Montag, 13. August 2012

Über die Kunst, kein Egoist zu sein

Gesprächsrunde u.a. mit Richard David Precht (WDR,Planet Wissen)

ist Gier etwas ganz natürliches? Ist Geiz wirklich geil, wie die Werbung suggeriert und dabei doch zum vermehrten geldausgeben veranlassen will? Oder ist Egoismus ein erlernter Verhaltensmotivator, der Anerkennung verspricht? Wie kommt Hilfsbereitschaft zustande und wovon hängt sie ab?

In dem, wie ich meine, überaus interessanten Gespräch ist u.a. auch von kognitiver Dissonanz die Rede, die unser Verhalten gegenüber anderen mitbeeinflusst. Darunter versteht die Psychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, wenn ein Mensch z.B. einen drastischen Unterschied zwischen Eigen- und Wahrnehmung spürt, oder Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten –, die nicht miteinander vereinbar sind.

  • Ein klassisches ’Beispiel’:
    In Äsops Fabel
    Der Fuchs und die Trauben möchte der Fuchs Trauben fressen, ist jedoch unfähig, sie zu erreichen. Statt sich sein Versagen einzugestehen, wertet er die Trauben ab als „zu sauer und nicht der Mühe wert“:

Verkürzt gesagt, wollen wir uns selbst für ‘gut’ (fair, clever, integer etc.) halten dürfen …und wir haben den Wunsch, das unsere Freunde, Kollegen usw. das genau so sehen. Tun sie das nicht, fühlen viele Menschen sich unwohl und oft genug unverstanden – aber die Reaktion kann unterschiedlich ausfallen:

  • Entweder wir sind ehrlich zu uns selbst, haben eine Art Schuldempfindung und korrigieren das eigene Verhalten – abhängig von unserer jeweiligen Situation und dem Ausmaß der Konsequenzen, die sich aus der Verhaltensänderung ergeben.
  • Oder wir greifen auf Strategien der Dissonanzauflösung zurück:
    beispielsweise
    projizieren unsere negative Empfindung auf den/die Menschen, die ein anderes Bild von uns haben, als wir uns wünschen. Wir reagieren dann verletzt, rechtfertigen uns, relativieren unser Verhalten und werfen den anderen Fehleinschätzungen oder Boshaftigkeit vor.
    Selbst in diesem Fall, wenn wir uns fast erfolgreich eingeredet haben, dass die anderen schuld sind, gelangen wir bisweilen zu neuen Einsichten, wenn auch verzögert.

Die Talkrunde verbleibt nicht bei der philosophisch-psychologischen Analyse menschlicher Vorstellungsbilder zu ‘gut’ und ‘böse’ – beides ist nicht definierbar, sondern basiert stets auf einer veränderlichen Übereinkunft. Vielmehr werden auch Möglichkeiten diskutiert, wie der einzelne durch sein Konsumverhalten daran mitwirken könne, dass ‘die Welt besser wird’:

Ein Aspekt fehlt mir in dieser Runde fast vollständig: das Gruppenverhalten und die Motivationsbildung von Institutionen: Gerne hätte ich mehr darüber erfahren, wie Firmen, Interessengruppen oder auch Teiler der Gesellschaft im Hinblick auf die Motivation gemeinschaftlich ausgeübten Verhaltens ticken…

1 Kommentar:

  1. "Die Haupt- und Grundtriebfeder im Menschen, wie im Tiere, ist der Egoismus, d. h. der Drang zum Dasein und Wohlsein."

    Arthur Schopenhauer (1788 - 1860)

    "Die Selbstsucht besteht nicht darin, dass man lebt, wie man will, sondern dass man von anderen verlangt, sie sollen leben, wie man will."

    Oscar Wilde (1854 - 1900)

    Der Mensch unterscheidet sich vom Tier, indem er eben nicht in der Natur, sondern in einer arbeitsteiligen Kultur lebt, die er sich zusammen mit vielen anderen Menschen künstlich aufbaut. Bisher hat der Kulturmensch die Erfahrung gemacht, dass sein "Drang zum Dasein und Wohlsein" immer wieder mit demselben Drang der anderen kollidiert. Doch anstatt die bisherige Form der Arbeitsteilung in Frage zu stellen, stellt der Mitleidsethiker den Egoismus in Frage, was dazu führt, "dass man von anderen verlangt, sie sollen leben, wie man will". Damit entlarvt Oscar Wilde die Mitleidsethik des Arthur Schopenhauer als das, was sie ist.

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2017/04/die-kunst-ein-egoist-zu-sein.html

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