’ wäre somit in einer höheren Dimension. (Wir erinnern uns an “Dr. Quantum in Flachland” – einer zweidimensionalen Welt mit zweidimensionalen ‘Flachländern’, die sich eine dritte Dimension (Höhe/Tiefe) nicht vorstellen können…)
Unser Nachteil gegenüber den ‘Flachländern’ liegt darin, dass es für uns keine weitere unerschlossene Raumdimension gibt. Folglich dürfte eine 5. Dimension gänzlich anders beschaffen sein als jene, die wir kennen. Deshalb tun wir uns recht schwer mit derartigen Vorstellungen. Basisinfos finden sich z.B. bei Prof. Lesch (‘Wieviele Dimensionen hat das Universum?’).

Siehe auch:


Nahtod - Erfahrung: Der Sonderfall Pam Reynolds

"Pam Reynolds, eine junge amerikanische Lehrerin, hatte ein Aneurysma in ihrem Gehirn. Das große Blutgerinsel lag so tief, dass man mit herkömmlichen chirurgischen Methoden nicht herankommen konnte.”
In höchster Lebensgefahr entschloss sie sich, einem Chirurgenteam zu vertrauen, das Pionierarbeit auf dem Gebiet eines waghalsigen chirurgischen Verfahrens geleistet hatte, dem so genannten „hypothermischen Herzstillstand". Bei einem solchen Eingriff wird die Körpertemperatur auf 15,5 Grad Celsius gesenkt. Herzschlag und Atmung kommen zum Stillstand. Das Blut fließt aus dem Kopf ab, die Gehirnwellen sinken auf einen Nullzustand. Der Patient wird also klinisch in einen tod-ähnlichen Zustand versetzt, bevor der Eingriff beginnt.

Aus medizinischer Sicht ist auszuschließen, dass der/die Patientin den Eingriff bewusst miterlebt (dies soll durch die Narkose schließlich unterbunden werden, zudem besteht keine messbare Gehirnaktivität).
Als der operierende Arzt mit einer feinen Stabsäge Pam Reynolds Schädeldecke durchbohrte, ahnte er nicht, dass er dabei beobachtet wurde: Die Patientin hatte nämlich - was erst nach der Operation herauskam - ihren Körper verlassen und sich als ein gestaltloses Etwas auf der Schulter des Chirurgen niedergelassen. Von dort aus schaute sie ihm bei seiner Arbeit zu.
Verrückt? Esoterischer Quatsch? So sieht es aus. Aber wir erfuhren von der Sache durch ein „BBC-Special" […]. Als die Operation erfolgreich beendet und die Patientin sozusagen ins Leben zurückgeholt worden war, erzählte Pam Reynolds ihrem Chirurgen, dass sie während der Operation „mit einem Pop" ihren Körper verlassen habe und zunächst über dem Operationstisch geschwebt sei.”
Sie habe dem Operateur über die Schulter geschaut und beispielsweise gesehen, wie ein dieser „mit einer Säge, die wie eine elektrische Zahnbürste aussah" ihre Schädeldecke öffnete. Die Knochensäge sah genau wie eine elektrische Zahnbürste aus…
Pam Reynolds schilderte den Operationsverlauf in vielen Einzelheiten. Während Monitore die vollständige Leblosigkeit ihres Organismus anzeigten, hörte sie die Worte der Ärzte und Schwestern während der Operation. Und sie konnte diese Dialoge später wörtlich wiedergeben (vgl. Artikel über Pam Reynolds auf sterbeforschung.de).

Spekulativen Folgerungen ("Der Tod ist eine Illusion.", "Der Tod ist erst der Anfang." usw.) stehe ich dennoch distanziert gegenüber. Diese und ähnliche Annahmen über ein Leben nach dem Tod lassen sich aus der Vielzahl glaubhafter NTE-Berichte weder herleiten noch beweisen.
Mrs. Reynolds und andere Betroffene waren eben nicht tot - wenn wir Tod als irreversiblen Prozess definieren: sie wären gestorben, falls die OP missglückt oder eine Wiederbelebung misslungen wäre. Diese beiden Zustände sind meiner Ansicht nach nicht gleichzusetzen.

Es mag uns nicht gefallen, aber: Die Ungewissheit bleibt. 

