Mittwoch, 15. August 2012

Unerwartete Bereiche der Realität

Buchtipp: ‘Die verborgene Wirklichkeit’ von Brian Greene


Prof. Brian Greene hat in Harvard und Oxford studiert und lehrt seit 1996 Physik und Mathematik als Professor an der Columbia University (New York). Als Experte für String und Superstring-Theorien und Kenner hat u.a. die Bestseller „Das elegante Universum“ und „Der Stoff, aus dem der Kosmos ist“ (2004) verfasst. 


Brian Greene’s neues Buch ‘Die verborgene Wirklichkeit’ kommt mit dem Titelzusatz ‘Wir sind nicht allein’ daher. Hat sich der bekannte Autor populärwissenschaftlicher Bücher zu Kosmologie und Physik jetzt auch der wachsenden Gemeinde der UFO-Gläubigen angeschlossen? Kaum.

Die Erkenntnisse der Physik erfordern “bereits für sich genommen radikale Veränderungen an unserem Bild vom Kosmos”…: Raum, Zeit, Materie und Energie verfügen über ein Verhaltensrepertoire, das weit über unsere Alltagserfahrung hinausgeht.
Konkret geht es in diesem Buch primär darum, die wichtigsten wissenschaftlichen Konzepte über Paralleluniversen zu beschreiben und kritisch zu untersuchen.


Man darf sich die Frage stellen: ‘Was ist los in etablierten Physikerkreisen, wenn Stephen Hawking sich allmählich vom Urknall verabschiedet und Brian Green ernsthaft über Parallelwelten nachdenkt?’ Doch diese Öffnung weg vom einseitigen Wissenschaftsdogmatismus kann nur positiv bewertet werten…und wurde höchste Zeit.

Die Definition, was ein ‘eigenständiges Universen’ sei, bezeichnet Greene als schwierig; analog zur Pornographie lasse sich vereinfachend feststellen: “Wenn ich es sehe, weiß ich es.” Alles was im Weltraum existiert oder einen Einfluss auf uns hat, gehört dazu. Wir wissen nicht, wie es wirklich entstanden ist, woraus es besteht und wie es sich entwickeln wird. Ähnlich problematisch die Festlegung der Begrifflichkeit ‘Paralleluniversum’ – abstrahiert laute die zentrale Frage: 
Wird unsere konventionelle Vorstellung durch die Existenz von Bereichen in Frage gestellt, die nahelegen, dass das, was wir lange Zeit für das Universum gehalten haben, letztlich nur ein Bestandteil einer viel größeren, vielleicht auch viel seltsameren und größtenteils verborgenen Wirklichkeit ist?
Die Antwort scheint Ja zu lauten, jedenfalls haben Fortschritte in der Quantenphysik und Kosmologie sowie das Bemühen um eine Vereinheitlichte Theorie dazu geführt, dass Naturwissenschaftler heute über Formen von Paralleluniversen ernstlich nachdenken. Zählte der Begriff des Multiversums vor zehn Jahren zu den Lieblingskindern belächelter Mystiker mit esoterischem Touch, legen inzwischen manche Wissenschaftler in ihren Theorien, dass es unfassbar große Anzahl anderer Universen gibt, zu denen wir allerdings absolut keinen Zugang haben.
In seinem neuen Buch stellt Greene vor, wie parallele Welten entstanden und aufgebaut sein könnten.

Allerdings gehen Vorstellungen und Thesen über die Beschaffenheit paralleler Welten noch sehr weit auseinander. Der noch sehr spekulative Charakter solcher Überlegungen zeigt sich gerade an der Frage, ob Paralleluniversen wohl den gleichen Naturgesetzen unterliegen, die wir kennen – oder ob dort ein anderer Satz Regeln Gültigkeit besitzt. So lasse die Stringtheorie drei Varianten zu: das Branen-, das zyklische Universum und das Landschafts-Multiversum. Wie dem auch sei, eines scheint sich zu erhärten: Wir leben in einem von vielen Universen.

Schon Platon deutete in seinem Höhlengleichnis die Möglichkeit an, unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit könnte bloß ein schwacher Widerschein einer viel umfassenderen, komplexeren Realität sein. Mehr als nur eine Metapher?
Offenbar steht unser bisheriger Wissensstand vor einer erneuten Umwälzung.

Das neue Buch von Greene eignet sich durchaus für interessierte Laien. Diese benötigen, je nach Vorbildung und Wissensstand, Geduld und ein gewisses Durchhaltevermögen, damit diese Lektüre die erwarteten Einblicke in die mutmaßliche Beschaffenheit unserer Wirklichkeit erschließen kann.
---
Brian Greene: Die verborgene Wirklichkeit. Paralleluniversen und die Gesetze des Kosmos.
übersetzt von Sebastian Vogel
Siedler Verlag, Berlin 2012 - 448 Seiten, 24,99 Euro

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen