Freitag, 10. Februar 2012

Göttliche Allmacht und Monotheismus - wozu?

Wer an einen persönlichen Gott als Schöpfer und glaubt, geht in der Regel auch von dessen Allmacht aus, d.h. von dem Vermögen, so ziemlich alles Vorstellbare zu bewirken - sofern es logisch und sinnvoll Sinn ergibt. Abweichend davon führt Johann Greber aus, dass auch Gottes Handeln sowohl logischen, als auch natürlichen Gesetzmäßigkeiten folge, die er einst selbst geschaffen habe und denen er sich seit dem auch selbst unterwirft. Wenn uns Menschen bestimmte Phänomene übernatürlich erscheinen, dann liege das nur an unserem überaus unvollkommenen Verständnis der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten.

Trickreiche Fragen ('Kann Gott sich selbst töten?' oder 'Kann Gott einen Stein schaffen, der so schwer ist, dass er ihn nicht heben kann?') halte ich dagegen für ungeeignet, um die Frage nach der Existenz und dem Wesen Gottes zu ergründen. Doch wie ist es um diese Allmacht beschaffen? Könnte es sich dabei um eine Überinterpretation aus früheren Zeiten handeln, als die Menschen noch etwas leichter zu beeindrucken waren als wir heute? Dann wäre aber der Gott, der mit den Menschen nach biblischer Überlieferung in direkten Kontakt trat, kaum für die Erschaffung des Universums und seiner unglaublich fein abgestimmten Gesetze verantwortlich - wer dazu in der Lage war, hat sich den Titel 'Allmächtiger' nun wirklich redlich verdient. Was aber, wenn jene als persönliche Gott wahrgenommene Wesenheit nicht das Universum, die Materie und alles Leben erschaffen hat? Bleibt dann nur noch der 'exo-theologische' Ansatz?

Es ist sicher hochinteressant, auch die theologischen Relevanz von möglichem extraterrestrischem Leben zu analysieren - sie macht derzeit aber nur vor dem Hintergrund der Thesen Dänikens, Sitchins usw. Sinn. Danach hätten technisch überlegene Aliens die frühen Menschen besucht und seien als Götter verehrt worden.


Ferner kann man sich auch die Frage stellen, ob die Religionen weitgehend kollabieren würden, falls man intelligentes Leben im Kosmos entdeckt werden sollte? Der SciFi-Autor Arthur C. Clarke bemerkte im Jahre 1951 (eine Zeit allgemeiner UFO-Hysterie vor allem in den USA) eine verbreitete Angst davor, dass der Kontakt mit anderen intelligenten Lebewesen die eigenen Glaubensfundamente zerstöre. Doch Clarke betrachtete solche Befürchtungen schlicht als unangebracht, und erklärte sinngemäß: Um einen Glauben brauche es einem nicht leidtun, wenn dieser die Kollision mit der Wahrheit nicht vertragen könne.


Doch auf diese Alien-Besuchs-Thesen ziele ich hier nicht ab, sondern eher auf die Frage des Monotheismus ('Nur ein Gott?') - in Verbindung mit der Überlegung, dass der persönlich wahrgenommene Gott nicht zwangsläufig identisch sein muss mit jener alles durchdringenden, intelligenten und schöpferischen Kraft. In mosaisch-christlichen Begriffen stelle ich mir also die Frage, ob der Heilige Geist und Gott-Vater ein und dieselbe Wesenheit sind. Es fällt wirklich nicht schwer aufzuzeigen, dass die biblische Vaterfigur keineswegs als durchgehend allmächtig, allgegenwärtig und allwissend (als Teilmenge von Allmacht, d.h. überall gleichzeitig präsent zu sein und alles zu wissen) beschrieben wird:

Nach dieser Schilderung ist Gott-Vater nicht immer über alles im Bilde: Er sucht Adam nach dem Sündenfall und begehrt zu erfahren, wer ihn verführt habe.
Auch an Weitsicht scheint es ihm bisweilen zu mangeln: den Herrn reute es nach 1 Mose 6,6 die Menschen erschaffen zu haben. Später bedauert er ausdrücklich, die Sintflut herbeigeführt zu haben - ein weiterer 'Fehler'? Jedenfalls zieht Er eine Konsequenz für sein zukünftiges Handeln.