Film: ‘Leben nach dem Leben’, Teil 1


Dienstag, 24. April 2012

Kabbala und Mystik

sind für mich ausgesprochen ungewohntes Terrain. Und doch gehe ich davon aus, dass es hilfreiche Erkenntniswege gibt, mit denen der ‘moderne Mensch’ zunächst wenig anfangen kann.
Auf den ersten Blick jedenfalls mutet es “magisch”und zugleich ein wenig merkwürdig an, dass das Aussprechen von Worten eine unmittelbare Einflussnahme auf das damit Bezeichnete bewirken soll. Doch ein wenig theoretisches Wissen über eine jahrhundertealte Tradition kann kaum schaden.

Auf Wikipedia ist zu lesen, dass die Kabbala eine mystische Tradition des Judentums, ist, die heutzutage auch in nichtjüdischen Kreisen fortgeführt und weiterentwickelt werde. Ihre Wurzeln finden sich in der Tora.

Der Begriff Mystik (griechisch - „geheimnisvoll“) bezeichnet allgemein Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen oder absoluten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung.
Damit verbinden wir vielfach spirituelle Erfahrungen in einem religiösen oder esoterischen Bezug, die als solche nicht objektiv (z.b. wissenschaftlich) zugänglich scheinen.

Im Zentrum steht die Suche nach der Erfahrung einer unmittelbaren Beziehung zu Gott. Nach kabbalistischer Ansicht hat Gott alles, was er im Universum geschaffen hat, auch am Menschen geschaffen.
Hieraus ergibt sich das Weltbild der wechselseitigen Entsprechungen von ‘Oben’ und ‘Unten’. Der kabbalistische Grundgedanke von Mikro- und Makrokosmos deutlich geht davon aus, dass die „untere“ Welt wurde nach dem Vorbild der „oberen“ geschaffen wurde; damit sei jeder Mensch ist ein Universum im Kleinen (was an Vorstellungen eines holografischen Universums erinnert.

Was zeichnet einen (ernsthaften) Kabbalisten also aus?

“Äusserlich ist er also wie wir alle. Allerdings ist er ein Mensch, der durch das Studium der Kabbala, eine neue zusätzliche Wahrnehmung oder besser gesagt, den sechsten Sinn erlangt hat – die Wahrnehmung des von uns verhüllten Teils der Welt.

Dieser Teil ist von allen gewöhnlichen Menschen komplett verschlossen, und wir nennen ihn die spirituelle Welt. Mit dieser neuen Wahrnehmung ist der Kabbalist fähig, eine vollständige Weltschöpfung zu spüren/füllen/sehen – unsere physikalische und die spirituelle Welt – genauso wie wir unsere Welt bzw. die tägliche Realität wahrnehmen können…”
[“Wer ist ein Kabbalist” auf kabbalisten.de]

Anders ausgedrückt: Die Vollkommenheit des göttlichen Makrokosmos personifiziert sich hierbei im Menschen, welcher als Mikrokosmos zwar unvollkommen, aber dennoch ein Abbild des himmlischen Urmenschen (‘Adam Qadmon) darstellt.

Gott als das Grenzenlose und Ewige benötigt das von ihm geschaffene Mittlerwesen des Menschen, um durch die zehn geistigen Kräfte seine göttliche Allmacht wirken zu lassen. Diese zehn Sephiroth sind die göttlichen Urpotenzen, welche in der Form des kabbalistischen Weltenbaumes alle Ebenen des Seins durchragen. Dieser Weltenbaum mit dem darin verbundenen Menschen stellt den verkörperten Organismus des Universums dar.

Diese elementare Verflechtung des Menschen in ein göttliches Universalsystem verdeutlicht nach kabbalistischer Ansicht auch das gegenseitige Beeinflussungspotential der göttlichen und der menschlichen Ebene. – Der Mensch steht unter dem ganzheitlichen Einfluss universaler Kräfte, kann diese aber seinerseits beeinflussen.“

Der Volksglaube kennt erwartungsgemäß eine eigene Entstehungsgeschichte der kabbalistischen Tradition:

Mose habe auf dem Berg Sinai neben den Steintafeln mit den 10 Geboten mündlich weitere, ‘geheime Lehren’ empfangen, in die nur ein kleiner Kreis von Auserwählten eingeweiht werden sollte. Diese Erwartungshaltung geheimer Rituale scheint bis heute Bestand zu haben – sogar Popstars wie David Bowie und Madonna betrachteten sich zeitweilig als Kabbalisten und verarbeiteten Elemente dieser Tradition sogar in ihren Songs.

