Sonntag, 16. Dezember 2012

Kl. Historie des Zweifels (am Urknall / der Existenz Dunkler Energie)

Eigentlich glaubte, die gesamte Welt der Naturwissenschaften begeistere sich für den Urknall (als Singularität und daraus gefolgert als Anfang von Allem) - bis auf ein paar isolierte 'Abtrünnige' wie Martin Bojowald.
Tatsächlich sind die Befürworter einer anderen Kosmologie weitaus zahlreicher als von mir vermutet. Eines ist dabei zu beachten: dass unser Universum in seiner Entstehungsphase sehr viel kleiner war als heute und aus einem unvorstellbar winzigen Volumen heraus immer schneller expandiert ist, wird im allgemeinen nicht oft bezweifelt. Dagegen richten sich Einwände häufig gegen die Idee eines Anfangs von Raum und Zeit (die nach der Urknalltheorie 'vorher' nicht existiert haben sollen).

Mehr noch: eine Geschichte des Zweifels lässt sich verfolgen - nachfolgend einige Stationen daraus sind in nachfolgend aller Kürze aufgeführt.
Doch scheint das Ende der Urknall-Debatte in greifbare Nähe zu rücken, wenn seit kurzem sogar Stephen Hawking einräumt, dass die Mutmaßung eines singulären Anfangsereignisses nicht viel mehr als ein Hilfskonstrukt von Astrophysikern ist, die mit ihren bisherigen Berechnungsmethoden nicht über diesen Punkt hinausgelangen…

1950: Fred Hoyle entwickelt die „Steady-State-Theorie“

"Steady state“ bedeutet so viel wie gleichbleibender Zustand. Der Privatgelehrte Hoyle akzeptierte die Expansion des Universums. Zugleich glaubte er, es bestehe ewig - ohne Anfang. Infolge der fortwährenden Expansion müsste sich die Materie 'darin' jedoch extrem verdünnt haben, was offensichtlich aber nicht der Fall ist. Hoyle's These zufolge entsteht im All fortlaufend neue Materie aus sich selbst heraus - in genau der richtigen Menge, um die Expansion des Alls voranzutreiben und zugleich die Materiedichte darin in konstanter Dichte zu erhalten.
Übrigens stammt der Begriff „big bang“ ausgerechnet von Hoyle, der ihn 1950 in einer BBC-Radiosendung verwendete, um die These von der 'Urexplosion lächerlich' zu machen. Der Materialist Hoyle modifizierte seine eigene These zwar mehrfach, doch behielt er seine Grundhaltung gegen die Urknall-Theorie konsequent bei - aus philosophischen Erwägungen: Falls das Universum einen Anfang habe, dann setze dieser eine Ursache voraus, s.h. einen Schöpfer. Doch fundamentale Christen sind mit der Urknall-Theorie auch nicht besonders glücklich, denn die biblische Schöpfungsgeschichte schildert bekanntermaßen eine andere Abfolge der Anfänge von Erde und Menschen, auch was den zeitlichen Verlauf anbetrifft.


90er Jahre

Die Astronomen Wolfgang Priester und Hans-Joachim Blome ersetzten den Urknall in einem neuartigen Modell durch einen sanfteren Schöpfungsakt ('Urschwung'): Das Universum, habe als unendlich großer Raum seit ewigen Zeiten existiert. Materie gab es darin nicht, stattdessen war er von Quantenfeldern erfüllt. Sie bestehen aus reiner Energie und erreichen eine hohe Energiedichte.
Weil auch Energie eine Gravitationswirkung besitzt, ließ die Schwerkraft der Quantenfelder diesen Kosmos auf eine minimale Ausdehnung schrumpfen. Danach, in einer Art Rückprall, dehnte er sich jäh wieder aus. Dieser Moment war der Urschwung. Er leitete in das expandierende Universum über, in dem wir heute leben, wobei aus den ursprünglichen Quantenfeldern die Materie entstand.

