Donnerstag, 18. Dezember 2014

Weihnachten, eine abendländische (Konsum-)Tradition

"Überhaupt verschwindet alles Schöne."

Nee, das sehe ich nicht so. Früher war nicht alles schöner ...und schon gar nicht besser. Bekanntermaßen stellt die Erinnerung mit zunehmendem Alter fiese Fallen. Dennoch, im Laufe der Jahre ist das weihnachtliche Getue verkommen zu einer dreitägigen Alibi-Veranstaltung:

Fressen-Saufen-Auspacken. Und Umtauschen.

Einzelhandel und Internetversandhäuser stellen sich auf massenhafte Retouren innerhalb der Rückgabefrist ein. Weitere 40 Prozent des verschenkten Geraffels werden alle Jahre wieder in heimischen Schuh- oder sonstigen Schränken verrotten, sofern sie nicht "fast neu" auf Ebay vertickt werden.
Umweltbilanz? Drauf geschissen, es ist schließlich nur einmal im Jahr Weihnachten.

Sich dem gänzlich zu entziehen, ist alles andere als leicht - sofern man nicht in einer abgelegenen Almhütte überwintert.

Denn: Es weihnachtet, wohin man auch blickt. Durch hell beleuchtete Einkaufsgalerien schlurfen Weihnachtsmänner (jene Werbefiguren weihnachtlichen Schenkens, 1931 von CocaCola aufgegriffen und weltweit vermarktet) vorbei an Schaufenstern voller Rolf-das-rotnasige-Rentier-Socken, den nicht enden wollenden Klang von Zuckowski's „Weihnachtsbäckerei“ in den dröhnenden Ohren. Für die 'kaum' wahrnehmbare Glühweinfahne gewerblich tätiger Nikoläuse habe ich vollstes Verständnis, auch um 13.10h.


Jahresendgeschäft für die Süßwarenhersteller: Die Deutschen können dieses Jahr 146 Millionen Nikoläuse (fr)essen - während sie sich via TV vom Überlebenskampf der Bürgerkriegsflüchtlinge unterhalten lassen.


Brave Kinder schreiben in der Adventszeit Briefe mit Wünschen an's Christkind - Orientierungshilfe für Eltern im vorweihnachtlichen Einkaufs-, Nordmann-Tannen- und Back-Stress. Das Fest der Liebe, der Kalorien und der Rührseligkeit naht unaufhaltsam.


Distanzierte Beobachter - jene Zaungäste, die an allem etwas auszusetzen haben, weil ihnen das Gespür fehlt für die verbindende Kraft abendländischer (Konsum-)Tradition - stellen derweil Indizien unter dem Sammelbegriff "Geschmacklose Weihnachten" zusammen.


Sogar 'Die ZEIT' stellte vor einem Jahr fest: fest „Schenken bringt nichts“, denn Weihnachtsgeschenke seinen in der klassischen Ökonomie purer Quatsch - und führten allein zu Wohlfahrtsverlusten:
"An Weihnachten nimmt die Irrationalität der Menschen ungewöhnliche Ausmaße an. Sie kaufen und kaufen und kaufen: Dinge, die niemand haben will und niemand braucht. Dinge, die einmal teuer produziert wurden und nach Heiligabend im Regal verstauben. Krawatten, Pullover, Sandwichtoaster. 
Sie nennen das Schenken. Für die klassische Ökonomie ist das großer Quatsch. Dem Homo Oeconomicus graut vor Weihnachten. Er denkt: Die Welt wäre eine bessere ohne Weihnachtsgeschenke.
Als Beschreibung der Gegenwartssituation lasse ich diese Beschreibung gelten - obgleich der 'Nutzen' bzw. das Ziel des Schenkens einstmals darin bestanden haben soll, geschätzten Menschen eine Freude zu machen.
Unökonomisch vielleicht. Aber nicht lieblos.

Mit der "Red Bull Weihnachts-
Werbung" aus dem Jahr 2007 schien das denkbar größte Maß an respektloser Geschmacksferne erreicht zu sein:





Dagegen ist das diesjährige CocaCola -Motto zu Weihnachten bemerkenswert ehrlich:
"Make someone happy" - Mache anderen eine Freude ...vor allem der Konsumingüterdustrie, indem du möglichst viel Geld für nutzlosen Tand ausgibst.
Kein Wohlwollen hilft, falls ich es denn aufbrächte: Was ich sehe, sind Anzeichen sinnentleerten, unreflektierten Konsumterrors mit Terminvorgabe. Und doch:

Dieses Fest soll anders werden- dank Jesus:


Mit einer Jesusfigur aus Schokolade fülle der Duisburger F. Oynhausen eine "kulinarisch-religiöse" Marktlücke, stellt Martina Herzog (→ "Jesus ist soo lecker") fest.


Tja, in einer Zeit wie dieser ist Jesus patentiert und aus Schokolade.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Höhlenforschung: Tore zur Unterwelt (aktualisiert)

Dokumentationsreihe über die Entdeckung eines Systems "uralter, unterirdischer Gänge" im Raum Vorau (Steiermark, Österreich)


Bei Umbauarbeiten wird im Dachstuhl eines Bauernhofs eine Jahrhunderte alte Kanonenkugel gefunden. Darin entdeckt man einen Plan, der auf ein Labyrinth von unterirdischen Gängen verweist - Ausgangspunkt zu einer Reihe erstaunlicher Forschungsergebnisse und Entdeckungen aus vorchristlicher Zeit. Die Höhlenforscher Ingrid und Heinrich Kusch begannen mit der Erforschung des viele Kilometer langen und offenbar in größere Tiefe führenden Gangsystems und "stießen dabei immer wieder auf Einzelheiten, für die es keine Erklärung gibt".

Unklar ist bislang, weshalb viele Zugänge 
zu unterirdischen Gangsysteme vermutlich im Mittelalter absichtlich und mit gewaltigem Arbeitsaufwand verschlossen wurden. Dabei wurden man die Einstiege mitunter geflutet und so mit vielen Tonnen Schwemmsand verfüllt. 

"Wollte man das Wissen um eine unbekannte vorchristliche Kultur ein für allemal aus dem Bewusstsein der Menschen löschen? Oder fürchtete man sich gar vor etwas aus den Tiefen der Erde?"
Unter dem alten Kloster Vorau fanden die beiden Archäo-Speläeologen mit einem Bodenradar ein unterirdisches, über mehrere Etagen verlaufendes Netz von Gängen aus ältester (prähistorischer?) Zeit. Hier wird eine Art "Zentrale" vermutet, deren Erforschungen sich aufgrund der Tiefe, Weitläufigkeit und hoher Kosten noch länger hinziehen wird. 

Diese knapp zweistündige Filmdokumentation ist sehr ausführlich und versorgt den Zuschauer nebenher mit mit Wissenswertem über steinzeitliche Bauten (z.B.) Menhire sowie deren Bedeutung für ihre Erbauer. 

Deutlich wird auch, wie zerstörerisch der Katholizismus in früheren Jahrhunderten mit 'heidnischen' Bauten und Relikten verfahren ist.
Interessant ist auch die Bezugnahme auf lokale Sagen und Legenden, in denen die erforschten Höhlensysteme eine Rolle spielen. Ein Beispiel:





Montag, 3. November 2014

Gaucks Aussagen über eine mögliche Regierungsfähigkeit der Partei 'Die Linke'

Der Wortlaut des am 2.11.2014 mit Herr Gauck geführten Interviews findet sich u.a. hier auf tagesschau.de.