Man muss im Web nicht lange suchen, um ‘praktische Anwendungsformen’ zu finden. Methoden wie die Gematrie  (jedem hebräischen Buchstaben wird ein Zahlenwert zugeordnet, was für etliche Worten offenbar einen erstaunlichen Umfang an Interpretationen eröffnet) werden mitunter vom ursprünglichen Kontext losgelöst und auf andere, moderne Sprachen und deren Alphabete übertragen. Mich hat es überrascht, was manch einer auf diesem Wege alles ‘beweisen’ zu können meint…

Ich habe mich bis heute noch nicht eingehender mit dieser Thematik beschäftigt – und habe auch Zweifel, ob mir dies je gelingen wird. Persönlich ziehe ich verbale, ‘direkte’ Herangehensweise vor, während uns im Kabbalismus eine komplexe Symbolik begegnet.
Es bedarf es einer speziellen ‘Antenne’ hierfür, ist mein Eindruck - auch wenn die Kabbala sicher nicht mit suspekten okkultistischen Praktiken zu verwechseln ist.

Siehe auch:

Die nachfolgende Dokumentation informiert über Geschichte und Entstehung des Kabbalismus.

Doku über die mystische Kabbala

Sonntag, 22. April 2012

Ist unsere Demokratie optimierbar?

Deutsche Spitzenpolitiker charakterisieren die parlamentarische Demokratie sinngemäß mit Worten wie 
”…nicht perfekt, aber ist das beste, was wir haben. Eines dürfen Sie nicht vergessen: Parteien sind kein fernes Konstrukt, sondern Ihre Chance, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen.” 
Alles ist gut, so wie es jetzt ist?  Was hätte es dann mit der Politik(er)verdrossenheit auf sich?
  • Heinrich Mann bezeichnete Demokratie als die “Anerkennung, dass wir, sozial genommen, alle füreinander verantwortlich sind.
  • Der französische Politiker Georges Clemenceau nannte sie “die Kunst, sich selbst im Zaum zu halten, damit man nicht von den anderen im Zaum gehalten werden muss.“
  • Und Winston Churchill sprach von der  “Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.“
Diese Herren werden unter anderem eines erkannt haben: Loyalität und Integrität funktionieren nun mal nicht als Einbahnstraße, Rechtsstaatlichkeit betrifft und zunehmende Distanz zwischen Regierung und Regierten ist kein zwangsläufiges Attribut einer “lebendigen Demokratie”.
Wie wäre es mit einer Runde Bullshit-Bingo?
Mit den Wortlisten ‘Politik I’ und II dauert es wirklich lange, wenn im TV gerade der Guido, die Renate oder der gute alte Gerhard zu Wort kommen…
Lebendig? Oder fast scheintot? Bislang wurde allenfalls darüber diskutiert, wie sich die wachsende Kluft zwischen den Politikmachern und dem ‘Rest’ überbrücken ließe.
Wer an der Spitze des Staates oder eines Bundeslandes steht, unterliegt so mancher Verführung: Allzu leicht wird - abgesehen von der kurzfristigen Aussagekraft von Umfrageergebnissen - ignoriert, wie es um das notwendige Vertrauen in die Regierenden bestellt ist…

Dabei habe ich den Eindruck, dass unsere Handhabung von Demokratie in hohem Maße vom Eintreffen glücklicher Umstände abhängt: Es ist ein großes Glück, wenn die am besten geeigneten Personen genau die Verantwortung für das Ressort übernehmen, wofür sie qualifiziert sind. Dazu zählt nicht zuletzt das verantwortungsvolle Abwägen von Interessen der Allgemeinheit gegenüber den eigenen.
Kann es sein, dass unser Glück merklich nachlässt…?

Entscheidungen von großer Tragweite für viele Menschen sollten meiner Auffassung nach von einem Gremium aus Fachkundigen und Experten getroffen oder wenigstens vorbereitet werden. ‘Das Volk’ als einheitlichen Entscheidungsträger gibt es ohnehin nicht, es sind immer Individuen, die sich entscheiden. 

Wer das politische Handeln eines Staates, eines Bundeslandes oder einer Kommune vorgibt, sollte sich charakterlich dazu eignen und die notwendige fachliche Qualifikation besitzen – beide Faktoren sind gleich wichtig und können einander nicht kompensieren (Knowhow ist kein Garant für Integrität und umgekehrt).