2004: "Kein Urknall erschütterte das Universum":

Mit einem einem offenen Brief begründen Eric J. Lerner, der Mathematiker Michael Ibison, der Astrophysiker Halton Arp und 20 weitere Wissenschaftler im britischen Magazin „New Scientist“ ihre Forderung nach einer vorurteilsfreien Diskussionen und Forschung über die Geschichte des Universums und zu beobachtende Widersprüche der Urknalltheorie. Deren Dominanz beruhe eher auf einer Konventionen als auf wissenschaftlichen Methodik. Die Urknalltheorie basiert auf einer großen Anzahl hypothetischer Annahmen, die niemals beobachtet wurden - Aufblähung, geheimnisvolle Materie und dunkle Energie - Grund genug, in alle Richtungen weiter zu forschen.
Der Urknall selbst, jenes einzigartige Anfangsereignis, wurde auch nicht berechnet – dies ist auch nicht möglich, wenn man von einer Berechnung ein eindeutiges Resultat erwartet.

2006: Studie zur Hintergrundstrahlung wirft Zweifel auf Urknall-Theorie

Den bisherigen Annahmen zufolge ist die Hintergrundstrahlung Art Echo des Urknalls. Die russischen Wissenschaftler R. Sunyaev und Y. Zel'dovich hatten bereits 1969 vorausgesagt, dass freie Elektronen im Zentrum großer Galaxienhaufen die Hintergrundstrahlung ablenken würden. Dies sollte sich durch einen Energieverlust der letzteren bemerkbar machen - gewissermaßen ein Schatten in der allgegenwärtigen Hintergrundstrahlung. Die Untersuchung von 31 nahen Galaxienhaufen zeigte nur bei einigen von ihnen einen solchen Schatten, bei anderen war nichts dergleichen feststellbar - mögliches Fazit: Große Galaxienhaufen verzerren die Hintergrundstrahlung nicht – anders als es von der Urknalltheorie vorhergesagt wird.

 

2010: Zweifel an der Existenz Dunkler Materie ...

  • "Studie weckt massive Zweifel an Existenz Dunkler Materie
    Beobachtungen weisen darauf hin, dass es die rätselhafte Substanz nicht gibt. Die Autoren haben Beobachtungsdaten der Milchstraße und des  Andromedanebels mit den Vorhersagen der Theorie verglichen. Dabei sind sie auf fünf schwer zu erklärende Widersprüche gestoßen. Ihre Ergebnisse erscheinen in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift „Astronomy and Astrophysics“
    (-> Link) - mit möglicherweise weit reichende Implikationen: Eventuell müssen sowohl Newtons Gravitationstheorie als auch Einsteins allgemeine Relativitätstheorie modifiziert werden
Im derzeit allgemein vertretenen kosmologischen Modell bewirkte die Dunkle Materie, dass sich nach dem Urknall die 'normale' Materie verdichtet und Galaxien und Galaxienhaufen bildeten - eine Voraussetzung für die Entstehung von Sternen, Planeten, Monde usw.
Offenbar stimmt die Verteilung der Dunklen Materie - die nicht direkt sichtbar ist, sondern sich nur über ihre Schwerkraft verrät - in der Lokalen Gruppe nicht mit diesen Vorhersagen überein. Zwar hatten die Kosmologen gute Gründe für die hypothetische Einführung der Dunklen Materie, doch war es bislang weder möglich, deren Existenz noch ihre nachzuweisen. 

Debatte: dark matter in the spotlight
Am 18. November 2010 stand in Bonn das Konzept der "Dunklen Materie" zur Debatte. Die Astronomie-Professoren Simon White (Garching) und Pavel Kroupa (Bonn) trugen ihre Positionen vor. Prof. Dr. Hans Peter Nilles, Direktor des Bethe-Centers, moderierte die Veranstaltung. Hier erhalten Sie die Präsentationen der Disputanten. Argumente für und wider die Dunkle Materie wurden vorgetragen 
Kroupa hat die Existenz Dunkler Materie für das lokale Universum - also die Milchstraße und die hunderte von Galaxien in ihrer Nähe - ihrer Nähe untersucht. Er argumentiert, die dort gemachten Beobachtungen seien mit der Standardtheorie weitgehend unvereinbar. Das aktuelle kosmologische Weltbild - das Standardmodell der Kosmologie (→ Lambda-CDM-Modell; CDM steht für Cold Dark Matter) - sei damit nicht mehr haltbar, und die Physik stehe nun vor der großen Herausforderung, eine neue kosmologische Theorie zu entwickeln.Simon White hält dagegen, Dunkle Materie erkläre die weitaus meisten Beobachtungen im Universum hervorragend - angefangen von der struktur der Galaxienhaufen und Galaxien bis zu Temperaturschwankungen in der kosmischen Hintergrundstrahlung. Die Ablehnung des Konzeptes - und die dazu notwendige Modifikation der Newton'schen Gravitationsgesetze - ziehe dagegen viele Folgeprobleme nach sich.


