Samstag, 14. April 2012

11.000 Meter unter den Meeren

ARTE-Dokumentation zum aktuellen Stand der Tiefseeforschung

Das hätte ich kaum für möglich gehalten: zum ersten Mal beneide ich einen Milliardär – nämlich James Cameron, der Ende März 2012 auf eigene Faust die Tiefsee besucht hat, und zwar an ihrer tiefsten Stelle (vgl. Marianengraben).

Es ist immer noch erstaunlich, dass der Mensch den Mond betrat, bevor er seinen eigenen Planeten vollständig kannte. Bis heute ist dieser Erkundungsprozess keineswegs abgeschlossen:

In den Ozeanen leben insgesamt etwa zehn Millionen (Hochrechnung) verschiedene Arten, Algen und Bakterien hinzugerechnet. Nur ein Bruchteil von ihnen ist heute bekannt, geschweige denn klassifiziert und dokumentiert. Fische bilden übrigens die kleinste Gruppe der Ozeanbewohner: von 30.000 bekannten Fischarten leben etwa 15.000 im Meer. Jedes Jahr kommen um die 300 Neuentdeckungen dazu.

Besonders in der schwer zugänglichen Tiefsee, die  noch vor wenigen Jahrzehnten für eine nahezu leblose ‘Unterwasser-Wüste’ gehalten wurde, wartet eine erstaunliche Vielfalt von z.T. bizarr anmutenden Lebewesen auf ihre Entdeckung.

Für großflächige Untersuchungen sind bemannte Expeditionen nicht effizient - wegen des hohen Drucks kommen meist spezialisierte Tauchroboter zum Einsatz. Mit ihnen werden auch die einzigartigen Tiefsee-Biotope erforscht, beispielsweise die „schwarzen Schlote“ - heiße Thermalquellen, in deren Umgebung hochspezialisierte Bakterien und meterlange Röhrenwürmer symbiotisch koexistieren. Möglicherweise, so eine Vermutung, hat sich hier das Leben wegen der im Vergleich zur Erdoberfläche völlig unterschiedlichen Lebensbedingungen ‘nochmals entwickelt’.

Schwarzer Raucher im Atlantik

Einige Evolutionstheoretiker gehen so weit zu behaupten, das gesamte Leben auf der Erde habe sich aus diesen Biotopen rund um die »Black Smokers« entwickelt – dies ist nicht bewiesen, aber: wer sich in dieser feindlich anmutenden Umgebung als überlebensfähig erwiesen hat, für den könnte die Eroberung der ungleich freundlicheren Regionen weiter oben ein Klax sein. Andererseits sind die biochemischen Prinzipien (Chemosynthese statt Photo-/Biosynthese) gänzlich verschieden.

Der nachfolgende Film stellt die Geschichte der Tiefseeforschung dar und schildert die faszinierenden Beobachtungen und Eindrücke der ersten Tauchfahrten in diese Region.

Bis vor gut hundert Jahren gab es lediglich Phantasievorstellung über die Tiefsee, deutlich geprägt von Jules Verne (20000 Meilen unter dem Meer).

  • 1899 ermittelt das US-amerikanische Schiff „Nero“ im Marianengraben per Drahtlotung eine Tiefe von 9.660 Meter.
  • Am 23. Januar 1960 erforschten der Schweizer Jacques Piccard und der US-Amerikaner Don Walsh die Rinne mit dem Tauchboot Trieste und stiegen dabei auf 10.916 m u. NN ab.

Das Forschungsschiff Trieste kurz vor seinem Tauchrekord
Forschungsschiff Trieste D. Walsh und J. Piccard in der Trieste

Das Forschungsschiff Trieste kurz vor seinem Tauchrekord

  • 2012 drang der Filmproduzent James Cameron mit dem U-Boot Deepsea Challenger zum tiefsten Punkt des Meeres vor. Er sammelte dort gut drei Stunden lang Daten und filmte die Tiefseewelt. (10.898 m).