Michaela Mößner stellt zudem fest, dass sich im A.T. die Allmacht Gottes nicht immer und überall auftritt - sondern nur dann, wenn das Volk Israel sich in einer historischen Notsituation befindet. Im N.T. geht es um den Heilswillen Gottes, seine Allmacht trete hier nur im Kontext einer Bitte oder eines Zuspruchs auf. Eine Ausnahme hiervon bildet freilich die Offenbarung des Johannes. 


Ob die Welt ein Zufallsprodukt ist oder erschaffen wurde, wird der Mensch nicht so bald endgültig beantworten können, vielleicht gelingt es ihm niemals. Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass eine schöpferische, planende Intelligenz beteiligt war - zumindest insoweit, als sie mit den Naturgesetzen und -konstanten den Rahmen schuf, in dem sich die Welt nach dem Kausalitätsgesetz entfalten konnte. Dass Leben per Zufall entstanden sein soll, ist für mich ebenfalls nicht vorstellbar. Insoweit tendiere ich zu Ansätzen wie dem pantheistischen Idealismus Volker Beckers und der impliziten Ordnung David Bohms

Insoweit glaube ich an 'den Einen' - dergestalt, dass Alles-was-ist in dieser Einheit wiederzufinden ist. Doch wo bleibt in diesen Paradigmen das Bild eines persönlichen Gottes (“ein Mann, der die Dinge baut…”) - alles pure Erfindung, Einbildung oder projiziertes Wunschdenken? Mir sind gerade in Bezug auf derartige Fragen solche Erklärungsversuche am liebsten, die innerhalb eines plausiblen Modells Antworten mit 'Sowohl..als auch'- Charakter liefern, anstatt der Ausschließlichkeit (Entweder-Oder) den Vorzug zu geben. 

Bei der Frage nach dem Wesen des Göttlichen stoße ich nur auf ein Problem: wenn ich einen Erklärungsversuch verfolge, der sowohl eine nicht-persönliche Schöpferkraft als auch eine/mehrere mit dieser Kraft nicht identische Entitäten als existent annimmt, dann verlasse ich den Boden des Monotheismus ('Nur ein Gott'). Von weitem betrachtet, nähere ich mich hinduistischem Gedankengut, das eine hierarchisch aufgebaute Welt voller 'Halbgötter' und 'Götter' vorsieht, die letztlich aber Erscheinungsformen einer nicht persönlichen Urkraft sind.

Im Hinduglauben begegnen wir Krishna und Rama als menschlichen Verkörperungen des Gottes Vishnu.

Vishnu aber ist Teil der Trimurti, einer Konzeption der „drei Gestalten“ im Hinduismus. Diese besteht aus drei Aspekten des Göttlichen, die mit den fundamentalen Prinzipien bzw. Kräften des Kosmos in Verbindung stehen:
  • Schöpfung: Brahma (Brahma ist das erste Lebewesen im Universum - der erstgeborene Sohn Gottes, dessen Vater Vishnu ist. Von ihm als sekundärem Schöpfer des Universums gehen alle anderen Halbgötter aus.)
  • Erhaltung: Vishnu 
  • Zerstörung: Shiva
In der Dreiheit sind die Aufgaben verteilt: Vishnu ist die göttliche Form der Erhaltung, der eine gerechte kosmologische und menschlichen Ordnung erhält und zu diesem Zweck immer wieder in die materielle Welt inkarniert. Shiva dagegen zerstört, um einen Neuanfang zu ermöglichen, während Brahma für die Schöpfung zuständig ist. Das Trimurti-Konzept symbolisiert, dass alle göttlichen Wirkungen von einer Einheit ausgehen, da die drei Aspekte sich gegenseitig bedingen und ergänzen.