Das Aufgabenprofil eines Bundespräsidenten ist eigentlich klar definiert: im Grundgesetz steht nichts definitiv davon, dass das deutsche Staatsoberhaupt die Rolle eines informellen Schiedsrichters bei der Aufstellung von Regierungskoalitionen ausübt.

Dies hält den gegenwärtigen Amtsinhaber freilich nicht davon ab, skeptische bis abwertende Aussagen über eine mögliche thüringische Landesregierung unter Führung der Linkspartei abzusondern. Öffentlich, nicht etwa im kleinen Kreis.

Es ist ein merkwürdiger Spagat, den Gauck mit seiner 'Ja, aber'-Haltung vollzieht:

Einerseits:
"...wir sind in einer Demokratie. Wir respektieren die Wahlentscheidungen der Menschen"
Doch anderseits stellt er Suggestivfragen:
[und wir] "fragen uns gleichzeitig: Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?"
Die so angestoßene Debatte mag - gerade aus der Sicht früherer DDR-Einwohner, die den SED- und Stasi-Unrechtsstaat noch miterlebt haben - ihre Berechtigung haben. Sie könnte hinterfragen, inwieweit die personelle Erneuerung der einstigen SED-Nachfolge-organisation ausreicht, um deren verfassungskonforme und demokratische Ausrichtung zu ermöglichen.

An dieser Debatte könnte sich eine Privatperson Joachim Gauck angesichts eigener Erfahrungen in und mit der DDR fraglos beteiligen. Als Bundespräsident jedoch steht es ihm nicht zu, die getroffene Wahlentscheidung der Menschen in Thüringen in dieser Weise wertend zu hinterfragen:

"...es gibt Teile in dieser Partei, wo ich - wie viele andere auch - Probleme habe, dieses Vertrauen zu entwickeln."
Diplomatische Verklausulierungen ändern wenig an deren Inhalt. Im Grunde hat es nicht zu interessieren, ob ein Bundespräsident - der seinen Wohnsitz zur Zeit sicherlich in Berlin und nicht in Thüringen hat - dieses Vertrauen entwickelt zu einer Partei oder nicht.

Entscheidend ist vielmehr, dass das Wahlergebnis im Bundesland Thüringen auf demokratischem Weg erzielt wurde. An dieser Wahl waren auch Menschen beteiligt, die die DDR mit ihren "Wahlen" und Einheitslisten erlebt haben. Deren Wahlentscheidung ist uneingeschränkt zu respektieren.


Sollten sich in der kommenden Legislaturperiode in Thüringen berechtigte Zweifel an der Verfassungstreue einer Regierung unter Führung der Linken ergeben (was ich persönlich für ausgeschlossen halte), obliegt eine diesbezügliche Kontrolle bzw. Prüfung dem thüringischen Landesverfassungsgericht.-
"Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren."
Auch in Bezug auf die Person und den Werdegang Gaucks ist eine derartig negative Äußerung unverständlich: Weniger moralisierende Worte, dafür eine deutlichere Betonung des Versöhnungsgedankens stünden ihm gut zu Gesicht.




Freitag, 15. August 2014

Vortrag: Intelligent Design als alternatives Konzept zur Evolutionslehre?

Die Diskussionen, welche einen vermeintlich unversöhnlichen Gegensatz zwischen der Evolutionstheorie und der Annahme eines (göttlichen) Designers thematisieren, werden zumeist mit unerträglicher Emotionalität geführt.
Da behaupten sog. Junge-Erde-Kreationisten, die Entstehung des Lebens und der Arten sei exakt so verlaufen, wie es auf 2 oder 3 Seiten im Buch Genesis des A.T. beschrieben ist. Kommen sie in Erklärungsnöte (z.B. angesichts eines Milliarden Lichtjahre großen und entsprechend alten Universums), ziehen sie sich auf apodiktische Aussagen (Bibel=Gottes Wort=unfehlbar) zurück.
Im Gegenzug sind (Neo-)Darwinisten sich nicht zu schade für die Aussage, wer nicht an die Evolution glaube, müsse entweder verblödet oder boshaft sein (vgl. Dawkins).

Einige Anmerkungen zu den Begrifflichkeiten:

Kreationismus impliziert die Deutung, dass die im Buch Genesis benannten 6 Schöpfungsphasen jeweils 24-Stunden-Tage dauerten; jede wissenschaftliche Forschung habe sich grundsätzlich diesem konservativ-biblischen Dogmatismus (d.h. der Autorität von "Gottes Wort") unterzuordnen. 
Religiöse Schöpfungslehren gehen von der Existenz eines Schöpfer(gotte)s aus, ohne sich auf Zeiten und Prinzipien der Schöpfung dogmatisch festzulegen. Anders als der Kreationismus sind hier Naturwissenschaften zur Erkenntnisgewinnung uneingeschränkt zulässig und werden als notwendig erachtet. In der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts hat sich die Katholische Kirche einer solchen Lehrmeinung schrittweise angenähert.
Intelligent Design (ID) gibt vor, auf religiöse Quellen gänzlich zu verzichten; seine Befürworter verstehen ID als naturwissenschaftlichen Erklärungsansatz und versuchen, in der Natur mit wissenschaftlichen Methoden zwischen Zufall und Design zu unterscheiden. Formal lässt ID die Frage nach der Identität des Designers offen; insoweit ist ID auch ein nicht-religiöser Forschungsgegenstand denkbar (Z.B. geht auch die grenzwissenschaftliche Präastronautik von einem partiellen Design (zumindest beim Homo Sapiens) aus - wobei als Designer hier eher Außerirdische unterstellt werden und die Frage nach einem Ur-Schöpfer unbeantwortet bleibt. 
Beiden Seiten (tatsächlich handelt es sich eher um zwei Pole, denn die verschiedenen Positionen sind überaus facettenreich) ist eines gemeinsam: sie müssen sich bislang mit lückenhaftem Wissen (im Sinne empirisch überprüfbarer Fakten) zufrieden geben. Weder lässt sich die Existenz eines Schöpfers beweisen noch die zufallsbedingt Abiogenese, d.h. die Entstehung von Lebewesen aus unbelebter Materie.

Da von Jahr zu Jahr etliche Wissenslücken auf dem Gebiet der Naturwissenschaften geschlossen werden, tue ich mich schwer damit, einen anzunehmenden Schöpfer auf das jeweils noch Unerklärbare zu reduzieren - ein solcher Gott wäre ein Interimmanager (z.B. von Übergängen zwischen Arten) oder schlichtweg ein Lückenbüßer.


Dieser Vortrag auf YT von Prof. Wolf-Ekkehard Lönnig (vormals Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, MPIZ) führt in die Thematik ein.


Es lässt sich mindestens darüber streiten, ob ID aus wissenschaftstheoretischen Erwägungen überhaupt ein Gegenstand der Naturwissenschaften sein kann. Es gibt m.E. gute Gründe, dies strikt zu verneinen. Dieser insbesondere vor US-amerikanischen Gerichten verbissen geführte Streit (u.a. ob ID im Biologieunterricht öffentlicher Schulen gelehrt werden darf) ist für mich persönlich aber zweitrangig.


