Zu meiner Schulzeit, also in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, waren sich alle ‘Exporten’ ganz sicher: In unserem Sonnensystem gibt es Leben, klar. Und zwar auf der Erde und sonst wonirgends.
Damals glaubten die meisten der Biologen, das Leben hätte seine Existenz einem chemischen Zufall zu verdanken – dieser sei jedoch von so geringer Wahrscheinlichkeit, dass es sich im gesamten Universum nicht wiederholt haben dürfte.
Spätestens um die Jahrtausendwende setzte dann ein weitreichendes Umdenken ein – vor knapp 15 zehn Jahren bezeichnete der Biochemiker und Nobelpreisträger Christian de Duve Leben eine “kosmische Zwangsläufigkeit” und der Chemiker Robert Shapiro spricht sogar von einem biologischen Determinismus!
- Harald Zaun nannte im Oktober 2002 auf Heise.de gleich mehrere Kandidaten, für die einzelne US-Forscher Umweltbedingungen vermuteten, welche die Entstehung von Organismen begünstigen können.
Auf dem Mars, auf dem Saturnmond Titan, in der Atmosphäre der Venus sowie auf dem Jupitermond Europa hielten Astrobiologen es nicht mehr für ausgeschlossen, dass primitive Lebensformen eine extraterrestrische Nische gefunden hatten. So verglich Richard Greenberg von der University of Arizona in Tucson das Europa-Eismeer mit dem irdischen Arktischen Ozean und vermutete darin Organismen.
- Sogar der als ‘Alien-Skeptiker’ bekannte TV-Professor und Kosmologe Prof. Harald Lesch kommt angesichts der zwischenzeitlichen Entdeckung von mehr als 500 Exoplaneten zu einer Neubewertung:
"Ja, es gibt sie, und wir werden sie finden. Dass es im All Leben gibt, dafür sind wir Menschen das allerbeste Beispiel, denn unser Planet ist ein Teil des Universums."
“Grenzenloser Optimismus und bizarre Theorien”
Plötzlich galt es nicht mehr als Spinnerei, von mikrobiotischem Leben auf anderen Planeten und Trabanten des Sonnensystems zu sprechen. Allerdings machten solche Vermutungen nicht an rationalen Grenzen halt: auch über intelligentes Leben auf Mars, Europa und Co. wurde laut nachgedacht. Andere rechneten ein wenig und kamen auf mögliche “30 Milliarden Erden in unserer Milchstraße”.
Als die beiden Astronomen Tegler und Romanishin 1998 feststellten im Kuiper-Gürtel zwei sehr unterschiedliche Typen von Asteroiden nachwiesen und zeigten, dass eine Klasse davon extrem rötlich gefärbt ist, wurde bald die These laut, diese Färbung sei eine Folge von biologischer Aktivität.
Ähnlich argumentiert der Astro-Geophysiker Brad Dalton in Bezug auf rötliche Risse auf der Oberfläche des Jupitermonds Europas Kruste - ‘gefrorene Bakterienkolonien’,vermutet er.
Vor einem Jahr (2011) kam eine neue Nasa-Studie zu der Einschätzung, dass unterirdisches Leben auf dem Mars nicht auszuschließen sei: Lebensformen auf dem Mars könnte bis in bestimmten Schichten unter der Oberfläche bis heute überlebt haben. Dies ergibt sich aus der Analyse von Bildern von Marssonden.
(Vgl. Rinnsale im roten Sand, SPIEGEL online,2011)
Und nun (2012) entdeckt der Marsrover „Curiosity“ hat ein ausgetrocknetes Flussbett und vom Wasser geformte Kiesel gefunden:
Auch gemessene Wetterdaten – durchschnittlich bis zu sechs Grad Celsius am frühen Nachmittag zur Mars-Zeit sind interessant – der Mars-Winter ist offenbar viel wärmer als bisher angenommen wurde.
Vorläufiges Fazit der NASA: Der Rote Planet könnte einst bewohnbar gewesen sein.
Extraterrestrisches Leben im Sonnensystem
(BBC exklusiv, 28 min)
Zu hohe Erwartungen?