 

Dokumentation: 11000 Meter unter den Meeren

“Der Schwarm” - Fiktion vs. Realität der Tiefsee

Mit seinem ‘Öko-Thriller’ Der Schwarm traf Frank Schätzing einen Nerv unserer Zeit, es thematisiert die möglichen Folgen unseres zerstörerischen Umgangs mit der Natur. Schätzing verdeutlicht sein Anliegen jedoch in Form einer fiktionalen Inszenierung:
Er macht auf eine “kaum beachtete Gefahr” aufmerksam: Unbekannte Lebewesen in den Tiefen der Ozeane könnten sich zusammenrotten und für die Eingriffe der Menschen in ihre Lebensräume brutal rächen.

Auf seiner Homepage fasst der Bestsellerautor das düstere Szenario seines 1400 Seiten starken Werks zusammen: “In den Tiefen der Meere hat die Jagd begonnen. Die Jagd auf das gefährlichste Lebewesen, das die Erde je bewohnt hat. Auf uns.”

Noch unentdeckte Tiefseeorganismen schließen sich mit Quallen, Krabben usw. zu grandiosen Schwärmen zusammen und wollen die Menschheit vernichten, welche das Ökosystem Meer nicht respektiert, sondern in seiner expansiven Gier zu zerstören droht. Es kommt zu Todesopfern, die Schifffahrt wird eingestellt. Unsere Existenz ist bedroht.

Mögliche Realität oder Fiktion? 

“Kann es unbekannte, intelligente Lebensformen in den Tiefen der Ozeane geben?”, fragt der PM-Artikel “Angriff aus der Tiefe. Könnten Meeresorganismen sich zu strategisch denkenden Superorganismus vereinen – dem Prinzip der ‘Schwarmintelligenz’ folgend wie auch Ameisen -, Bienen- oder Termitenstaaten? Inwieweit stellt die Gesamtheit der Meeresfauna wirklich eine Gefahr für die Menschen dar?

Das Offensichtliche: nach wie vor wissen die Biologen wenig über die Tiefsee als Lebensraum: Gerade mal ein paar hundert Quadratkilometer von dessen Oberfläche wurden eingehend erforscht – und nur auf wenigen hundert Quadratmetern (!) wurden auch Kleinstorganismen systematisch untersucht. Zum Vergleich: die Gesamtfläche der Ozeane liegt bei 361 Millionen Quadratkilometern.

Es zeichnet sich jedoch ab, welche raffinierten Überlebensstrategien die Tierwelt dort entwickelt hat, wie z.B. raffinierte Arbeitsteilung, Bioluminiszenz oder komplexe Organisation. Auch wenn die einzelnen Wesen dort keine Intelligenz (nach unserer Definition) besitzen, ist es ihnen gelungen, gemeinsam einen Lebensraum zu erobern, der dem Menschen unzugänglich ist.

Dies spreche für für eine kollektive Intelligenz, so der o.a. PM-Artikel.

“Und dieses Kollektiv ist beunruhigend groß.”

Vom Hamburger Forschungsschiffs »Meteor« im Juli 2000 vor Angola aus 5,5 Kilometer Tiefe entnommene Bodenproben förderten Überraschendes zutage: “haufenweise Borstenwürmer, bedornte Tiefseeasseln mit langen Stelzenbeinen, Mikrokrebse und viele andere Kleinstlebewesen.
Dieses Resultat ist alles andere als ein Einzelfall (vgl. Seite 2 des PM-Artikels).

80% der analysierten Arten waren der Wissenschaft bis dahin noch unbekannt. Selbst bei den bislang fünf Millionen Einträgen in der zentralen Datenbank des Ocean Biogeographic Information System (OBIS) handele es sich vielleicht nur um die Spitze des Eisbergs.

