Montag, 20. Februar 2012

Naturkräfte: Der Weltäther

Während die Naturwissenschaft heute von vier bekannten Naturkräften ausgeht, bestand noch vor etwa hundert Jahren eine gänzlich andere Vorstellung dessen, was die Welt zusammen hält und alle physikalischen Ereignisse bestimmt. Man glaubte an ein Medium, gleichsam dem unsichtbaren 'Klebstoff des Universums'.

Die uns im Alltag vertrauten Wellen, z.B. Wasser- oder Schallwellen, werden von einer Substanz, einem Medium, übertragen - z.B. Schallwellen von der Luft. Dabei wird die Geschwindigkeit dieser Wellen relativ zu diesem Medium angegeben.
Die 'Schallgeschwindigkeit' von etwa 1200 km/h meint, dass die Schallwellen sich in einer ansonsten ruhenden Luft mit dieser Geschwindigkeit ausbreiten. Von daher nahmen nahmen Physiker im 19. Jahrhundert noch an, dass sich auch Licht, d.h. elektromagnetische Wellen - nur in einem bestimmten Medium ausbreiten könne. Ein solches Medium war zwar weder entdeckt noch jemals bewiesen worden, dennoch wurde seine Existenz wurde schon von den alten Griechen vorausgesetzt.


Diesen unsichtbaren, das Licht übertragenden Stoff bezeichnete man als Weltäther, Lichtäther oder einfach Äther. Dies war schon Aristoteles' Sammelbezeichnung für eine 'magische Substanz' gewesen, aus der seiner Meinung nach alle Himmelskörper bestanden.

Der englische Physiker James Maxwell hatte 1865 seine Theorie über die Ausbreitung des Lichts vorgeschlagen, mit der es gelang, die Teiltheorien über die Kräfte von Elektrizität und Magnetismus zu vereinigen. Nach Maxwells Theorie bewegen sich Radio- oder Lichtwellen mit einer bestimmten konstanten Geschwindigkeit. Wenn Licht sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit fortbewegte, so mußte man angeben, in Bezug worauf diese Geschwindigkeit zu messen sei.
Deshalb war man auf das Konzept des 'Äthers' zurückgekommen - der allgegenwärtig sein musste, auch im leeren Raum. Um Annahme des Äthers mit Maxwells Resultaten zur Deckung zu bringen, ging man davon aus, dass seine Gleichungen implizit den Standpunkt eines Beobachters einnähmen, der sich relativ zum Äther in Ruhe befinde. Die 300 000 Kilometer pro Sekunde, die sich aus seinen Gleichungen ergeben, wären also die Lichtgeschwindigkeit relativ zum ruhenden Äther.


Nur verhielt sich Licht in Relation zum ihn umgebenden Äther ganz und gar nicht so wie eine Wasserwelle im Meereswasser!


Schwimmt man durchs Wasser auf eine entgegenkommende Wasserwelle zu, nähert sich die Welle rascher. Schwimmt man von der Welle weg, nähert sie sich langsamer. Folglich müsste, wenn man sich (durch den Äther) auf eine ankommende Lichtwelle zu- oder von ihr fortbewegt, die Geschwindigkeit dieser Lichtwelle ebenso variieren...eine Lichtgeschwindigkeit von 300.000 km/sec müsste zu- oder abnehmen.
Mit anderen Worten: Beobachter, die sich jeweils relativ zum Äther bewegten, müssten das Licht mit verschiedenen Geschwindigkeiten auf sich zukommen sehen.
Doch Albert Michelson und Edward Morley ermittelten  1887 eine stets konstante Lichtgeschwindigkeit von exakt 300.000 Km pro Sekunde - und zwar unabhängig von ihrer eigenen Bewegung oder der der Lichtquelle. Selbst nach unzähligen Wiederholungen blieb die Lichtgeschwindigkeit stets identisch - diese Beobachtung aber war mit der Hypothese vom ruhenden Lichtäther unvereinbar!

Erst ein bis dahin unbekannter Mitarbeiter des Patentamtes Bern – sein Name war Albert Einstein – fand eine einleuchtende Lösung - er schaffte den Äther einfach ab: Einstein schrieb, die ganze Konstrukt des Lichtäthers sei überflüssig - vorausgesetzt, man sei bereit, die Vorstellung von der absoluten Zeit aufzugeben...


War dieser Paradigmenwechsel womöglich etwas zu voreilig?
Neuerdings glaubt man in der Kosmologie nicht mehr ohne zwei Phänomene namens Dunkle Materie und Dunkle Energie auszukommen.Wir wären dann heute praktisch in derselben Situation wie damals, kurz vor der Entdeckung der Mikro-Quantenwelt.
Wenn nun in der Physik die sog. Quintessenz als eine hypothetische Form dunkler Energie postuliert und für eine zunehmende Expansion des Universums verantwortlich gemacht wird, frage mich, ob zumindest in der Beschreibung des Äthers und der modernen, aber ebenso unbewiesenen (jedoch mathematisch notwendigen?) Dunklen Materie eine Parallele gesehen werden kann.

Es mag Zufall sein, dass Quintessenz war ursprünglich der lateinische Ausdruck für das fünfte Element war, welches u.a. Aristoteles annahm und Äther nannte. Diese fünfte, wichtigste Element sollte gewissermaßen die unwandelbare, ewige Essenz von Allem sein und die vier antiken Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft hervorgebracht haben.


Immerhin spricht der Astrophysiker Prof. Harald Lesch in der nachfolgend eingebetteten AlphaCentauri-Folge davon, dass "wir heute auch unseren Äther haben", auch wenn die Begriffsverwendung und -bedeutung sich gewandelt habe.

Alpha Centauri - Was war der Äther?

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