Sonntag, 5. Februar 2012

Sonnenstürme und mögliche Auswirkungen

Jetzt mal Klartext

Dieser Blog soll definitiv keine Form von Panikmache unterstützen, ebenso lehne ich das Gerede von einem zeitlich vorhersehbaren Untergang unserer Zivilisation ab. Für das nun angebrochene Jahr 2012 werden die unterschiedlichsten "Theorien" möglicher Endzeitszenarien aufgestellt - von den Leuten, die entweder selbst an einen unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang glauben oder ihren persönlichen Nutzen aus ein wenig Trittbrettfahrerei ziehen wollen.  
Den Kopf in den Sand stecken und sich einzureden, alles sei im grünen Bereich und die Zukunft der Menschheit für Jahrhunderte gesichert, halte ich für ebenso unangebracht. Es gibt durchaus Risikopotenziale mit mittel- und langfristigem Horizont, sodass ich es für naheliegend halte, diese Themen zu recherchieren und so einen eigenen Einblick zu gewinnen, was uns womöglich blüht - und was nicht.

Sonnenflecken und Sonnenstürme

... bilden einen der Ursachenkomplexe, die immer wieder als mögliche Ursache einer 'Endzeit' angeführt werden. Eine realistische Bewertung wird dadurch erschwert, dass dem Weltuntergangs-Geschrei diesbezüglich ein wahrer Kern zugrunde liegt, der aber wie so oft maßlos übertrieben wird. Tatsache ist indessen, dass gewaltige Sonneneruption das moderne Leben auf der Erde für Tage, Wochen oder sogar Monate lahmlegen könnten. Die Zusammenhänge erklärt Professor Harald Lesch: 



Die Sonnenaktivität verläuft also in Zyklen, etwa alle elf Jahre endet ein Zyklus – begleitet von einem kurzfristigen Leistungsabfall der Sonnenaktivität. Nach einer kurzen Phase verminderter Aktivität beginnt ein neuer Zyklus und die Sonnenaktivität steigt wieder an. Für 2012/2012 haben Wissenschaftler den Beginn eines neuen Zyklus berechnet, da die letzten Zyklen jedoch sehr ruhig verliefen und die Sonne bis Ende 2010 eine sehr geringe Aktivität zeigte, sei zu befürchten, dass dieser neue Zyklus könnte mit überdurchschnittlich starken Sonneneruptionen einhergehe. Die Astro-Meteorologen erwarten vor allem für 2013 das Maximum des gegenwärtigen Sonnenfleckenzyklus, der sehr starke geomagnetische Sonnenstürme auslösen kann und mit einiger Wahrscheinlichkeit wird. Zwischeneiszeiten und Hungersnöte? Prof. Harald Lesch redet nicht um den Brei: Veränderungen der Sonnenaktivität waren auch in der jüngeren Vergangenheit (gemeint sind mehrere Jahrhunderte) verantwortlich für gravierende, weitreichende Wetterveränderungen, aus denen sog. Zwischeneiszeiten resultierten. 

Diese plötzlichen Klimaveränderungen führten mehrmals zu Hungersnöten. Davon geht (im buchstäblichen Sinne) zwar nicht die Welt unter und die menschliche Spezies ist nicht insgesamt bedroht, doch ist die Möglichkeit so massiver Wetterveränderungen ernst zu nehmen. Bis ins 18. Jahrhundert brachen Hungersnöte in der damaligen Bevölkerung mitunter schon aus, wenn Unwetter oder andere Naturereignisse die Ernteerträge schmälerten. Schon monatelanges Ausbleiben von Regen hatte oft eine Missernte mit katastrophalen Auswirkungen für die betroffenen Regionen zur Folge. Heute bestehen freilich ausgereifte Logistiknetze, durch die örtliche Engpässe relativ leicht kompensiert werden können. Wegen eines Unwetters braucht daher niemand um seine Nahrungsgrundlagen zu fürchten. Eine oder mehrere Sonneneruptionen der höchsten Intensitätsstufe hätten dagegen potenziell globale Auswirkungen, wenn die Eruption der Erde zugewandt wäre. In diesem Fall könnten elektrisch geladenen Partikelteilchen von einigen Milliarden Volt das erdeigene Magnetfeld stark verzerren. 

Durch die Erddrehung würde die überschüssige Energie wieder weltweit verteilt werden und - bei ausreichender Stärke - zu einem Kollaps der Stromnetze führen. Überlandleitungen würden überschüssige Energie zu den Transformatoren der jeweiligen Verteilerstationen leiten und eine unvorhersehbare Anzahl davon zerstören. Bis zu mehrere Milliarden Menschen wären im Extremfall augenblicklich ohne Strom sein, die Reparaturen würden Monate beanspruchen. Bis dahin müssten die Menschen in den betroffenen Regionen nicht nur auf Informations- und Kommunikationstechnologien verzichten, sondern auch auf grundlegende Dinge wie Herd, Kühlschrank, Auto. Nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam legte der bislang größte Sonnensturm der Geschichte am 1./2. September 1859 die gerade eingeführten Telegrafenleitungen lahm und iIn Telegrafenstationen führten Kurzschlüsse zu Bränden. Würde ein vergleichbarer Solarsturm heute auf die Erde treffen, kann jeder von uns sich die verschiedenen Auswirkungen und Kettenreaktion für unsere von Elektrizität so abhängigen Gesellschaft selbst ausmalen. Dagegen ist die momentane Euro-Schuldenkrise ein Witz. (Es handelt sich hier um ein Worst-Case-Szenario, das keinesfalls in naher Zukunft so eintreten muss! Doch sollte auch die theoretische Möglichkeit einer solchen Ereigniskette Anlass genug sein, in sinnvollem Umfang Vorsorge zu treffen)