“Wo Wasser ist, da ist auch Leben”, behauptet nicht nur Uri Geller, sondern auch mancher Enthusiast in Sachen Exobiologie. Ich halte diese Annahme in dieser absoluten Form für nicht zu treffend, denn Leben nach unseren Vorstellungen braucht bestimmte anorganische Basismoleküle, die neben mehr als Sauerstoff und Wasserstoff, vor allem aber weitaus komplexere Molekülstrukturen als H2O. Allerdings ist Leben ohne das Vorhandensein von Wasser nur schwer vorstellbar.
Und an welche Lebensformen denken jene Forscher, wenn sie Leben auf dem Mars als ‘nicht auszuschließen’ bis ‘relativ wahrscheinlich’ bezeichnen?
Jedenfalls keine mehrzelligen Lebewesen, soweit ist man sich noch einig. Es wäre schon eine Sensation, auf dem Mars oder einem der anderen Kandidaten auch nur Mikrosphären oder Protein-Protozellen vorzufinden. Das sind kleine, kugelförmige Molekülaggregate, die als bedeutender Entwicklungsschritt während der Entwicklung des Lebens gelten.
Schon dafür müsste eine chemische Evolution stattgefunden haben wie vermutlich vor etwa 4,2 bis 3,8 Milliarden Jahren auf der Erde. Die “Entstehung sich selbst replizierender und variierender chemischer Informations-Systeme” setzt wiederum voraus, dass die günstigen Bedingungen, die vielleicht mal auf dem Mars existiert haben, lange genug anhielten.
Spontan entstehen lediglich einfache Biomoleküle, die dann Vorstufen komplexerer Biomoleküle bilden könnten (vgl. Miller-Urey-Experiment, 1953). Schon dafür muss weit mehr vorhanden sein als ‘nur’ Wasser: Temperatur, Atmosphäre, Strahlung (UV-Licht) usw.
Sidney W. Fox zeigte 1957, dass Aminosäuren bei gleichzeitiger Erwärmung dazu gebracht werden konnten, sich miteinander zu sog. Polypeptiden zu verbinden. Diese formten kugelförmige Hohlkörper und durch Selbstaggregation bildeten sich durch membranartige Hüllen und es entstanden Mikrosphären. Diese bilden unter geeigneten Bedingungen neue Mikrosphären auf ihrer Oberfläche. Obwohl sie in ihrem Erscheinungsbild Zellen ähneln, handelt es sich nicht um lebende Systeme: sie können sich nicht exakt reproduzieren und enthalten kein genetisches Material, dass sie an ihre ‘Nachkommen’ weitergeben könnten.
Entscheidend für die Entwicklung des Lebens waren sie vermutlich insofern, als sie ein membranumschlossenes Volumen zur Verfügung stellten, das sich in Vorformen einer Zelle entwickeln konnte.
Allein für diese Anfangsetappen, die keineswegs schon einfachste Lebensformen hervorbrachten, müssen also weitaus mehr Voraussetzungen zusammen kommen als fließendes Wasser und eine rudimentäre Atmosphäre.
Ob diese Bedingungen bzw. welche von ihnen jemals auf dem Mars gegeben waren, ist bis heute nicht erforscht.
Von daher erscheinen Aussagen, die Leben auf dem Mars mit Blick auf früheres / heutiges Wasservorkommen als “wahrscheinlich” bezeichnen, sehr gewagt. Vielmehr kam es hier vorerst zu einem Rückschlag: Nachgewiesene Methan auf dem Mars stammt nicht von marsianischen Bakterien – sondern zu einem großen Teil von Meteoriten.
Von exotischen Schwefelbakterien in Höhlen auf der Erde nun zu schließen, auch dort wäre Leben in kürzlich entdeckten Höhlen auf dem Mars möglich”, ist irreführend, gelinde gesagt. Die Frage lautet schließlich nicht, ob Mikroben dort überleben könnten, sondern ob sie dort entstanden ein können – das ist bei weitem nicht dasselbe. Auch die Ergebnisse aus der Erforschung sog. Schwarzer Raucher1) und Weißer Raucher deuten nicht darauf hin, dass sich Leben auf der Erde mehrmals unabhängig voneinander entstanden ist2).