Dass Regierungsmitglieder beide Kriterien erfüllen, kommt vor – eine zwangsläufige Konstellation ist das jedoch nicht. Vereinzelt (?) scheint es sogar vorzukommen, dass im weder die fachliche noch die charakterliche Eignung gegeben ist.
Die ‘gesunde Menschenkenntnis der Mehrheit’ (gibt es so etwas?) kommt bei der Besetzung von Ämtern und Ressorts nicht zum Einsatz – in Deutschland finden im wesentlichen keine Direkt-, sondern Listenwahlen statt. Über die Besetzung der Listen samt Reihenfolge entscheiden parteiinterne Organe anhand pragmatischer Notwendigkeiten.
Darf man ausgehend von der gängigen Vergabepraxis für öffentliche Ämter erwarten, dass die richtigen Leute an der jeweils richtigen Stelle eingesetzt sind? Oder ist es eher so, dass die Persönlichkeiten politischen Einfluss ‘gewinnen’, die sich gut verkaufen können und sich medienwirksam zu inszenieren verstehen?
Kann es sein, dass ein guter Innenminister (Hypothese) ein noch besserer Finanzminister ist? Wer betont, in höheren Regierungsebenen seien primär Managerqualitäten gefordert, muss sich fragen, wie viele erfahrene Manager denn in den Regierungen vorzufinden sind?
Die Kernfrage lautet also: Inwieweit ist dieses Gestaltungselement unserer Demokratie ein Garant dafür, dass dieses Land in bestmöglicher Weise geführt wird?
Gegenwärtig delegieren ‘wir’ politische Aufgaben an einen bestimmten Personenkreis (die politischen Parteien). Auf deren Personalauswahl müssen wir uns notgedrungen verlassen.Jene Auserwählten können sich allenfalls in einen winzigen Ausschnitt dessen einarbeiten, worüber sie auf Bundes- und Landesebene mit zu befinden haben.
Das ist den Abgeordneten auch klar; deshalb bilden die Parlamente Fachausschüsse und veranstalten Expertenanhörungen. Auf dieser Ebene mag das momentane System recht gut funktionieren – doch wird die Stoßrichtung der Politik von wenigen Verantwortlichen in Führungspositionen abgesteckt – im Bund etwa durch den/die Bundeskanzler/in und den Ministern.

Integrität und Kompetenz bei Politikern?

Gerade auf Ministerebene erleben wir wieder und wieder, wie ein Mangel an persönlicher Eignung in Verbindung mit Profilierungs- und anderen ‘Nöten’ zu mangelhaften Resultaten führt. Dies ist teilweise dem System geschuldet: in einer 4-jährigen Legislaturperiode fehlt die Zeit, sich erforderliche Skills und Wissenselemente nach einem Machtwechsel erst noch zu erarbeiten. (Gerhard Schröder räumte etwa ein halbes Jahr nach seinem ersten Regierungsantritt umfangreiche ‘handwerkliche Fehler’ ein.)
Worauf will ich hinaus: Besteht die Veranlassung, die gegenwärtige Form der Besetzung von politischen Ämtern zu optimieren? Zumindest lohnt es sich, über Alternativen nachzudenken.
Um einem Missverständnis vorzubeugen: ich stelle nicht das parlamentarische System als solches infrage, sondern Elemente seiner Handhabung. Unsere geschichtliche Erfahrung zeigt, dass folgende Vorbedingungen und Voraussetzungen unabdingbar sind:
  • Wahrung von Stabilität und Gewaltenteilung: wenn wir die besten Kandidaten für politische Ämter anders auswählen wie bisher, darf dadurch nicht das Risiko von totalitären Strukturen, Machtkonzentration und -missbrauch, Rechtsbeugung oder Unterdrückung wachsen.
  • Die Grundrechte sind unveränderlich (im Idealfall sind sie so widerherzustellen, wie die Väter des Grundgesetzes dies beabsichtigt hatten).
Dass die Regierenden sich gegenüber den Volksvertretungen zu verantworten haben, ist für mich mehr als ein Formalismus: selbiges Volk muss sich vertreten fühlen und wahrnehmen, dass seine Belange gewahrt werden.
Die Natur dieser Vorbedingungen schließt ein radikales Umkrempeln bestehender Entscheidungswege und  -strukturen aus.
Wäre es dennoch möglich, die Minister, Staatssekretäre usw. primär nach Kompetenz, Eignung und Qualifikation zu besetzen? Beim Kanzler wird’s schwierig – er wird vom Bundestag wer sollte so eine Auswahl vornehmen?
Dies halte ich zumindest für möglich – Einstellungstests und Bonitätsprüfungen für Spitzenpositionen sind in der Privatwirtschaft heute selbstverständlich. Starre mathematische ‘Einstellungskriterien (IQ, EQ oder eine Abschlußnote) sind ungeeignet.
Statt werden zunächst K.O.-Kriterien abgecheckt und nach dieser Vorauswahl finden Assessment Center (möglichst über mehrere) Tage statt – nach meiner Erfahrung werden dabei die besten Einstellungsentscheidungen getroffen. Weshalb sollte ein vergleichbares Verfahren nicht auch in der Politik eingeführt werden?