"In this article we propose cosmological models that can explain the cosmic acceleration without introducing a cosmological constant into the standard Einstein field equation, negating the necessity for the existence of dark energy.
Das Universum hätte demnach weder Anfang noch Ende: Der Astrophysiker Wun-Yi Shu von der Tsing Hua Nationaluniversität in Taiwan hat soeben eine neue Beschreibung des Universums entwickelt, in dem Raum, Zeit sowie Masse und Länge auf kuriose Art verschränkt sind:
Raum und Zeit können ineinander umgewandelt werden, ebenso Masse und Länge. Beide Prozesse hängen von der Gravitationskonstante und der Lichtgeschwindigkeit ab - beide Naturkonstanten werden von Shus zu Variablen degradiert. Ein Universum mit diesem Eigenschaften würde ewig bestehen, hätte jedoch abwechselnde Perioden der Expansion und Kontraktion. Eine Urknallsingularität kommt in diesem mathematischen Modell nicht vor. Shus Theorie sagt voraus, dass das Licht von Sternenexplosionen mit einer bestimmten Rotverschiebung auf der Erde messbar sei - was den tatsächlichen Beobachtungen entspricht und als Hinweis gewertet wird, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt.

 

2011: Roger Penrose - Nach dem Urknall ist vor dem Urknall

Zunehmend steuern aufgeschlossene Naturwissenschaftler auf einen Kompromiss zu: in Modellen eines zyklisch expandierenden und implodierenden Universums bestreiten sie nicht mehr das Urknall-Ereignis an sich. Sie legen statt dessen dar, dieser Kollaps sei nicht der ultimative Anfang gewesen - denn davor habe bereits ein anderes Universum existiert, das ebenfalls einen Vorgänger gehabt haben soll...
Inzwischen ist die ursprüngliche Urknall-Theorie kein unantastbares Dogma mehr, denn eine wachsende Anzahl von Astrophysikern und Kosmologen betrachtet den Urknall nicht länger als Punkt Null der kosmischen Geschichte war, sondern als Durchgangsstadium...

2012 Sogar Stephen Hawking zweifelt am Urknall

(Ich bin nicht sicher, ob 2012 als Zeitangabe des Sinneswandels bei Stephen Hawking zutrifft.) Der Beitrag ‘Urknall -  Beginn der Welten’ von Wolgang Silvanus auf dem Onlineportal der Frankfurter Rundschau stammt aus Juni 2012; darin wird deutlich, wie auch die Rudelführer der Physiker-Gemeinde allmählich zu der Einsicht gelangen, dass sich auch der Urknall an physikalischen Gesetze halten müsse: Den Berechnungen nach müssten im Punkt Null jedoch Temperatur und Dichte unendlich hoch gewesen sein. Unendliche Größen im materiellen Universum ergeben keinen Sinn, weshalb die Wissenschaftler diese Singularität möglichst umgehen. Und wieder wurden neue Modelle in Erwägung gezogen:
“…daran beteiligte sich auch der britische Physiker und Kosmologe Stephen Hawking. Er lehnt die Urknall-Singularität ab, weil er glaubt, dass die Naturgesetze auch bei der Entstehung des Universums gegolten haben sollten. Eine Urexplosion ohne Ursache könne aber nur durch übernatürliche Kräfte ausgelöst worden sein. „Ein Schöpfungspunkt wäre ein Ort, an dem die Wissenschaft kollabiert. Man müsste die Religion und die Hand Gottes zu Hilfe nehmen“, konstatierte Hawking bei einem kosmologischen Kongress, den die Universität Cambridge Mitte Januar zu seinem 70. Geburtstag veranstaltete…”

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