Wesentlicher sind nach meinem Empfinden zwei Fragestellungen:

Was dran ist an der Argumentationslinie der ID-Befürworter?
  • Existieren Belege für die behauptete "nicht reduzierbare Komplexität"? Oder handelt es sich bei den genannten Beispielen lediglich um Fälle, für die Evolutionskritiker sich subjektiv nicht vorstellen können, wie eine schrittweise Entwicklung durch die Prinzipien von Mutation und natürlicher Selektion/Rekombination erfolgt sein könnte?
  • Angenommen, die Evolutionsbiologen beschreiben die Prinzipien der Entstehung von Arten in zutreffender Weise - lässt sich daraus zwingend auf die Nichtexistenz bzw. Nicht-Interaktion einer schöpferischen Intelligenz schließen? 
  • Ist die Entstehung komplexer Information (wie sie das menschliche Genom repräsentiert) allein durch natürliche Auslese und Beibehaltung zufällig erworbener Vorteile erklärbar?
  • Wie gestaltete sich der Übergang von Lebensformen aus der präkambrischen Zeit (Zeitraum von der Entstehung der Erde vor ca. 4,6 Milliarden Jahren bis zur Entwicklung der Tierwelt zu Beginn des Kambriums vor etwa 540 Millionen Jahren)? Im frühen Präkambrium herrschten ganz andere chemische und klimatische Voraussetzungen als später. In dieser Anfangsphase entstanden erste Lebewesen wie z.B. Cyanobakterien (vgl. Stromatolithen), von denen aber nur wenige Fossilien erhalten sind. Über die kausalen Zusammenhänge der "kambrische Explosion" des Lebens kann bislang nur gemutmaßt werden.

Rezente Stromatolithenkolonie
  • Ebenso klafft im Fossilbericht zwischen Wirbellosen und Wirbeltieren eine bislang nicht überbrückbare Lücke - die Entwicklung eines Endoskeletts ist ein vom Exoskelett der Wirbellosen grundsätzlich verschiedenes Konzept.
  • Inwieweit kann die Panspermie-Hypothese zumindest beantworten, welchen Anfang das Lebens auf der Erde nahm - wengleich sie nicht die Frage nach der Entstehung des Lebens an sich klärt?
  • Somit lautet die Kernfrage: Ist die Formel "Naturgesetze mal Zufall mal sehr viel Zeit = komplexe Lebensformen" eher plausibel als die Existenz eines 'Designers'?
Bestehen nach heutigem Kenntnisstand berechtigte Zweifel an Kernaussagen der Evolutionslehre?

Hier kommt es offenbar darauf an, welchen Naturwissenschaftlern man Glauben schenkt, denn die geäußerten Ansichten sind alles andere als homogen.

Der australische Molekularbiologe Michael Denton ("A Theory in Crisis") stellt allen Ernstes fest: 
„Es darf heute als gesichert gelten, dass die Vielfalt der Lebewesen auf der molekularen Ebene mit einem geordneten System übereinstimmt. Jede Klasse ist auf der molekularen Ebene [in Bezug auf die DNA] einzigartig, isoliert und mit anderen durch keine Zwischenformen verbunden. So zeigen die Moleküle ebenso wie die Fossilien keine Übergänge, die man auf Grund des Langzeitmodells so lange gesucht hat.
Auf der molekularen Ebene gibt es keine ‚Vorfahren’, ‚Primitive’ oder ‚Höherentwickelte’ (...) Die Natur scheint mit dem nichtevolutiven und allumfassenden System übereinzustimmen, das die großen Anatomen des neunzehnten Jahrhunderts aufgestellt hatten. (...) Es besteht kein Zweifel, dass wenn diese molekularen Tatsachen vor einem Jahrhundert bekannt gewesen wären, diese mit einem verheerenden Effekt von den Gegnern der Evolutionstheorie ins Feld geführt worden wären. Die Idee der organischen Evolution wäre dann kaum akzeptiert worden.
Nach der Evolutionslehre sollte sich ein weitgehend vollständiger Fossilbericht der Abstammungslinien von Lebewesen konstruieren lassen, an denen über lange Zeiträume zwar langsame, aber kontinuierliche Veränderungen (Fortschritte) nachvollziehbar wären. Nur wird "der Fossilbericht diesen Erwartungen nicht gerecht, da einzelne fossile Arten selten durch bekannte Übergangsformen miteinander verbunden sind. Bekannte fossile Arten scheinen sich sogar in Millionen von Jahren nicht weiterzuentwickeln.“ (New Scientist)
Zwischen Tieren und Pflanzen sind  keine fossilen Übergangsformen bekannt. Immerhin werden sog. Eipilze als rezente Übergangsformen zwischen Pflanzen und Pilzen interpretiert, da sie Merkmale beider Stämme aufweisen.
Dafür, dass von der Evolutionstheorie vorhergesagte Entdeckungen solcher Übergangsformen oder Missing Links selten zu finden sind, werden mehrere Erklärungen angegeben.

Abiogenese - der erste Schritt zur Entstehung einfacher Lebensformen
  • Der Wikipedia-Artikel über Selbstorganisation erklärt: "In Prozessen der Selbstorganisation werden höhere strukturelle Ordnungen erreicht, ohne dass erkennbare äußere steuernde Elemente vorliegen."
  • Dem hält J.W. Sullivan ("The Limitation of Science") entgegen: "Die Hypothese, dass Leben aus anorganischer Materie entstanden ist, ist gegenwärtig noch ein Glaubensartikel."
Hier sehe ich den eigentlichen Knackpunkt einer Auffassung, welche die Abiogenese zufallsbedingt aus unbelebter Materie postuliert: Ein solcher Vorgang wurde bislang nicht annähernd nachgewiesen. Zwar haben Versuche die spontane Entstehung von Aminosäuren (Miller-Urey-Experiment) in einer 'Uratmosphäre' belegt - doch die anschließenden Schritte zu höherer Komplexität von Proteinen und gar rekombinationsfähigen Nukleinsäuren (RNA/DNA) sind abgesehen von Mutmaßungen offen.

Es ist ein wenig wie mit der Henne und dem Ei: Proteine werden aufgrund der codierten Anweisungen der DNA synthetisiert, die DNA ihrerseits setzt das Vorhandensein von bereits vollständigem Proteinmaterial voraus. Hinzu kommt eine zur Funktionalität des Zellkerns unerlässliche Faltung oder Stauchung des molekularen Erbgutes durch eine weitere Reihe komplexer Proteine (sog. Histone) - eine zufällige Entwicklung dieser Proteinstrukturen in Verbindung mit der eigentlichen DNA wird von etlichen Biologen mindestens kritisch hinterfragt.


Vermutungen hierüber stellen die alles "Übernatürliche" ablehnenden Autoren des u.a. Videos zusammen:


Entstehung des Lebens (Abiogenese)


Zutreffend ist sicherlich die zu Beginn des Films erhobene Forderung, zwischen der Evolutionstheorie und einer Hypothese zur Abiogenese zu differenzieren: Abiogenese klärt die Entstehung des Lebens, während Evolution sich mit den Entwicklungsschritten bereits existierender Lebensformen ("Arten") befasst.
Auch wenn es nicht alle Fragen beantwortet, scheint der skizzierte Ablauf plausibel, wie im wasserreichen Milieu der jungen Ozeane Proteine und Vorläufer zellartiger Strukturen entstanden sein könnten. Doch es wird m.E. nicht beantwortet, wie die in späteren DNA-/ RNA-Molekülen hinterlegte Information entstanden sein soll. 
Als Nichtwissenschaftler gestatte ich mir die intuitive Annahme, dass die komplexe, allen Lebensbausteinen zugrunde liegende Information sich nicht 'von selbst', d.h. ohne ein schöpferisches Prinzip erzeugt haben kann.-


Kommen Hypothesen zur Entstehung des Lebens ohne ideologisches Fundament aus?


