Sonntag, 21. Oktober 2012

"Warum Religion überflüssig ist"

"Das Ende des Bösen", ein Buch von Rolf Degen

Wer sich als Journalist oder Buchautor für so eine Überschrift entscheidet, kann sich eines Teilerfolges gewiss sein: er wird in hohem Maße polarisieren. Manchmal beschleicht mich der Eindruck, dass damit auch schon die Hauptintention des betreffenden Machwerks erfüllt ist.

Ein sachlicher Titel hätte schlicht "Die Naturwissenschaft entdeckt das Gute im Menschen" lauten können - zu langweilig? Kommt wohl auf die Zielgruppe an. "Die Menschen haben das Gute geerbt und nicht erlernt – das ist die These des Buches "Das Ende des Bösen" von Rolf Degen. 

Das Werk enthalte mindestens soviel atheistischen Sprengstoff wie die Bücher von Dawkins oder Christopher Hitchens, so die Beschreibung einer gleichnamigen Rezension auf Welt Online.
Um es kurz zu machen: die Rezension wird dem Buch nicht gerecht, weil sie mit platten Überschriften einen verzerrten Eindruck vermittelt: "Denn wenn der Mensch gut ist, wovon soll er erlöst werden?" Jeder Affe weiß, welcher Artgenosse ihm half Hmm...eine einzige Nachrichten-Sendung scheint mir als Beweis oder Indiz mehr als ausreichend zu sein für die Feststellung bzw. Wahrnehmung, dass der Mensch sicher nicht pauschal 'gut' ist. 

Ebenso wenig ist er per se 'böse' - daher halte ich verallgemeinernde Aussagen für unzutreffend, wie etwa
"Alle Lebewesen sind Egoisten, gesteuert von Genen, die sich reproduzieren wollen"

Verallgemeinerungen zeugen zudem selten von einem klaren Blick... Von der Fauna auf ethische Verhaltensnormen beim Menschen zu schließen, halte ich für denkbar unangebracht. Im Tierreich sind Verhaltensabläufe in weitaus höherem Maße instinktgesteuert als beim Menschen. Allenfalls einige Primaten und vielleicht noch Wale und Elefanten verfügen über rudimentäre Ansätze bewusster Verhaltensäußerungen. 
Dass ich mir dieses Buch dann doch spontan als ebook (ISBN 978-3492050319, für unter 5 € bei einschlägigen Anbietern zum Download erhältlich), ist ganz sicher nicht auf die o.a. Rezension zurück zu führen, sondern auf weitere Hinweise im Web, z.B. hier).

Die Thematik des Buches ist viel zu weitläufig, als dass sie sich hier umfassend abhandeln ließe. Einige Vorüberlegungen stelle ich dennoch an:
  • Ausgehend von ethisch-moralischen Kategorien bin ich der Auffassung, dass genetische Determination allenfalls einen von mehreren Bestimmungsfaktoren für das moralische Leitbild eines Menschen darstellt. Die Komplexität zeigt sich schon bei der subjektiven und m.E. unvollkommenen Definition dessen, was als richtig oder falsch bewertet wird.
Auch wenn hier sicherlich ein Grundkonsens bestehen kann (selbst Gewaltfreiheit wird leider nicht von allen Menschen als erstrebenswert erachtet), gelangt doch ein jeder zu seiner persönlich-individuellen Verhltens- und Bewertungssystematik.
  • Diese moralische Skala unterliegt einem stetigen Wandel: was ich mit 18 oder 20 für richtig oder wenigstens 'annehmbar' gehalten habe, sehe ich heute mitunter ausgesprochen kritisch. Diese Veränderung entspringt jedoch nicht ausschließlich meinem Inneren, sondern sie wird zugleich von gesellschaftlichen Entwicklungen mit beeinflusst. Zum Beispiel hat sich die Sexualmoral nachweislich seit den 80er und 90er Jahren drastisch verändert, u.a. infolge der Erkrankungen HIV bzw. AIDS.
Allein daran scheint sich zu zeigen, dass nicht allein die genetische Festlegung für moralisches Handeln zuständig ist.-

  • Legt man den Fokus auf eine ganze Spezies, gelangt man zu einer völlig anderen Einschätzung, als wenn man die zu einer Gattung zählenden Individuen vergleichend betrachtet. Folglich sehe ich wenig Sinn darin, eine uralte Kontroverse zu zementieren. Der o.a. Artikel greift die beiden Positionen so auf:
Die Pro-Religion-Fraktion: Ohne Gott würde Mord und Totschlag herrschen, tönt es von den Kanzeln. Erst durch Moses mit den 10 Geboten sowie einer Fülle von Gesetzen und später durch Jesus seien aus Wilden humane Wesen geworden. Deren Bereitschaft zur Nächstenliebe wurde ihnen lt. dieser Annahme zunächst mehr oder weniger aufgezwungen ... diesbezügliche Einsichten kamen ihnen erst später. (Was ist eigentlich mit den anderen Religionen?)
Die 'Nix Gott, Alles ist Zufall'-Fraktion: Das Gute gab es schon vor Moses - Sozialverhalten und 'Güte' sind in unseren Genen angelegt. Zweifel am segensreichen Wirken der Gottesverehrung sind Zweifel angebracht, zumal in mehreren Gegenden religiöse Auseinandersetzungen in gewaltbetonte Konflikten eskalieren.

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