[Die OBIS –Datenbank kan man übrigens eigenständig über ein Webinterface durchsuchen (wenn man denn weiß, ‘wen’ man suchen möchte), ein Tutorial dient als Einführung.

image

Und hier finden sich skalierbare Karten zur Verteilung und Häufigkeit entdeckter Arten je nach Region – diese visuelle Anwendung erschließt sich Laien etwas leichter.]

Ein Teil der Tiefsee-Lebewesen hat hochwirksame Tarnungs-, aber auch Abwehrstrategien gegen Feinde entwickelt:

Ihr größter Feind aber sei der Mensch: “Er ist dabei, den Lebensraum dieser Organismen mit Unterwasserkabeln, Schleppnetzen und giftigen Abwassereinleitungen zu gefährden.”

Insofern sei es theoretisch möglich, dass die Tiefseebewohner ihre Fähigkeit zur Organisation eines Tages gegen den Menschen richten. Hierfür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, so müsste die Erkenntnis gewonnen werden, worin die Bedrohung der Tiefseefauna genau besteht und von wem (welcher Spezies) sie ausgeht. Kollektives Bewusstsein müsste entstehen.

Zwar arbeiten die verschiedenen Arten ‘da unten’ eng zusammen, doch findet diese Symbiose (die wir z.B. unwissentlich mit unseren Darmbakterien eingehen) nicht auf der Basis von Intelligenz und bewusster Kommunikation zwischen diesen Arten statt.

Wer aber an die cleveren Jagdmethoden eines Rudels von Schwertwalen oder die Fähigkeit des Pottwals zur Kommunikation über weite Strecken denkt, gewinnt eine Vorstellung von dem gewaltigen Potenzial, das auch die Bewohner der Tiefsee entwickeln könnten.

Inwieweit sich auch andere Kreaturen in den Weiten der Ozeane einer ähnlichen Kommunikation bedienen, ist unklar – jedenfalls “fangen die Unterwassermikrofone der Geheimdienste ständig Geräusche auf, deren Ursprung noch unbekannt ist.”
Der PM-Aufsatz nennt so skurrile Geräusche wie ‘großer Bluup’1), ‘Slowdown’ oder ‘Upsweep’.

Solche Geräusche, die im Einzelfall über Tausende (!) Kilometer wahrnehmbar seien, “müssen” von sehr großen Lebewesen stammen, wobei Wale zum Teil auszuschließen sind. Sollte dort unten wirklich ein sehr großer, uns aber bisher unbekannter Organismus vor sich hin brabbeln?

Es muss sich nicht zwangsläufig um den Lebenstraum jedes Kryptozoologen handeln: Bei dem sog. Tremor (“ein bedrohliches, lange anhaltendes Heulen, mal ansteigend, dann wieder schwächer werdend, das einen erschauern lässt”) handelt es sich um das Summen eines unterseeischen Vulkans vor der japanischen Küste, bei dem aufsteigendes Magma die Erde in Schwingung versetzt.
Beim Upsweep vermuten die Wissenschaftler ein vulkanisches Phänomen.

Ausschließen will dies keiner der Experten, eben weil ständig neue, unerwartete Erkenntnisse gewonnen werden: Vampirfische ‘mit Eckzähnen wie Dracula’, deren Körper zu einem Sechstel von riesigen Augen besetzt ist – oder eine bisher unbekannte Quallenart mit bis zu 40m langen Tentakeln. 

Erwiesen sei indessen, dass sich viele der unterseeischen Lebewesen auf unheimliche Weise immer schneller rund um den Globus ausbreiten:

“In den USA tauchte Mitte der 1980er Jahre die Zebramuschel auf. Sie ist gerade mal so groß wie ein Fingernagel und war in ihrer ursprünglichen Heimat, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer, nie besonders unangenehm aufgefallen. In Amerika allerdings verhält sie sich extrem aggressiv – fast so, als habe jemand ihr evolutionäres Programm verändert. […]

Schließlich verstopften sie die Kühlwasser-Zuleitungen von Kraftwerken im Norden der USA. Die Folge: Stromausfälle und ein volkswirtschaftlicher Gesamtschaden von fünf Milliarden Dollar. Ein gezielter Angriff auf die Menschheit?