Abschließend möchte ich noch das Argument aufgreifen, laut dem erfundene Schöpfungslehren und Religionen ein vermeintlich nutzloses, sogar schädliches Überbleibsel der sozialen Evolution sein sollen. Funktioniert natürliche Auslese nicht genau anders herum, indem sie Vorteilhaftes beibehält und Nachteiliges eliminiert? Warum also schleppt der Homo Sapiens eine derart nutzlose Errungenschaft zig Jahrtausende mit sich?
Tatsächlich deuten Untersuchungen darauf hin, dass ein ethisch-religiöses Konzept durchaus geeignet ist, die Lebenserwartung des Menschen signifikant zu vergrößern. Hier klingt auch die These Ludwig Feuerbachs an, laut der menschliche Wünsche, Sehnsüchte und alles Unerklärliche auf einen fiktiven Gott projiziert werden...was zweifellos zutrifft, aber was sagt dies über die tatsächliche Existenz eines Gottes/von Göttern aus? Unabhängig davon betrachte ich solche Aussagen als Scheinargument: es belegt allenfalls die Existenz und Nützlichkeit religöser Glaubensvorstellungen - liefert aber keine Anhaltspunkte für die in diesem Beitrag eigentlich thematisierte Frage, ob Leben nur durch Einflussnahme einer kreativen Intelligenz entstehen kann.

Eher mag die Astrophysik hilfreiche Indizien zu liefern, etwa anhand der unfassbar präzisen Feinabstimmung universaler Naturgesetze und -konstanten. Daraus lässt sich zwar keinesfalls eines der Gottesbilder bekannter Religionen herleiten, doch dies ist auch nicht meine Ausgangsfrage, ob ein ('ideologiebefreites') Intelligent Design eine zulässige Alternative zur Evolutionslehre darstellen kann. Fairerweise muss ich mich dann auch fragen, ob jemals eine Hypothese zur Entstehung von Allem/des Lebens ohne weltanschaulichen Unterbau auskommen wird.


Zwar stehen faktenbezogene Fragen für mich im Vordergrund, und nicht der ideologische Background eines Vortragenden. Diesen Hintergrund zu kennen (und bei der Beurteilung des jeweiligen Vortrages zu berücksichtigen) ist indessen auch von Bedeutung. Diese Kenntnis hilft auch dabei, nicht alle Evolutionskritiker in einen Topf zu schmeißen; es sollte m.E. durchaus zwischen dogmatischem Kreationismus und einer weitgehend naturwissenschaftlich begründeten Position zur ID-Hypothese differenziert werden.


Lönnig (s.o.), der als 'umstrittener Evolutionskritiker' bekannt wurde und den Zeugen Jehovas angehört, vertritt insoweit nachvollziehbar nicht nur die Intelligent Design-Hypothese, sondern zugleich eine eng an die Bibel angelehnte Schöpfungslehre. Er betont:

"Es geht in der vorliegenden Diskussion nicht um "Evolutionsbiologie vs. Kreationismus", sondern um Synthetische Evolutionstheorie vs. Intelligent Design."
Dagegen urteilte der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera, es gebe "international akzeptierte Grundsätze der Naturwissenschaft Biologie", die jeden Deutungsversuch im Sinne der ID-Hypothese verbieten würden. Ist dies nicht kurzsichtig? Falls ID nicht Gegenstand naturwissenschaftlicher Forschung sein kann, bedeutet dies keineswegs die Sinnhaftigkeit eines Denk- und Forschungsverbotes. 

Abgeschmackt sind dagegen sämtliche Versuche, die Evolutionslehre mit plaktiv-abstrusen Wahrscheinlichkeitsaussagen zu widerlegen. Etwa in dem Sinne: "Dass ein Mensch 'von selbst' entsteht, ist genauso wahrscheinlich, wie der zufallsbedingte Zusammenbau eines Flugzeuges aus zig-tausend Einzelteilen." Solche Vergleiche sind schlicht unzutreffend, weil sie die makro-evolutionären Prozesse nicht mit einer korrekten Verkettung Wahrscheinlichkeiten abbilden...die Natur fängt schließlich nicht jeweils bei Null an und macht bekanntlich auch keine ("übernatürlichen/unnatürlichen") Sprünge...

So sehr mich als Laien die Frage nach dem Ursprung des Lebens fasziniert, es erweist sich als mühsam, solche Diskussionen zu verfolgen - eben weil 'Fakten' von nahezu allen Teilnehmern im Sinne ihrer persönlichen Weltanschauung verzerrt bzw. bewusst unvollständig präsentiert werden. Lönnig bildet da keine Ausnahme, wenn er gegen Ende seines Vortrages "transdisziplinär" feststellt, für ihn habe der biblische Gott JHWH Universum und Leben durch sein Wort geschaffen. 

Hierdurch entsteht dann doch der Eindruck, als werde ID pseudowissenschaftlich instrumentalisiert, um letztlich subjektiv-religiöse Aussagen zu begründen. Schade, dies kommt in meinen Augen einer Disqualifikation gleich, soweit es bei der ID-Hypothese um einen ergebnisoffenen Syntheseversuch biologischer und metaphysischer Fragestellungen gehen soll. 

Montag, 23. Juni 2014

Hans-P. Dürr: "Der Urknall ist alte Physik..."

„Ein Baum, der fällt, macht mehr Lärm, als ein Wald, der wächst. Lasst uns deshalb dem wachsenden Wald lauschen!“
Ich habe erst heute erfahren, dass der von mir bewunderte und geachtete Kernphysiker Hans-Peter Dürr am 18.Mai 2014 im Alter von 84 verstorben ist. Herrn Dürr verdanke ich wertvolle Denkanstöße, nicht nur in Bezug auf die Möglichkeit einer Synthese zwischen naturwissenschaftlicher und spiritueller Weltsicht. 

Exemplarisch für die Denkweise von Professor Dürr war das im Jahr 2002 geführte Gespräch über Erkenntnisse der Quantenphysik in Bezug auf unser Denken und Handeln (s. Video). Einige Schwerpunkte daraus:
"Der Urknall ist für mich alte Physik - und inakzetabel, weil er an der eigentlichen Problematik vorbeigeht. Urknall ist...noch die Vorstellung, dass die Welt sich entfaltet hat. "
"Wir haben uns auf Erden eine Sprache zum Apfel pflücken erdacht, weshalb ich unsere (mathematische-physikalische) Sprache gerne als Apfelpflücksprache bezeichne. Nun kann man ja nicht wirklich annehmen, dass sich das Universum nach einer Apfelpflücksprache richtet!" 
Die gesamte im Universum der Gegenwart enthaltene Information wäre nach dieser 'alten' Physik von Anfang an schon in dem sich entwickelnden, entfaltenden 'Knäuel' enthalten - daran sei nicht wirklich etwas Kreatives (im Sinne einer Neu-Schöpfung). Insoweit transportiere die Urknalltheorie das Missverständnis, als sei anfangs ein mächtiges Zahnradgetriebe in Gang gesetzt worden. 
Quantentheorie besage dagegen, dass in jedem Moment etwas Neues entsteht - und etwas 'Altes' verschwindet - ohne Ursache und Wirkung.Dabei wirke die Evolution in jedem Augenblick weiter, ständig fließend: "Die Zukunft ist offen".
Der Kernphysiker vergleicht die traditionellen Naturwissenschaften mit einem Fleischwolf, der die Wirklichkeit verwurstet. Gefordert sei ein völlig neues Denken. Unsere Alltags-Wahrnehmung könne freilich nur ein statistisches Mittel dieser Prozesse wahrnehmen
Auch in einem mit der WELT 2006 geführten Gespräch erklärte der Inhaber des alternativen Nobelpreises: Wer die recht unverständliche Quantentheorie in völliger Klarheit verstanden habe, könne von der Welt nur noch in Bildern und Gleichnissen sprechen. Der Kosmos sei eine "geistig-lebendige Wirklichkeit", ein Beziehungsgefüge von Möglichkeiten, ein ständiges Geschehen voller Kreativität. Statt von Materie-Teilchen sollte man besser von "Passierchens" oder "Wirks" sprechen.
Diese Struktur der Wirklichkeit sei holistisch (ganzheitlich) - man könne sie daher nicht in einzelne Bestandteile zerlegen (= analysieren), ohne wesentliche Verbindungen und Zusammenhänge zu zerstören.
Materie lasse sich als "elektromagnetischer Schwingungsball" beschreiben: 
"Und was da schwingt, ist Nichts. Aber dieses Nichts hat eine Form."