Vishnu aber zeigt sich in einer Vielzahl von Manifestationen, wann immer er auf der Erde inkarniert, wenn die Weltordnung (Dharma) ins Schwanken zu geraten droht, auf der Erde. Diese Inkarnationen werden Avataras genannt.


Ist es möglich, die christliche Vorstellungswelt einer Trinität (Geist - Gott-Vater - Jesus als inkarnierte, menschliche Manifestation des Göttlichen) losgelöst vom starren Konzept des Monotheismus zu betrachten? Mir ist bewusst, dass mit diesem winzigen Seitenblick auf den Hinduglauben die Frage nach der Allmacht des biblischen Gott-Vaters nicht beantwortet wird. Doch lässt sich so wenigstens ein Konzept benennen, das teils polytheistische, teils monotheistische Aspekte integriert - indem es auf diese starre Unterscheidung schlichtweg verzichtet. Wäre Gott-Vater in einer hierarchischen Vorstellung (deren Spitze der göttliche Geist bildet, aus dem alles lebende hervorgeht) ein 'Halbgott'? Ich gebe zu, dies klingt zunächst wie eine Herabsetzung, bei der mir auch nicht ganz wohl ist. Doch handelt es sich hier lediglich um einen austauschbaren Begriff, den wir Europäer vorzugsweise in Verbindung mit der altgriechischen, mythologischen Götterwelt kennen und verwenden.


Mit den mythologischen Halbgöttern (die auch noch zur Hälfte von einem nichtgöttlichen Wesen abstammen), von denen viele an moralischen Defiziten und Unvermögen kaum zu überbieten sind, kann der biblische Gott-Vater schwerlich verglichen werden - der gleiche begriff wird hier in zwei völlig verschiedenen Konzepten verwendet. Das griechische Pantheon wie auch die im A.T. aufs heftigste verurteilte 'Götzenanbetung' zeigen aber zugleich, dass es damals religös wie soziokulturell zweckmäßig war, den spirituellen Vorstellungen von damals eine einheitliche Richtung zugeben. Aus dem naivem Aberglauben an Hausgottheiten und Statuetten sollte ein 'echter Glaube' werden, der für die geistige Entwicklung des Individuums (aber auch für die politisch-klerikalen Machthaber) von ungleich höherem Nutzen war.


Eine andere Bezugnahme halte 
ich hingegen für zulässig: Die Veden erklären, dass die Halbgötter zwar machtvoll wirken können, aber nicht allmächtig sind: So können sie 'viele Segnungen erteilen', doch sie können niemanden aus dem Kreislauf von Geburt und Tod befreien - nicht einmal sich selbst. Auch das Konzept des Gnostizismus nimmt eine (nur zum Teil) vergleichbare Differenzierung vor: Einerseits gibt es einen einen vollkommenen allumfassenden Gott, der alles Gute ('das Licht') verkörpert. 
Von diesem wird ein unvollkommener Gott, der Demiurg oder Schöpfergott unterschieden, der seinerseits eigenmächtig das materielle All erschafft. In vielen gnostischen Schriften dieser Demiurg mit JHWH, dem Gott des Alten Testaments, identifiziert. 

Jesus von Nazareth aber sei nicht der Sohn des JHWH, sondern geistig das inkarnierte Kind der vollkommenen Gottheit. Bei den Gnostikern begegnen wir also einer subjektiven Wertigkeit von Gut und Böse, die meines Erachtens in eine Sackgasse führt- Festzuhalten ist, dass ein starrer, auf dogmatischen Definitionen und Begrifflichkeiten basierender Monotheismus keineswegs die einzig denkbare Alternative darstellt, um das Wesen des Göttlichen zu verstehen.

Wesentlich scheint zu sein, dass ab einer bestimmten Ebene alles Göttliche eine Einheit und zugleich einen Ausgangspunkt bildet. Wird diese göttliche Einheit dann 'getrennt' nach ihrem Teilkräften bzw. Aspekten in mehrere Erscheinungsformen untergliedert (was auch die Katholiken genaugenommen mit ihren Heiligen tun, die sie formal zwar nicht anbeten, sondern anrufen), so mag darin ein durchaus gangbarer Weg des Verstehens liegen.