Wenn ich so etwas lese, möchte ich spontan “Blödsinn” rufen, am liebsten in das Ohr des Verfassers dieses bis dahin nicht allzu spekulativen Artikels. Kausalität (Ursache und Wirkung) liegt als Erklärungsansatz sehr viel näher. Denkbar ist z.B., dass die Bewohner der US-Küste bestimmte Substanzen ins Meer leiteten, wodurch Genom oder Wachstumsimpulse der Muscheln manipuliert wurden. Dies kennen wir auch von bestimmten Algen, wenn vermehrt Rückstände von Düngemitteln in warmen Gewässer gelangen.

Von daher ist es gerade wichtig, wissenschaftlich zu untersuchen, auf welche Weise solche Lebewesen so schnell von einem Ort zum anderen gelangten und weshalb si sich dort anders verhalten als an ihrem Ursprungsort (im Verdacht stehen hier die Ballasttanks der großen Schiffe).
Ergebnis dieser Analysen wird meiner Überzeugung nach jedem Einzelfall ein von Menschen verursachter Eingriff in die ökologischen Systeme und Kreisläufe sein – leider ist es nun mal so, dass wir die Umwelt in einem weit größeren Maße manipulieren können, als wir sie verstehen.

Alle möglichen ‘Viecher’ – meist es Einzeller und Bakterien, aber auch Fischeier, Larven und Krebse – werden durch die globalisierten Warenströme vermehrt ver- und dort eingeschleppt, wo sie nicht hingehören und die heimischen Arten u.U. gefährden.
Dank der globalisierten Warenströme machen die Einwanderer sich dort breit, wo sie keine natürlichen Feinde haben. Vgl: Gefährliche Invasion im Schatten der Schifffahrt [WELT, 7/2009]

Die SciFi-Variante verspricht freilich mehr Nervenkitzel; mit Bedauern stellt der PM-Artikel fest:

Noch wollen seriöse Wissenschaftler der Tiefseeforschung nichts von dem wissen, was Frank Schätzing in seinem Öko-Thriller »Der Schwarm« für möglich hält: einen Krieg intelligenter Meeresbewohner gegen die Menschheit.

Hmmm….woran könnte das wohl liegen?

Wenn in den Ozeanen immer mehr rätselhafte, beunruhigende Phänomene beobachtet werden, dann liegt dies darin begründet, dass wir diesen Lebensraum kaum kennen. Ein mutmaßliches Muster dieser Ereignisse ist auch auf dem Lande zu beobachten: Angesichts der explodierenden Weltbevölkerung wird der natürliche Lebensraum einer wachsenden Anzahl von tierischen wie auch pflanzlichen Arten bedrängt und mitunter zerstört.

Sicher, es gibt auch heute Phänomene, die wir dank des technischen Fortschritts erst jetzt beobachten, aber (noch) nicht erklären können:

Echolote der norwegischen Mar Eco-Expedition entdeckten im Nordatlantik mindestens vier riesige Planktonschwärme, die sich zu Ringen von zehn Kilometer Durchmesser vereint hatten. Vorstellbar ist, dass eine kreisförmige Wasserströmung oder eine besondere Beschaffenheit des Meeresbodens die Bildung der Ringe bewirkten?

Oder haben die Milliarden von Kleinstorganismen durch ihre Vereinigung zu einer kollektiven Intelligenz gefunden, die in der Lage ist, zu bestimmten Zwecken bestimmte Formen zu bilden? …Ein Angriff auf die Menschheit?”

Manchmal ist man mit wissenschaftlicher Nüchternheit besser bedient: 50 Nationen haben zusammen eine  Milliarde Euro für das Projekt „Census of Marine Life“ (CoML) bereitgestellt, um eine Art Volkszählung der Meeresbewohner durchzuführen, neue Arten zu dokumentieren und Anhaltspunkte ihres kollektiven Verhalten zu finden.
2700 Forscher aus 82 Ländern sollen also sämtliche Fisch- und Planktonbestände quantifizieren und im Detailreich beschreiben (vgl. ‘
Fischzug in der Tiefe’).

Als ein wichtiges Ergebnis dieses Großprojektes rechne ich mit der schon heute zu erahnenden Erkenntnis, dass ökologische Katastrophen sehr wohl Realität werden können – allerdings als natürliche Folge unserer Eingriffe in die Umwelt, nicht aber weil Quallen, Krebse und Plankton die Menschheit ausrotten wollen.

Dass die Entwicklung einer fortgeschrittenen Intelligenz – sei es als Schwarm oder Individualwesen – im Tierreich nicht ausgeschlossen werden kann, ist eine evolutionsbiologische Tatsache. Allerdings deutet die bisherige Evolution an, dass eine solche Entwicklung insbesondere dadurch begünstigt wird, dass eine zuvor besetzte ökologische Nische frei wird – etwa die der bis dato dominierenden Spezies2)

 

Ein Bezug zur Realität besteht trotzdem

Ich habe mal versucht, im Web nach Anomalien innerhalb der Fauna zu suchen – wie nicht anders zu erwarten war, stößt man sehr bald auf Beunruhigendes. Allerdings nicht in dem Sinne, dass die von uns gebeutelten Erdenbewohner ein Kollektiv bilden und zum Gegenschlag ausholen.

  • Biologen haben eine riesige Ansammlung von Königskrabben in der antarktischen Tiefsee entdeckt [vgl. SPIEGEL online, 09/2011]: Steigende Wassertemperaturen begünstigen das  Vordringen der räuberischen Krustentiere - mit verheerenden Folgen für das Ökosystem.
    In der sog. Palmer-Senke leben laut der Berechnungen leben auf dem Boden der Senke etwa 10.600 Tiere pro Quadratkilometer.

Paralithodes camtschaticus

Ein Problem mit den Spinnentieren ist, dass sie in 1400 m Tiefe entdeckt wurden, es ist also nicht leicht, sie ständig zu beobachten. Ein weiteres entsteht aus dem Umstand, dass sich in den kalten Küstenzonen der Antarktis seit Jahrmillionen Gemeinschaften von Spezialisten entwickelt haben, die zwar Überlebenskünstler sind, sich aber nie an räuberische Lebensformen in ihrer Umgebung anpassen mussten.

  • Seit 2010 ist die amerikanische Rippenqualle in der Ostsee aufgetaucht, die im kaspischen Mittelmeer bereits erheblichen Schaden angerichtet hatte. Auch wenn diese Quallenart für Menschen ungefährlich ist, kann aber Nahrungsketten zerstören und so ganze Ökosysteme verändern: Unter anderem brachen die Sardellen-Bestände im Schwarzen und später im Kaspischen Meerzusammen, den dort angesiedelten Fischereibetrieben wurde die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

    Auch in der Nordsee wurden erste Exemplare dieser Gattung gefunden – ein vorübergehender Besuch sei unwahrscheinlich: die Spezies ist robust und kommt mit Temperatur- und Sauerstoffbedingungen bestes zurecht.

    Allgemein scheinen mehrere Quallenarten in den letzten Jahren einen “
    demografischen Boom“ zu durchlaufen – während etliche Zeitungsberichte schon ein paar Jahre alt sind, wurde das kurze Newsvideo mit dem Titel “
    Quallen-Attacke gegen Israels Kraftwerke” im Sommer 2007 über mehrere Portale verbreitet.

Wenn ein Kraftwerksmitarbeiter in Israel wörtlich von ‘Angriffen’ der Quallen spricht, gibt dies einen subjektiven Eindruck wieder (vielleicht hat er auch Schätzings Roman gelesen). für die zuständigen Forscher wird es darauf ankommen, normal-zyklische Verläufe von den Erscheinungen zu trennen, die auf zunehmender Erderwärmung, Schadstoffbelastung oder sonstigen vom Menschen ausgelöste Veränderungen beruhen.