Siehe auch:

Freitag, 20. Juni 2014

Werner Heisenberg und die Frage nach der Wirklichkeit

Hans-Peter Dürr, Anton Zeilinger und Martin Heisenberg über Leben und Werk des Wissenschaftlers und Nobelpreisträgers Werner Heisenberg (*1901), eines der bedeutendsten Physikern des 20. Jahrhunderts zählt

Von diesem Film war ich ziemlich angetan; er betrachtet nicht nur die Meilensteine auf dem wissenschaftlichen Karriereweg, sondern das gesamte Leben des Künstlers, Philosophen und Forschers Heisenberg.



Werner Heisenberg (1933)

"Wer über die Philosophie Platos meditiert, weiß, dass die Welt durch Bilder bestimmt wird." - Einige Zitate aus den Werken Heisenbergs:
  • "Aber die existierenden wissenschaftlichen Begriffe passen jeweils nur zu einem sehr begrenzten Teil der Wirklichkeit, und der andere Teil, der noch nicht verstanden ist, bleibt unendlich."
  • "Die Energie ist tatsächlich der Stoff, aus dem alle Elementarteilchen, alle Atome und daher überhaupt alle Dinge gemacht sind, und gleichzeitig ist die Energie auch das Bewegende. | Die Energie kann als Ursache für alle Veränderungen in der Welt angesehen werden."
  • "Die Entscheidung mag das Ergebnis der Überlegung sein, aber sie beendet gleichzeitig die Überlegung, sie schließt die Überlegung aus."
  • "Die Naturwissenschaft beschreibt und erklärt die Natur nicht einfach, so wie sie "an sich" ist. Sie ist vielmehr ein Teil des Wechselspiels zwischen der Natur und uns selbst."
  • "Die Quantentheorie ist so ein wunderbares Beispiel dafür, dass man einen Sachverhalt in völliger Klarheit verstanden haben kann und gleichzeitig doch weiß, dass man nur in Bildern und Gleichnissen von ihm reden kann."     
  • "Immer dann, wenn man lebendige Organismen als physikalische oder chemische Systeme betrachtet, müssen sie sich auch wie solche verhalten."   

Siehe auch:


Mittwoch, 11. Juni 2014

Quantenphysik der Unsterblichkeit

"Wie Alles mit Allem ewig verbunden bleibt", Vortrag von Dr. Rolf Froböse

Religiös bzw. spirituell veranlagte Menschen bejahen die Existenz einer unsterblichen Seele, während manche (aber längst nicht alle) Naturwissenschaftler diesem 'Konstrukt' sehr skeptisch gegenüberstehen. Rolf Froböse (*1949), ein deutscher Chemiker, Wissenschaftsjournalist und Buchautor, untersucht im u.a. Vortrag, welchen Beitrag die moderne Naturwissenschaft in diesem Kontext liefern kann. 

Dazu könne er etwaige Indizien liefern, aber keinen 100-prozentigen Beweis/Gegenbeweis.

Hierzu kommt der Wissenschaftsjournalist zunächst auf Grundlagen zu sprechen:

  • Evolutionsbiologen erklären die Entstehung von (komplexem) Leben letztlich mit dem Zufallsprinzip, d.h. durch Mutation in der Erbsubstanz und anschließende Selektion durch die jeweiligen Lebens-/Umweltbedingungen. Dem hält Frobse entgegen, dass Wahrscheinlichkeit für die 'ad hoc'-Entstehung eines Gens aus Molekülen der 'Ursuppe' bei "Eins zu 10 hoch tausend" liege.
    Das Miller-Urey-Experiment (1953) sollte bestätigen,  dass unter den Bedingungen einer postulierten Uratmosphäre eine Entstehung organischer Moleküle (Chemische Evolution), wie sie heute bei Lebewesen vorkommen, möglich ist. Doch dieses Experiment wurde 'zu früh' beendet, man gab sich mit ein paar Aminosäuren zufrieden.
     "Von der Aminosäure zum Gen ist es noch ein langer Weg." Wie wahr.

Schematischer Versuchsaufbau des Miller-Urey-Experiments (Bildquelle: wikimedia)


  • Froböse erläutert nun relativ knapp das Doppelspalt-Experiment und das Phänomen der Quantenverschränkung: Platt ausgedrückt, scheinen zwei verschränkte Teilchen augenblicklich zu wissen, was mit dem anderen gerade passiert - egal wie groß die Entfernung zwischen ist. Bekanntlich sprach Einstein von einer "spukhaften Fernwirkung" und wollte am liebsten gar nichts mit diesem ihm suspekten Phänomen zu tun haben. An der Universität Genf hat eine Gruppe um Prof. Nicolas Gisin eine Untergrenze für die angenommene Ausbreitung von Quanteninformationen geliefert: Im Experiment wurde gezeigt, dass zwei verschränkte Photonen bezüglich verschiedener Eigenschaften, unter anderem der Polarisation, mit wenigstens 10.000-facher Lichtgeschwindigkeit kommunizieren müssten, wenn sie denn kommunizierten.(Vgl. "Mysteriöses Quantenphänomen: Einsteins Spuk ist Tausende Male schneller als das Licht", SPON 2008)
Konkret führten Gisins Resulate zu der Schlussfolgerung, dass es seit dem Urknall im gesamten Universum möglich ist, dass sich Teilchen ohne zeitliche Verzögerung (= "außerhalb der Raumzeit") wechselseitig beeinflussen und "jeder von uns an diesem Dialog aktiv teilnimmt". Gisin zeigte sich überzeugt, die Menschheit stehe an der Schwelle einer neuen Epoche, eines neuen Konzeptes von Natur und Welt.

Über dieses Verschränkungsprinzip ("Alles im Universum kommuniziert in Echtzeit miteinander") sei es möglich, so Froböse, zahlreiche Phänomene naturwissenschaftlich erklären, die heute noch als „paranormal" eingestuft werden.
"Ins Jenseits, so die These, führt kein Graben, den wir überwinden müssen. Vielmehr sind wir heute bereits von diesem Jenseits umgeben, das als großes Ganzes zu verstehen ist."  



Das klingt alles so weit plausibel und deckt sich im wesentlichen mit meiner (intuitiv hergeleiteten) Überzeugung. Dennoch glaube ich, der Zeitgeist steht einer ganzheitlichen, auf eine Synthese von Physik und Metaphysik abzielende Sichtweise entgegen: 
Bis heute, sechs Jahre nach Prof. Gisins Veröffentlichung, sind keinerlei Anzeichen einer (durchaus wünschenswerten) epochalen Veränderung zu bemerken, wenn wir von einem sich weiterhin beschleunigenden technologischen Fortschritt absehen.