Die europäische Union hat im Gegensatz z.B. zu den USA bisher keine umfassenden Notfallpläne für ein solches Szenario entwickelt. Darin sehe ich ein recht ernstes und vor allem überflüssiges Manko. Schnell eingeleitete Notfallmaßnahmen könnte einen möglichen Energiekollaps immerhin entschärfen (in den USA würden bei einer so massiven Sonneneruption Kraftwerke auf ein Minimum gedrosselt, Satelliten abgeschaltet und Passagierflugzeuge auf möglichst ungefährliche Flugbahnen umgeleitet. 

Falls auch einzelne europäische Staaten oder die EU derartige Notfallpläne frühzeitig entwickeln und Vorsorge treffen würden, könnten die schlimmsten Folgen solarer Eruptionen weitgehend umgangen werden, sagen Experten. Gerade jetzt (vom 23.-25.Januar 2012) trafen mittelschwere geomagnetischer Stürme auf Deutschland. Die aktuelle Plasmawolke hatte sich am Montag von der Sonne gelöst und erreichte nach Angaben der US-Wetterbehörde NOAA eine Anfangsgeschwindigkeit von mehr als 2000 Kilometern pro Sekunde(>7,2 Millionen Stundenkilometer). Laut NOOA handelt es sich um den stärksten geomagnetische Sturm seit 2003. 

Wenngleich Satellitenverbindungen und das GPS-Navigationssystem als gefährdet eingestuft wurden und für höhere Breitengrade auch vor möglichen Störungen im Stromnetz und in der Funkkommunikation gewarnt wurde, blieben größere Schäden nach bisherigen Erkenntnissen aus. Doch habe der stärkste Sonnensturm seit fast einem Jahrzehnt hat die US-Fluggesellschaft Delta Air Lines zu Routenänderungen gezwungen. Diesmal hatten wir noch Glück...die Energieteilchen trafen die Erde nicht mit voller Wucht - ein Grund, sich auch weiterhin darauf zu verlassen?  
Wohl kaum...: Der englische Politiker Graham Stringer forderte schon im März 2009 von seiner Regierung, die von der NASA benannten Folgen möglicher Sonnenstürme ernst zu nehmen und geeignete Notfallpläne (Schutz der lebensnotwendigen Versorgungsnetzwerke für Energie, Lebensmitteln und Trinkwasser) auszuarbeiten. Vorsorge für konkret zu erwartende Naturereignisse ist sicher keine Überreaktion, sondern vernünftig.
Aber: Mit einigen Tagen Verzögerung werden die 'üblichen Verdächtigen' den aktuellen Sonnensturm als Anzeichen für den 'Anfang vom Ende' umdeuten und wieder einmal unnötige, weil übertriebene Befürchtungen schüren.
 
[Nachtrag: Da habe ich mich mal fies geirrt, das Geunke ging nämlich schon vorher los...aber wozu dann noch packen, ein Anflug von Galgenhumor? Wäre möglich, wenn ich mir den Spendenaufruf von Rick Santorum ("Schwanger nach Vergewaltigung ist ein Gottesgeschenk") einen Absatz später ansehe. Auch der Subtitle der Seite "Falschmeldungen am laufenden Band" deutet vorsichtig in diese Richtung ;)]
Florian Freistetter stellt hierzu klar:
Ein Sonnensturm und dazu noch ein "Protonensturm"? Müssen wir wirklich keine Angst haben? Nein - wer nicht zufällig Astronaut, Flugzeugkapitän oder der Betreiber eines Satelliten ist, muss sich keine großen Sorgen machen ... wird uns auch diesmal die Atmosphäre der Erde und ihr Magnetfeld vor dem koronalen Massenauswurf schützen. [...] Der "Protonensturm" ist als S3 klassifiziert. Das bedeutet, dass manche Satelliten gestört werden könnten ... Auch von den Störungen der GPS-Satelliten, von denen heute überall in den Medien zu lesen ist, werden wir nicht viel merken ... Die Astronauten auf der ISS werden sich in ihr speziell abgeschirmtes Modul begeben. [...] Ansonsten werden wir Normalbürger vom Sonnensturm nicht viel mitbekommen. Klar, auf den einschlägigen Esoterik- und Pseudowissenschaftsseiten wird natürlich wieder Panik geschoben und von den gesundheitlichen Beeinträchtigungen für uns Menschen geschrieben. Die gibt es aber nicht.
Also: Vorsorge und Notfallpläne sind wünschenswert - Panikmache dagegen nicht!




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