Haben der Bundestag und die Länderparlamente ein Interesse daran, jeglichem Dilettantismus vorzubeugen? Falls dem so ist, könnten die Parlamente beispielsweise Kriterienkataloge definieren und ein Auswahlgremium mit einer fachlichen Vorauswahl beauftragen. Hier sollten m.E. in sachgerechter Weise auch wirtschaftliche Bonität und ein einwandfreies Führungszeugnis Berücksichtigung finden. Ein letzter Entscheidungsvorbehalt der Volksvertreter denkbar, doch als Belohnungsgeschenk für engagierte Wahlkämpfer sollte keine politische Funktion missbraucht werden dürfen.
Dass der Bundeskanzler sich ein Kabinett ‘aussucht’ ist für mich ebenso ein Unding als das Verschachern der Ministerposten in Koalitionsverhandlungen.


Gerhard Zeitler hat sich hier mit möglichen Inhalten von Eignungstests für Politiker. Er stellt sinnvolle Kriterien vor nennt “Testfragen zur sozialen und ökologischen Kompetenz von politisch Verantwortlichen”. Daneben findet er deutliche Worte:
“Die zunehmende Wahlenthaltung ist ein alarmierendes Anzeichen für den Niedergang unserer demokratischen Kultur und die Gefährdung unseres Gemeinwesens. Weil von keiner politischen Partei überzeugende Lösungen für die soziale und ökologische Krise angeboten werden, breitet sich politische Lethargie aus, und die Hoffnung auf eine selbstbestimmte Zukunft schwindet.
Es gelte klarzustellen, dass die Krise eine Folge des Eigennutzes und der Indoktrination einer Minderheit sei. Für Zeitler steht ökonomische und ökologische Kompetenz im Vordergrund – angesichts der momentanen Zustände mehr als verständlich.
Ebenso wichtig sind m.E. jedoch die ressortspezifischen und charakterlichen Voraussetzungen für jeden, der ein große politische Verantwortung übernehmen will.

Keine Elite der Genies

Ich verwende bei meiner Überlegung ausdrücklich keine Begriffe wie ‘Geniokratie’ – denn so genannte Genies haben nicht selten persönliche Defizite; manche von ihnen sind eher ‘inselbegabt’. Von der ‘Herrschaft der Klügeren’ ist es nicht allzu weit bis zum „Führerprinzip“.
Insoweit ist jegliche auf Elitenbildung angelegte Ideologie ist verzichtbar – allerdings befördern Parteibuch-Karrierismus und Medienpräsenz ohne fachliche Auswahl kaum gute Personalauswahl. Aber ‘Eignung’ sollte man erwarten dürfen.

Es leuchtet ein, dass es nur nach fachlichen Kriterien ausgewählte Idealisten schwer fiele, in der politischen Arena zu bestehen. Vermutlich würden sie von den Kennern des Systems so lange vorgeführt und ausmanövriert, bis sie entnervt und desillusioniert ihren Hut nähmen.
Haben wie etwas vergleichbares nicht bei Horst Köhler und anderen erlebt?