Sonntag, 26. Januar 2014

Können Gravitationsfelder künstlich erzeugt werden?

Die Gravitation (Schwerkraft), eine der vier Grundkräfte der Physik, bewirkt die gegenseitige Anziehung von Massen und lässt sich nach heutigem Wissensstand nicht abschirmen. Sie nimmt mit zunehmender Entfernung ab, besitzt aber unbegrenzte Reichweite. Auf der Erde bewirkt sie, dass alle Körper nach unten fallen, sofern sie nicht durch andere Kräfte daran gehindert werden. Im Sonnensystem bestimmt die Gravitation die Bahnen der Planeten, Monde usw. und im Kosmos die Bildung von Sternen, Galaxien und größeren Strukturen. Das Prinzip der Schwerkraft veranschaulicht dieses kurze Video.-

Bereits Anfang der 90er Jahre hatte Eugene Podkletnov, ein russischer Chemiker und Materialwissenschaftler, Schwerkraft-Experimente durchgeführt. Im September 1992 behauptete er, in Finnland bei Experimenten mit rotierenden Hochtemperatursupraleitern an der Universität Tampere einen Effekt der Abschirmung des Gravitationsfelds beobachtet zu haben. Ein Gegenstand oberhalb des Supraleiters habe eine geringere Gewichtskraft als normal erfahren. Weil sein Experiment konnte bisher von unabhängiger Stelle und auch von Forschern in Zusammenarbeit mit Podkletnow nicht reproduziert werden konnten, sind seine Aussagen umstritten.


Der Physiker Martin Tajmar schilderte 2008 an den Austrian Research Centers bei Wien durchgeführte Experimente zur künstlichen Erzeugung von Gravitationsfeldern. In Laborversuchen zeigte sich: bei schnell rotierenden Ringen unter sehr tiefer Temperatur tritt ein messbarer (Anti-) Gravitationseffekt (ZEIT online, 2007) auf. Nach mehr als 30.000 Durchgängen sei dieser Effekt in jedem Falle reproduzierbar.


Würde der Physikprofessor recht behalten, wäre dies eine ziemliche Sensation. Denn bisher lässt sich Gravitation bislang weder künstlich erzeugen noch abschwächen oder verstärken. Gelänge dies, wären völlig neue Antriebstechnologien in greifbare Nähe gerückt - Gravitationsgeneratoren.

"Das von Martin Tajmar entdeckte Phänomen, das dem so genannten Lense-Thirring-Effekt [...] - hiervon spricht man bei durch große Massen bedingten Verwirbelungen der Raumzeit - in seinen faktischen Auswirkungen sehr nahe steht, könnte den Ausgangspunkt für eine vollkommen neue Technologie bedeuten. Der Fantasie wird dabei viel Spielraum gewährt: Von künstlicher Schwerelosigkeit auf der Erde über verbesserte Zentrifugen und optimiertes Kurvenverhalten von Fahrzeugen bis hin zu einem auf einen entfernten Körper wirkenden Traktorstrahl reichen da die Vorstellungen."
Auf Heise.de schilderte Tajmar 2008, was man sich darunter vorstellen könne, wenn er in seinen Experimenten "die Raumzeit verwirbelt": 
"Man stelle sich eine große, rotierende Masse vor. Laut Einsteinscher Gravitationstheorie sollte diese die Raumzeit ein bisschen mitreißen. Man kann diesen Effekt anhand von Satelliten feststellen, die sich in einem polaren Orbit befinden - also sich vom Nord zum Südpol bewegen. In diesem Fall werden die Satellitenbahnen von der Erde leicht mitgedreht. Jedoch ist dieser Effekt - das so genannte Frame-Dragging - ganz, ganz klein und auch nur sehr schwer nachzuweisen."
Für mich etwas überraschend: anscheinend war es in den Folgejahren nach 2007/2008 recht still geworden um die experimentelle Erforschung möglicher Antigravitationseffekte. Wurden seine Resultate von neutralen Forscherkollegen nicht bestätigt?
Auf Wikipedia ist unter dem Stichwort "Gravitomagnetischer Effekt - nicht wiederholbare Experimente" folgendes zu finden:
"Tajmar behauptete, in mehreren Experimenten mit schnell rotierenden Supraleitern aus Niob ein gravitatives Äquivalent zum Magnetismus (ein sogenanntes gravito-magnetisches Feld) erzeugt zu haben. [...] 
Der gemessene Effekt schien trillionenmal (Faktor 10^18) so stark zu sein, wie nach der bekannten Theorie des Lense-Thirring-Effekts zu erwarten war. Tajmar hat auch eine Theorie des behaupteten Effekts entwickelt; diese wurde an der University of Canterbury, Neuseeland, in einem ähnlichen Experiment mit einem rotierenden Zylinder aus supraleitendem Blei und Laser-Gyroskopen widerlegt; eine von Tajmar später behauptete Paritätsverletzung oder andere Theorien können dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden. Neuere Arbeiten von Tajmar deuten auf eine Fehlinterpretation seiner Messresultate hin. Möglicherweise beeinflusste das zur Kühlung verwendete flüssige Helium die Messapparatur..."
Der Frage, wie nahe wir einem Antigravitationsantrieb vielleicht schon sind, geht auch die nachfolgende Dokumentation von Klaus Simmering nach:



Bereits Podkletnov könnte die richtige Spur verfolgt haben: Etliche Wissenschaftler versuchen weiterhin, die Schwerkraft mit schnell rotieren Supraleitern abzuschirmen. Andererseits steckt der Umgang mit der Schwerkraft noch in den Kinderschuhen steckt ...und bis zur Entwicklung eines funktionierenden Antigrav-Fluggerätes ist es noch ein weiter, sehr weiter Weg ...

Sonntag, 19. Januar 2014

Evakuierung der Menschheit

Fiktionale Doku auf National Geographic TV

Das Szenario ist erschreckend: Der Erde steht die Zerstörung durch einen auf Kollisionskurs befindlichen Neutronenstern unausweichlich bevor. Bis dahin bleiben noch knapp 80 Jahre Zeit. Gelingt es, alle Kräfte und Ressourcen zu vereinen, um das Überleben (eines verschwindend geringen Teils) der Menschheit zu sichern? Der Film erläutert, welche Technologien eingesetzt werden könnten, um ein riesiges Generationen-Raumschiff ("Die Arche") zu bauen ...welches wenigen Auserwählten einen Neubeginn einem fremden Planeten einen Neuanfang ermöglichen könnte.


Dem Betrachter wird - sofern er sich nicht zur genetischen oder wissenschaftlichen Elite, sondern zur Mehrheit der durchschnittlichen Individuen zählen muss - vor allem eines bewusst: 

"Weder eine einzige Person aus meiner Familie, meinem Lebensumfeld noch ich selbst gehören zu den wenigen Auserwählten, denen die Flucht von der Erde ermöglicht werden soll..." 
Nicht die Menschheit als große Schicksalsgemeinschaft unternimmt den verzweifelten Versuch, der Erde zu entkommen - sondern sie wird (in diesem Film) ungefragt dazu instrumentalisiert bzw. gezwngen, einer genetisch geeignet erscheinenden Elite zur Flucht zu verhelfen. 
"Die Teilnehmer müssten gewissermaßen biologisch perfekt sein ...man würde Menschen auswählen, die in ihrem Leben selten krank oder verletzt waren..." - wie nützlich, dass auf diesem Wege der gesamte menschliche Ausschuss ("chronisch Kranke, Schizophrene oder auch Diabetiker würde man nicht an Bord haben wollen") weg-selektiert wird. Dergleichen weckt bei mir düstere Assoziationen an Eugenik, wie sie keineswegs allein vom NS-Regime betrieben wurde.
Im Film wird klargestellt: Die Mächtigen werden bestimmen, wer mitkommt. Sie verfügen über die finanziellen Mittel und das Wissen! Eine treffende Projektbezeichnung wäre vermutlich: 'Rescuing the Rich'.