2 Kommentare:

  1. hi,

    als es um die Erschaffung der Menschen ging sagten die Engel zu Gott: 'Lass uns Menschen schaffen unserem Bilde gleich' - ich denk da Gott alles schon einmal geschaffen hat überlässt er es seinen treuen Dienern. Im Srimad-Bhagavatam wird die höchste Persönlichkeit als der beobachtende Vogel verglichen und wir sind die handelnden Vögel. Ich denke damit will er seinen Engeln/Goettern/Halbgöttern lehren - lerne durch handeln. Ich seh Gott auch nicht als ein alten Mann. Sein Reich ist ewig und somit ist er auch ewiglich jung. 'Manche Dinge sind einfach zu groß für unseren menschlichen Geist als sie begreifen zu können'.

    In den Veden wird erzählt, das Visnu zuerst in dem Mund der Fisch-Inkarnation Krsna erschienen ist. In der Bibel steht der Christus sei das Wort. Somit glaube ich das Christus niemand anderes ist als Visnu persönlich. Und da er eine direkte Erweiterung von Krsna ist trägt er somit alle Eigenschaften vom ihm. Jesus sagte: 'Wer mich gesehen hat, hat Gott gesehen' - Jesus spricht nicht davon er selbst sei Gott - er spricht vielmehr von seiner Überseele, die ein direkter Teil der höchsten Persönlichkeit ist.

    Es kommt oft die Frage auf: Wenn es einen Gott gibt warum lässt er dann all das Leid zu? Diese Frage ist nicht ganz unbegründet. In der Bibel steht das der Teufel vor Gott trat und behauptete 'Der Mensch kämen ohne ihn viel besser zurecht' - naja, wie sollte man es ihm anders Beweisen?

    Ich denke als Gott Adam im Paradies aufsucht ist er sich wirklich bewusst darüber was passiert ist. Was er mit seiner scheinbaren Unwissenheit herausfinden möchte ist ob Adam lügt. Und da Moses dies alles in Visionen sah hatte dies auch für ihn den Anschein er wüsste nicht bescheid.

    Ich bin fest davon Überzeugt, dass Gott allmächtig ist und das er sofort alles verändern könnte - doch ist das nicht sein Ziel - ich denke er führt jedes einzelne Lebewesen ob Engel oder ob kleine Ameise zu einer Vollkommenheit, die wir nur durch Erfahrung erreichen können.

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  2. Danke für deinen Kommentar, Kabloka (den ich erst jetzt entdeckt habe ... gewöhne mich erst noch an die neue 'Heimat':)

    Wenn Gottes Diener sich insgesamt als als solche betrachten würden und zudem noch treu wären, dann könnte er seine Schöpfung vertrauensvoll in diese Hände abgeben.
    Dass dies noch nicht so recht funktioniert, werden wir erst noch einsehen.
    Oder hast du mit Dienern andere als die Menschen gemeint? In den Veden existieren ja durchaus noch andere Instanzen mit weitaus mehr Durchblick, als wir ihn haben...

    'Seinem Ebenbilde gleich' stellt meines Erachtens ein Potenial dar, welches wir (als Individuen und als Spezies einst erreichen werden. Dass dem so sein wird, daran habe ich keinen Zweifel ... es mag halt nur eine ganze Weile dauern, bis wir so weit sind.

    Die Veden kenne ich bislang noch nicht sehr tiefgehend, doch deine Analogie erscheint mir plausibel. Sie scheint meine Überzeugung zu bestätigen, dass alle friedlichen Glaubensüberzeugungen letztlich verschiedene Wege zu einem Ziel sind.

    Wie du gehe ich auch davon aus, dass Gott allmächtig, allwissend und überall gleichzeitig präsent ist. Für allgütig halte ich ihn ebenfalls - aber halt nicht so, dass er seine eigenen Naturgesetze und die Kausalität in Frage stellt, damit es uns Menschen subjektiv besser geht.
    Daraus ergeben sich zwar Widersprüche zur Bibel, aber damit kann ich leben.

    Liebe Grüße,
    George

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