Dieser Gedankengang ist noch nicht bis zuende gedacht; ein konzeptioneller Ansatz fehlt ganz und ich habe auch nicht verraten, wie denn die genannten Vorbedingungen erfüllt werden könnten.
Zunächst wäre zu prüfen, ob eine Modifikation unseres ‘Systems’ dahingehend zweckmäßig wäre, dass Eignung und Qualifikation maßgeblich für die Besetzung politischer Verantwortlichkeiten werden – anstatt Parteizugehörigkeit oder gute Kontakte zu Interessengruppen bzw. deren Vertretern. Die Frage der Machbarkeit solcher Korrekturen ist zu prüfen, darf aber nicht instrumentalisiert werden.-

Verantwortung tragen nicht nur die da oben’

Wie auch der bereits erwähnte Autor Gerhard Zeitler betont, reicht es kaum, bei ‘den Politikern’ alle Schuld zu suchen. Jeder Bürger trägt politische Verantwortung, als Wahlberechtigter und durch eigenes Mitwirken:
“Denn Kraft und Richtung der Politik speisen sich einzig aus dem Druck von unten.”
Wenngleich diese Option durch das Wahlvolk immer sparsamer und halbherziger ausgeübt wird, sind sind die demokratischen Elemente der Legislative nicht etwa zu beschneiden, das Gegenteil wäre zu überdenken:
Ist es sinnvoll und machbar, auf Landes- und kommunaler Ebene das Expertenwissen ‘normaler’ (außerhalb der Politik tätiger) Personen weit stärker in die Entscheidungsfindung einzubeziehen als bisher? Ich denke da an nach fachlich Eignungskriterien zu besetzende Gremien, denen nicht nur eine Beratungsfunktion zufällt.

Die sich abzeichnende Spaltung der Bevölkerung in einen inneren, ‘wissenden’ Zirkel und eine Gruppe vermeintlich Unwissender sollte unbedingt unterbunden werden. Hierzu könnten parallel basisdemokratische Elemente gestärkt werden – allerdings unter der Maßgabe, dass sich mit den Themen intensiv befasst, zu denen man in Diskussionsrunden etc. angehört wird. (Die Zurschaustellung von Statements aus einer spontanen Befragung des ‘Britt’-Klientels meine ich damit jedenfalls nicht.)
Natürlich kann nicht jeder über alles mitreden und mitentscheiden. Dadurch würde jede Gemeinschaft handlungsunfähig. Auch Volksentscheide eignen sich m.E. denkbar schlecht – keineswegs muss die unreflektierte Mehrheitsauffassung auch richtig sein.

Denkbar ist eher, die o.a. Expertengremien stets mit einem Anteil ‘interessierter Laien’ zu besetzen – falls so etwas wie ein gesundes Volksempfinden existiert, würde es dadurch Gelegenheit zur Mitwirkung erhalten.

Ob die Einbindung plebiszitärer Elemente (etwa die genannten ‘Bürger-Beiräte’) neues Vertrauen und Akzeptanz in das politische System und seine Akteure schaffen kann? Dies lässt sich jedenfalls nicht dadurch herausfinden, dass solche Ansinnen ungeprüft verworfen werden – nach dem Motto ‘das bringt nix und kostet nur’.

Hat das nicht Zeit?

Warum gerade jetzt die politischen Strukturen verändern – wo uns doch dringliche Probleme ernste Sorge bereiten?
Hierzulande herrschen derzeit noch paradiesische Zustände – relativ zu vielen anderen Regionen betrachtet. Erwarten wir ernsthaft, dass dies immer so bleibt?
Ich möchte eine Zuspitzung ökologischer (und ökonomischer) Krisen nicht herbeireden – doch lässt sich nicht ausschließen, dass energiepolitische Regelungen unsere Freiheiten (z.B. unsere individuelle Mobilität) einschränken werden.

In einer solchen Phase (wenn sie denn vor uns liegt) ist es noch unerlässlicher als bisher, dass die Bevölkerung ihrer ‘Führung’ vertraut – und dass dieses Vertrauen gerechtfertigt ist. Beides geschieht nicht automatisch; vielmehr muss m.E. sichergestellt werden, dass anstehende Weichenstellungen
  • von den Personen getroffen werden, die dazu in jeder Hinsicht die nötige Kompetenz und Integrität besitzen.
  • in einer Weise erfolgen, dass eine Einbindung der Bürger in vertretbarem Maße gegeben ist – und zwar rechtzeitig.
  • der Bevölkerung als Notwendigkeit vermittelt werden können.
Den öffentlich-rechtlichen TV- und Radioanstalten kommt hierbei eine bedeutsame Vermittlungs- und Aufklärungsfunktion zu. Indem sie diese wieder gewissenhaft ausübten, würden sie ihre Existenzberechtigung eher nachweisen als durch diffuse ‘Analysen’ einer angeblichen Abschiedsvorstellung der Menschheit.