Es stellt sich die Frage, ob allein aus der Ungerechtigkeit der 'positiven Selektion' innerhalb des beschriebenen Projektablaufs nicht gewalttätige Auseinandersetzungen, Kriege und Terrorakte resultieren würden. Im Film wird das Evakuierungsvorhaben auch aus diesem Grund geheim gehalten ...ganz ähnlich wie im Doomsday-Drama "2012".

Weiterhin frage ich mich, weshalb viel Geld und Aufwand in eine Dokumentation über ausgerechnet dieses Szenario gesteckt werden, welches - verglichen mit real nachweisbaren existenziellen Risiken für das Fortbestehen der Menschheit - eher eine geringe Eintritts-wahrscheinlichkeit besitzt. Was ist die Intention hinter einem solchen Film?
  • Wird dadurch nicht ein gefährlicher Fatalismus gefördert - anstatt auf die Mobilisierung möglichst vieler Menschen bezüglich realer Herausforderungen hinzuwirken?
  • Wird nicht das Existenzrecht der ohnehin Benachteiligten indirekt infrage gestellt - spätestens dann, wenn 'es eng wird'?


Dass wir uns in absehbarer Zeit in den Weltraum aufmachen müssen, ist kaum mehr zu bestreiten. Diese Notwendigkeit besteht auch ohne einen verrückt spielenden Neutronenstern. Deshalb wünschten ich, National Geographic et al. würden sich intensiver mit realitätsnahen Projekten zur Kolonialisierung des Weltraums auseinandersetzten (an der ein großer Teil der dann lebenden Menschen partizipieren könnte) - ohne andeutungsweise eine Aufteilung in lebenswertes und unwertes Leben zu thematisieren.



Existenzielle Risiken: Stirbt die Menschheit aus?

Am 21.12.2012 'lief der Maya-Kalender ab' (oder beruhte dieser Kalender auf einem zyklischen Zeitverständnis, wie wir es heute kennen?:) Die Jahre zuvor einsetzende Hysterie zeigte freilich, wird viel Energie darauf verschwendet wird, phantasievolle Endzeitszenarien zu erfinden. Nahe liegender ist es, sich mit konkreten Zukunftsfragen und -fakten zu befassen:
Namhafte Wissenschaftler – darunter der Astrophysiker Stephen Hawking und der Mikrobiologe Frank Fenner – gehen davon aus, dass Homo sapiens wahrscheinlich aussterben wird. Lt. einem Bericht der Mailänder Tageszeitung "Corriere della sera" (2010) machte Fenner dafür "Bevölkerungsexplosion und unkontrollierten Konsum" verantwortlich. Es sei zu "bezweifeln, dass unsere Spezies das 21. Jahrhundert überleben wird".
Die doomsday clock, ("Uhr des Jüngsten Gerichts", zu deutsch Atomkriegsuhr) ist eine symbolische Uhr der Zeitschrift Bulletin of the Atomic Scientists . Sie sollte der Öffentlichkeit ursprünglich die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges verdeutlichen; doch inzwischen fließen auch Umweltdaten und andere Faktoren ein, die zum Aussterben der Menschheit führen könnten. Die Entscheidungen trifft der BAS-Aufsichtsrat gemeinsam mit einem Gremium, in dem zurzeit 18 Nobelpreisträger vertreten sind. Die Uhr spielt darauf an, es sei fünf Minuten vor zwölf, wenn ein für die Menschheit äußerst nachteiliges Ereignis unmittelbar droht. 1947 wurde sie mit der Zeigerstellung sieben Minuten vor zwölf gestartet und seither in Abhängigkeit von der Weltlage vor- oder zurückgestellt. Hatte es 2010 noch den Anschein, führende Politiker der Welt würden auf globale Bedrohungen zu reagieren beginnen, setzte sich dieser Trend in vielen Fällen nicht fort. Aus diesem Grund steht die ‘Doomsday-Uhr’ seit dem 10. Januar 2012 auf fünf vor zwölf [und seit 2015 auf 3 vor 12].

Aussterben ist ein natürlicher Prozess

Die durchschnittliche Lebenserwartung einer Spezies liegt zwischen einer und zehn Millionen Jahren; lebende Fossilien wie der Quastenflosser sind die Ausnahme. Von 1000 Arten, die einmal den Planeten bevölkerten, lebt heute nur noch eine einzige. Warum sollte das für den Menschen anders sein, solange seine Existenz auf den Planeten Erde begrenzt ist und er von den dort bestehenden biochemischen und geologischen Prozessen abhängig ist?

Vor etwa sieben Millionen Jahren trennte sich die Linie der aufrecht gehenden Menschenartigen von den Schimpansen. Seither haben etwa 25 bekannte Hominidenarten gelebt. All diese Menschen bzw. Menschenähnlichen sind inzwischen ausgestorben – bis auf den modernen Menschen Homo Sapiens. "Das ergibt eine Aussterberate von 95 Prozent…deutlich höher als beim letzten Massenaussterben vor 250 Millionen Jahren.", stellt der australische Paläanthropologe Darren Curnoe von der Universität New South Wales fest.

Das Aussterben von Gattungen und Arten ist ein fester Bestandteil der Evolution; ,alle zehn Millionen Jahre verschwindet etwa ein Drittel aller Lebensformen. Säugetiere, das habe die Forschung gezeigt, existierten in der Regel nur ein bis zwei Millionen Jahre, bis sie aussterben. Zählt der Mensch in dieser Betrachtung auch zu den Säugetieren? 

Immerhin haben wir uns der natürlichen Selektion entzogen und unser Überleben ‘künstlich verlängert’. Dies verdanken wir laut Curnoe der Verbreitung von Ackerbau und Viehzucht vor 10.000 Jahren. Davor hätten weltweit weniger als 100.000 Menschen gelebt - eine sehr kleine Population, die ohne die "Neolithische Revolution" vielleicht schon verschwunden wäre. Auch erspart uns die moderne Medizin weitgehend eine natürliche Auslese, der ansonsten die ‘Kranken und Schwachen’ zum Opfer fallen würden.

Doch wie weit reicht unsere Unabhängigkeit von den Prozessen und Gesetzmäßigeiten der Natur? Auf der geologischen Zeitskala sind gewaltige Vulkanausbrüche an der ‘Tagesordnung’, auch wenn es uns nicht so vorkommt.

In seinem Buch ‘Evolution’ schildert Stephen Baxter den Ausbruch eines Supervulkans, wie er durchaus in naher Zukunft eintreten könnte: Der nachfolgende globale Winter würde die Menschheit – die nach wie vor von tierischer und pflanzlicher Nahrung und damit von intakten Nahrungsketten abhängig ist – möglicherweise an den Abgrund drängen. Weitere Auslöschungsszenarien sind ebenfalls denkbar: Während die globalen Gefahren von “Bevölkerungsexplosion und unkontrollierten Konsum” (Fenner) derzeit noch unkalulierbar sind, erwachsen weitere Risiken aus Asteroideneinschlägen, Klimawandel, Epidemien und Nuklearwaffen.