  • Die ‘Killeralge’ Pfiesteria piscicida ist ebenfalls real und wurde 1988 erstmals von Wissenschaftlern beschrieben - sie kann bei Fischen und Menschen erschreckendes anrichten: Fische gehen in mit dieser Alge verseuchtem Wasser binnen Minuten zugrunde und auch bei Menschen wurden schwere Erkrankungen des Nervensystems beobachtet.
    Allerdings sind bis heute keine großflächigen Ausbreitungen bekannt – abgesehen von Algenblüten in den 1980er und 1990er Jahren vor den Küsten von North Carolina und Maryland. Eine (lokal) starke Vermehrung wird jeweils auf Gewässerverschmutzung, insbesondere durch Nährstoffanreicherung (Eutrophierung) mit Phosphaten zurückgeführt – die übrigens auch im Kaspischen Meer eine wesentliche Rolle zu beobachten war.
  • Alarmierend wirkt diese Schlagzeile auf mich: “Haustier-Parasiten plagen jetzt auch Meeressäuger” (Feb. 2012)! Als Quelle nennte das Nachrichtenorgan AFP u.a. das Scripps Institute of Oceanography. Beispielsweise der Toxoplasmose-Erreger verursache immer mehr Todesfälle bei Meerestieren.
    Auch hier sind die kausalen Faktoren komplex: Die zunehmende Erwärmung der Meere sei ein Grund für die Zunahme von Kohlendioxid sowie die Abnahme von Sauerstoff. Im Ergebnis werde das Immunsystem vieler im Meer lebender Säugetiere geschwächt.
    Parallel richten Luftschadstoffe die Korallenriffe in den tropischen Ländern zugrunde.

Dies sind nur wenige Beispiele, aus denen ich nicht den Schluß ziehe, dass Schätzings alptraumartige Zustände real werden. Eher stellt sich die Frage, ob nicht doch der Mensch die eigentliche Plage des Planeten ist. Höchste Zeit, dass Invasionsbiologie und die ökologischen Veränderungen auf der Erde insgesamt endlich auf den Agenden der Politik priorisiert werden.

Dabei reicht es nicht länger aus, wenn wir uns über die Veränderungen Sorgen machen, die uns persönlich betreffen, etwa wenn demnächst die Fischstäbchen teurer werden, unser persönliches Urlaubsdomizil belagert wird oder das Trinkwasser auch hier knapp werden sollte.

Es braucht noch mehr als politische Willensbildung: natürlich kostet die Erforschung der Zusammenhänge und Implikationen viel Geld – und konkrete Schutzmaßnahmen erst recht. Mir fällt da spontan ein Budget ein, dass offensichtlich Reserven hat (solange Deutschland noch Uboot-Lieferungen an Israel mitfinanziert) – und auch international tun sich da etliche Potenziale (z.B. hier) auf.

Doch ist leider zu erwarten, dass der Leidensdruck erst noch weiter zunehmen muss, bevor ernst zu nehmende Reaktionen von staatlicher Seite erfolgen. Was sich in der Antarktis abspielt, betrifft uns früher oder später in gleicher Weise…und zwar spürbar und nicht allein aus moralischen Erwägungen.

Anmerkungen

1) Bluup" machte es 1997 irgendwo im Pazifik. Das Geräusch war so laut, dass es 4.800 Kilometer entfernte Sensoren noch registrierten. Der Ton schien von einem Lebewesen zu stammen, vermuteten die Forscher des Acoustic Monitoring Projects des Pazifik-Forschungslabors.

2)(Vor einigen Jahren wurde im TV in einer Dokumentation (Titel “Die Zukunft ist wild”) versucht, die Evolution der nächsten Millionen Jahre zu extrapolieren. In einem Nebensatz wurde dabei unterstellt, der Mensch werde bis dahin ohnehin nicht überleben.

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