Alle bekannten Lebewesen nutzen gleichen genetischen Code zur Informations-weitergabe und auch dasselbe System universellen Energieaustauschs (ATP/ADP). Dies ist als Beleg dafür zu werten, dass alles heutige Leben auf gemeinsame Vorfahren zurückgeht. Zwar könnte Leben auch mehrfach entstanden sein, aber in diesem Fall hätte nur eine Linie bis heute überlebt).
Schwarzer Raucher im Atlantik
Von ernstzunehmenden Wissenschaftlern der rote Planet auch nicht zu den aussichtsreichsten Kandidaten für extraterrestrisches Leben in unserem Sonnensystem gezählt, sondern vor allem die Monde von Jupiter und Saturn. Die lebensfreundlichsten Bedingungen im Sonnensystem außerhalb der Erde scheint nach derzeitigem Kenntnisstand der nur 500 km große Saturnmond Enceladus zu bieten:
Möglichkeiten für Leben auf Enceladus
- Zumindest in der Südpolregion von Enceladus wird die Existenz von flüssigem Wasser vermutet:
“Es könnte sich in Kammern befinden, die möglicherweise nur einige Meter unter der Oberfläche liegen und bräche dann ähnlich einem Geysir an die Oberfläche aus. Die geysirartigen Fontänen in der Südpolarregion waren bis in eine Höhe von 500 Kilometern zu beobachten.”
- Messergebnisse der Raumsonde Cassini bei ihrem Vorbeiflug vom 12. März 2008 in nur 52 km Entfernung zeigten eine viel höhere Dichte von flüchtigen Gasen wie Wasserdampf, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid als bislang angenommen. Aber auch organische Materialien waren etwa 20-mal häufiger als erwartet. Die unerwartete chemische Zusammensetzung der ausgestoßenen Partikel ähnelt der eines Kometen.
- Im Gegensatz zu einem Kometen wird Enceladus aber durch vulkanische Aktivität von innen erwärmt.
Enceladus besitzt somit Eigenwärme, Wasser und organische Moleküle, einige der wesentlichen Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben.
‘Aliens auf der Erde’?
Keine Sorge, es geht jetzt nicht um bizarre Reptiloide, die die Menschheit insgeheim beherrschen…
Sondern um die bereits kurz angesprochene Überlegung, dass auch auf unserem Planeten das Leben mehrmals entstanden sein könnte.
Spektrum der Wissenschaft befasste sich im April 2008 (vollständiger Artikel als PDF) mit den Thesen von Paul Davies andere Forscher suchen nach Mikroorganismen, die sich grundlegend von der uns bekannten Lebensform unterscheiden.
Siehe auch:
- "UFOs are real. Sie kommen von fremden Sternen." – nette Retro-Dokumentation aus dem Jahr 1979
- Ökosystem-Erde.de:
- Die Entstehung des Lebens
- Die Entfaltung des Lebens auf der Erde
- Search for Extraterrestrial Intelligence -(SETI)
Anmerkungen
1) Rätselhaft sind die Biotope um Felder hydrothermaler Tiefseequellen, weil diese nur ca. 20 Jahre aktiv sind. Dann verstopfen die Röhren, die Quellen versiegen und die Fauna stirbt auch in der nun für sie lebensfeindlich gewordenen Umgebung. Wie das Leben an neue Felder hydrothermaler Quellen kommt, ist bisher nicht erforscht.
Es gibt derzeit zwei verschiedene Theorien, die allerdings beide noch nicht hinreichend bewiesen sind:
- Die Tiere geben ihre Eier in das Umgebungswasser ab, durch das sie dann über weite Strecken durch Meeresströmungen weiter getrieben werden. Sobald ein Ei eine hydrothermale Quelle mit optimalen Lebensbedingungen erreicht, wächst daraus eine Larve.
- Die erwachsenen Tiere sind in der Lage, von Quelle zu Quelle zu „springen“. Wal-Kadaver könnten als „Trittsteinbiotope“ von einem Schwarzen Raucher zum nächsten fungieren. Wie dieser Vorgang genau vonstattengeht, darüber sind sich die Forscher nicht einig. Es wurden auch noch keine beweglichen Stadien gefunden.
2) Dennoch gehen Wissenschaftler wie z.B. Paul Davies der Frage nach, ob auf der Erde das Leben mehrmals entstanden ist. Sie suchen nach Mikroorganismen, die sich grundlegend von der uns bekannten Lebensform unterscheiden...
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