Die Menschheit stand im Laufe ihrer Geschichte schon mehrmals vor dem Aussterben – etwa vor 74.000 Jahren nach dem Ausbruch des Vulkans Toba auf Sumatra. Gegenwärtig steht sie wieder vor einem sensiblen Kreuzungspunkt; vor uns liegen etliche 
existentielle Risiken. Naturkatastrophen können das Fortbestehen intelligenten Lebens auf der Erde ebenso bedrohen wie Ereignisse menschlichen Ursprungs: Atomkrieg, Bioterrorismus, Künstliche Intelligenz, katastrophaler Klimawandel etc. 

Insoweit unterliegen wir auch weiterhin einem Selektionsdruck: Entweder wir passen uns an und werden resilient, d.h. widerstandsfähig gegen die von uns verursachte Umweltzerstörung einerseits und Naturkatastrophen andererseits. Oder unsere hochtechnisierte, extrem vernetzte Zivilisation könnte - insbesondere als Folge des Zusammentreffens mehrerer ‘unglücklicher’ Umstände - auf ein vorindustrielles Niveau zurückgeworfen oder für immer von diesem Planeten getilgt werden. 



Falschfarben-Satellitenaufnahme des Tobasees,
einer 100 km langen und 30 km breiten Caldera eines Supervulkans


Die Tobaeruption gilt heute als gut erforschtes Supervulkan-Ereignis; 3000 Kubikkilometer Magma aus und mehr als 5000 Kubikkilometer Asche wurden ausgestoßen. Das Verhältnis von Magmaausstoß zu Ascheauswurf beträgt fast immer ungefähr 1 zu 2-3. Eine 15 Zentimeter dicke Ascheschicht bedeckte ganz Indien und eine ähnlich dicke Schicht wohl große Teile von Südostasien und China. Heute wären von einer Eruption in dieser Größenordnung je nach betroffener Region etwa 1 Milliarde Menschen betroffen. Hinzu kommt eine weltweite Abkühlung für ein bis sechs Jahre um mehr als ein Grad Celsius.
Legt sich eine nur 1 cm dicke Ascheschicht während der Wachstumszeit über landwirtschaftliche Nutzflächen, wird eine gesamte Ernte vollständig zerstört.
Das Jahr des Tamboraausbruchs 1815 wurde als "Jahr ohne Sommer" bekannt; die heutigen Auswirkungen eines Supervulkanereignisses würden deutlich schwerer wiegen. Bei einem Ausbruch in der Größenordnung von Toba könnten die Temperaturen auf der Nordhalbkugel um bis zu 10°C sinken. (Die Wahrscheinlichkeit für Ausbruch eines (kleineren) Supervulkans im 21. Jahrhundertliege insgesamt etwa bei 1-6%. Ein Toba-ähnliches Ereignis tritt allerdings nur etwa alle 500.000 Jahre auf.)
Nach Fenners Ansicht droht nicht nur der Menschheit, sondern auch zahlreichen Tierarten die Auslöschung. Diese Entwicklung sei bereits unumkehrbar, es könnte bereits zu spät sein, um Abhilfe zu schaffen. Selbst wenn die Menschen bereits etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen versuchen, werde zu vieles weiterhin auf die lange Bank geschoben. 
Der Eintritt der Menschheit ins "Anthropozän" - in der die menschliche Aktivität das Klima beeinflusst – ist vergleichbar mit globalen Katastrophen wie Eiszeiten oder Kometeneinschlägen.”
Fenner vergleicht das drohende Schicksal der Menschheit mit den Bewohnern der Osterinseln. Die Eingeborenen verwandelten durch rücksichtslose Abholzung des gesamten Baumbestandes ihre einst blühende Insel in eine Ödnis, auf der sie nicht länger überleben konnten . Die globalen Klimaveränderungen stünden noch am Anfang, es gebe aber jetzt schon beträchtliche Veränderungen in der Atmosphäre.

Fenners Freund, der Immunologe Stephen Boyden, äußert Widerspruch:

"Frank könnte durchaus Recht haben. Aber viele von uns haben immer noch die Hoffnung, dass die Menschheit sich der Situation bewusst wird und die notwendigen revolutionären Veränderungen einleitet, um die ökologische Nachhaltigkeit herzustellen."
Wir existieren nicht außerhalb der Natur

Den meisten Menschen, ob wissenschaftlich gebildet oder nicht, erscheint jedes Szenario unvorstellbar, das die Menschheit komplett auslöschen könnte. Stets bleibe aufgrund der flexiblen Instrumente, über die wir dank unserer Intelligenz verfügen, zumindest eine Restpopulation zurück, die zum Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung würde – meint z.B. der Biologe Peter Wand (USA).


Diese Sichtweise erscheint mir grundfalsch. Die menschliche Intelligenz hat sich als überaus zweischneidig erwiesen - und eine positiv wirksame Schwarmintelligenz scheinen wir nicht zu besitzen ...jedenfalls sehe ich keinerlei Anzeichen dafür.
Dominanten Spezies oder nicht - unsere Lebensgrundlagen bleiben aufs Engste verknüpft mit (dem Zustand) der Biosphäre. Unser Stoffwechsel, unser Überleben hängen weiterhin ab von einer (relativ) intakten Ökologie, in der pflanzliche und tierische Organismen existieren können. Mit etwas Glück werden wir uns in den kommenden 2 - 3 Jahrzehnten noch nicht selbsttätig an den Rand der Auslöschung bringen – doch eine globale Naturkatastrophe hätte massiven Folgen für Tier- und Pflanzenwelt – und damit auch für die Grundlagen unserer Existenz. 


Insoweit kann ich Stephen Hawking nur zustimmen, der die möglichst zeitnahe Kolonialisierung des Weltraums als einzigen Ausweg für die Menschheit sieht, sich einem globalen Auslöschungsereignis zu entziehen: "Die Menschheit könnte innerhalb der nächsten eintausend Jahre aussterben, wenn man es nicht schafft dem Planeten zu entkommen und Technologien entwickelt, um dauerhaft im All zu leben."


50, 100 oder tausend Jahre ...? Die wirren Bemühungen, möglichst präzise den Zeitpunkt festzuschreiben, wann es mit uns vorbei sein könnte, sind weder aussichts- noch hilfreich. Dies trifft erst recht auf publikumswirksame "Dokumentationen" wie 'Zukunft ohne Menschen' u.ä. zu. 
Aber:

“Selbstverständlich sind diese Gefahren real, und man muss sich wundern, dass sich unsere Gesellschaften noch immer mit vergleichsweisen Nebensächlichkeiten abgeben, statt sich um diese großen Fragen zu kümmern.” (Uwe Neuhold)
***
Erst sterben die Bienen, dann die Menschen?

Nachfolgende Dokumentation ("Die Bienen sterben aus!", Phönix) befasst sich mit einem rätselhaften Ausbleiben der Bienen, der unzureichenden Bestäubung von Nutzpflanzen und den möglichen Folgen für die Menschen.
Allein in Deutschland hat sich nach Angaben des Dt. Imkerbundes die Zahl der Bienenvölker seit 1952 von 2,5 Millionen auf heute 1,4 Million halbiert. 
Durch Varroamilben und Viren sind Bienen auf der ganzen Welt bedroht. Ihr Aussterben hätte für die gesamte Menschheit dramatische Folgen: Bienen sind ein zentrales Glied der Kette, die unser Überleben sicherstellt - von den 100 wichtigsten Nutzpflanzen der Welt werden mehr als 70 Prozent durch Bienenarten bestäubt. Mit anderen Worten: Ohne sie käme es zu dramatischen Nahrungsmittel-engpässen.